Bauchaorten-Aneurysma

Offene Op schlägt langfristig die endovaskuläre Therapie

Patienten mit Bauchaorten-Aneurysma bietet ein endovaskulärer Eingriff mit einer Gefäßprothese im Vergleich zur offenen Op deutlich weniger initiale Komplikationen. Langzeitdaten sprechen jedoch für den chirurgischen Eingriff, berichten britische Forscher.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Bauchaorten-Aneurysma: Nach einer Ruptur sterben immer noch drei von vier Betroffenen .

Bauchaorten-Aneurysma: Nach einer Ruptur sterben immer noch drei von vier Betroffenen .

© Mathias Ernert, Deutsches Herzzentrum Berlin

Bei der elektiven Behandlung von Patienten mit Bauchaorten-Aneurysma (BAA) hat der Einsatz endovaskulärer Verfahren gegenüber der offen-chirurgischen Aneurysma-Reparatur zwar einen kurzfristigen Überlebensvorteil erbracht. Auch ließ sich damit der Klinikaufenthalt im Vergleich deutlich verkürzen. Doch auf längere Sicht scheinen die Vorteile der endovaskulären Reparatur des BAA (EVAR) zu schwinden. Binnen acht Jahren sterben nämlich mehr BAA-Patienten nach endovaskulärer Therapie als nach chirurgischer Reparatur, wie die Studien EVAR I und II, DREAM und OVER ergeben haben. So kam es nach einer gewissen Zeit häufiger zu Rupturen.

Randomisierte Studie über 15 Jahre

Um den langfristigen Nutzen der beiden Verfahren besser beurteilen zu können, haben Wissenschaftler um Dr. Rajesh Patel vom Imperal Collage in London Daten der EVAR 1-Studie über den bisherigen Follow-Zeitraum von zehn Jahren hinaus erhoben und analysiert (Lancet 2016; online 12. Oktober). Frühere Vergleichsstudien waren über einen solchen Beobachtungszeitraum nicht hinausgegangen. In der aktuellen Analyse wurden 1252 über 60-jährige Teilnehmer mit einem BAA von mindestens 5,5 cm Durchmesser im Mittel 12,7 bis maximal 15 Jahre lang nachverfolgt. Je die Hälfte war ursprünglich nach dem Zufallsprinzip entweder einer EVAR oder einer offenen Operation zugeteilt worden.

Ergebnis: In den ersten sechs Monaten nach dem Eingriff bestätigten sich die kurzfristigen Vorteile der endovaskulären Therapie. So war das Sterberisiko für Patienten in der EVAR-Gruppe um 39 Prozent geringer als für Teilnehmer mit der offenen Operation; auch wurde die Aneurysma-bedingte Sterblichkeit in dieser Zeit in etwa halbiert (adjustierte Hazard Ratio, HR: 0,47).

Doch in der Folge kam es in der EVAR-Gruppe zu immer mehr Todesfällen; bis nach acht Jahren überstiegen sowohl die Aneurysma-bedingte als auch die Gesamtmortalität in der EVAR-Gruppe die entsprechenden Raten in der Gruppe mit offener Operation (adjustierte HR: 1,25 und 5,82).

Für die vermehrten Aneurysma-bedingten Todesfälle in der EVAR-Gruppe binnen acht Jahren waren hauptsächlich sekundäre Rupturen des Aneurysmasacks verantwortlich. Diese hatten in 13 Fällen zum Tode geführt. Bei der offenen Operation kam es zu fünf Rupturen; zwei davon waren tödlich, wobei vier Patienten mit sekundärer Ruptur zwar zunächst offen operiert worden waren, dann aber noch ein Stentgraft implantiert bekommen hatten. Re-Interventionen waren zu allen Zeitpunkten häufiger in der EVAR-Gruppe als in der Gruppe mit offener Op erforderlich.

Eine sorgfältige Nachsorge ist nötig

Diese Ergebnisse seien ein Beleg dafür, dass BAAPatienten nach einer endovaskulären Therapie einer lebenslangen Nachsorge bedürfen, so die Studienautoren. Die Patienten benötigen zudem eine sofortige Intervention, wenn zum Beispiel eine Ausweitung des Aneurysma-Sacks festgestellt wird. Die späten Re-Interventionen deuten an, dass es nicht sicher sei, die Verlaufskontrollen bei EVAR-Patienten einzustellen, schreiben die Forscher.

Obwohl sich die Gefäßstützen für die EVAR über die Jahre konstant verbessert haben, könnte nach einer gewissen Zeit ein Leck zwischen der Prothese und dem Aneurysma-Sack entstehen – eine sogenannte Endoleckage – oder sich die Prothese verschieben, führen die Wissenschaftler an. Und selbst nach einer offenen Operation seien Rupturen möglich. Daher müssten aktuelle Leitlinien auch die Nachsorge nach einer BAA-Therapie regeln: Diese sollten gewissenhaft, regelmäßig, simpel, wenn möglich ohne CT-Scans und eventuell auch mit besonderem Fokus auf den Durchmesser des Aneurysma-Sacks via Sonografie oder neueren implantierbaren Sensoren vorgenommen werden.

Die Herausforderungen in der Zukunft liegen darin, die initial besseren Ergebnisse der endovaskulären Therapie auf lange Sicht aufrecht zu erhalten, so die Studienautoren. Einschränkend weisen sie jedoch darauf hin, dass die Gefäßstützen in dieser Studie in den Jahren zwischen 1999 und 2004 implantiert worden sind und die heutigen Prothesen womöglich schon bessere Ergebnisse erzielten.

Mehr Informationen zur Kardiologie unter www.springermedizin.de

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