Unkontrollierte Hypertonie

Register bestätigt Sicherheit der Denervation

Eine erste Auswertung des globalen SYMPLICITY-Registers sechs Monate nach renaler Denervationsbehandlung von 1000 Patienten bestätigt dem Verfahren eine gute Sicherheit. Die durchschnittliche Blutdrucksenkung lag bei ca. 12 mmHg.

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WASHINGTON. Professor Michael Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III der Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg, hatte beim Jahreskongress der American College of Cardiology die Ehre, erste Daten des globalen SYMPLICITY-Registers in einer Late-Breaking-Trials-Sessions vorzustellen.

Doch die Aufgabe entwickelte sich zu einer heiklen Mission: Am Vortag waren die Ergebnisse der kontrollierten SYMPLICITY HTN-3-Studie vorgestellt worden.

In der Studie sank zwar der Blutdruck der renal denervierten Patienten mit therapieresistenter Hypertonie im Schnitt um etwa 14 mmHg, doch auch in der Kontrollgruppe mit angetäuschter Intervention fiel er um 12 mmHg. Fazit der Amerikaner: Kein echter Wirksamkeitsnachweis, keine Zulassung in den USA, keine Therapieempfehlung.

An dieser Einschätzung kann auch die bisher größte Datenbank mit Real-Life-Erfahrungen nichts ändern, weil es bei Registern naturgemäß keine Kontrollgruppe gibt und somit keinerlei Möglichkeit, einen Plazeboeffekt abzuschätzen, erklärte Böhm.

5000 Patienten geplant

Am von Medtronic unterstützten Register beteiligen sich rund 180 Zentren, die meisten in Westeuropa. Geplant ist der Einschluss von 5000 Patienten. 2000 Patienten sind bereits eingeschlossen, für 1000 Patienten liegen Sechs-Monats-Daten vor.

Diese Patienten wiesen vor der Behandlung unter Behandlung mit Schnitt 4,5 Antihypertensiva einen Blutdruck von durchschnittlich 164/89 mmHg auf.

Wie Böhm berichtete, gab es unter 1000 Eingriffen fünf eingriffsbedingte Gefäßkomplikationen, viermal an der Einstichstelle und eine Dissektion der Nierenarterie. Im Laufe der Nachbeobachtung wurden Hospitalisationen wegen neun Blutdruckkrisen, je acht Schlaganfällen und Fällen von Vorhofflimmern, sechs Herzinsuffizienzen, fünf Herzinfarkten und zwei Niereninsuffizienzen registriert.

Vier Patienten verstarben. Diese klinischen Komplikationen wurden nicht auf die renale Denervation zurückgeführt. Ähnliche Sicherheitsdaten hatte auch die SYMPLICITY HNT-3-Studie gezeigt. Fazit von Böhm: Die renale Denervation ist sehr sicher.

Viele Patienten aus anderer Indikation denerviert

Spannend sind Wirksamkeitsdaten: Alle Patienten zeigten in der Praxismessung einen Blutdruckabfall um 11,9 mmHg nach sechs Monaten. Die Blutdrucksenkung war abhängig vom Ausgangswert: Bei Patienten mit einem Praxisblutdruck größer 160 mmHg sank der Blutdruck um 21,4 mmHg.

Bei einem guten Drittel dieser Patienten normalisierte sich der Blutdruck, doch rund 45 Prozent der Patienten hatten auch nach dem Eingriff systolische RR-Werte über 160 mmHg. 77 Prozent dieser Patienten reagierten mit einem Blutdruckabfall von wenigstens 5 mmHg, bei 50 Prozent der Patienten sank der Blutdruck um über 20 mmHg.

Der ambulant über 24 Stunden gemessene Blutdruck konnte in dieser Gruppe nach sechs Monaten im Schnitt um 8 mmHg gesenkt werden.

Erstaunlicherweise hatte aber nur knapp die Hälfte der Registerpatienten einen Ausgangsblutdruck über 160 mmHg beziehungsweise einen 24-Stunden-Blutdruck über 135 mmHg. Böhm erklärte diese damit, dass viele forschende Zentren Patienten aus anderen Indikationen behandeln.

So hatten 190 Patienten gar keine Hypertonie. Bei ihnen stieg der Blutdruck nach der Denervation im Schnitt um 14 mmHg nach sechs Monaten an. Bei einem Ausgangsblutdruck zwischen 140 und 160 mmHg sank der Blutdruck nach der renalen Denervation im Schnitt nur um 4,6 mmHg.

Die Daten legen nahe, dass sich der Eingriff bei einem Ausgangs-Blutdruck unter 160 mmHg zur Blutdrucksenkung nicht lohnt. (DE)

Lesen Sie dazu auch: Renale Denervation: Enttäuschte Hoffnung Lehren aus SIMPLICITY HTN-3: "Denervation nur noch in Studien" Unkontrollierte Hypertonie: Register bestätigt Sicherheit der Denervation

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