Risikopatienten

Hochdruckliga will Zielwerte senken

Als Konsequenz aus der SPRINT-Studie müssen sich nach Auffassung der Deutschen Hochdruckliga die Hypertonieleitlinien ändern. Die Liga warnt aber auch vor unzulässiger Verallgemeinerung de Studienergebnisse.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

BERLIN. Die SPRINT-Studie in den USA hat gezeigt, dass hypertensive Patienten im Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte und auch Sterblichkeit deutlich profitieren, wenn ihr Blutdruck auf Werte unter 120 mmHg systolisch statt unter 140 mmHg systolisch gesenkt wird.

Strittig ist allerdings, ob und, wenn ja, wie diese Ergebnisse in der Versorgung umgesetzt werden sollten.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga, Professor Martin Hausberg vom Städtischen Klinikum Karlsruhe, nahm dazu jetzt Stellung. Er warnte davor, so zu tun, als müssten für 20 Millionen Patienten mit erhöhtem Blutdruck in Deutschland die Zielwerte geändert werden.

Die Ergebnisse der SPRINT-Studie gelten Hausberg zufolge nur für Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko, definiert als Alter über 75 Jahre, Nierenerkrankung (GFR < 60 ml/min), bekannte kardiovaskuläre Erkrankung oder ein Framingham-Risiko-Score von über 15 Prozent. Sie gelten nicht für Diabetiker, Patienten nach Schlaganfall sowie gebrechliche alte Menschen, die eine Behinderung haben oder auf Pflege angewiesen sind.

Rund eine Million Patienten in Deutschland betroffen

"Wir gehen davon aus, dass in Deutschland etwa eine Million Patienten diese Kriterien erfüllen", so Hausberg. Für diese Patienten sollte dem Experten zufolge künftig ein Zielblutdruck von unter 130 mmHg statt unter 140 mmHg systolisch bei Office-Messung gelten. "Das muss so auch in die Leitlinien.

Die Fachgesellschaften sind aufgerufen, das entsprechend anzupassen", so Hausberg. Dass die Hockdruckliga nicht in Analogie zur SPRINT-Studie "weniger als 120 mmHg" empfiehlt, erklärte Hausberg damit, dass bei SPRINT der Blutdruck zwar in der Praxis gemessen wurde, das eingesetzte automatische Messverfahren aber eher den Charakter einer Heimblutdruckmessung habe.

Eindeutig nichts zu suchen hätten die niedrigeren Zielwerte bei Patienten mit zusätzlichem Diabetes mellitus, da hier das Nutzen-Risiko-Verhältnis ein ganz anderes sei. Auch bei Patienten, die die Einschlusskriterien der SPRINT-Studie erfüllen, müsse bei Anwendung des neuen Zielwerts auf unerwünschte Wirkungen besonders geachtet werden, so Hausberg.

 "Es gibt mehr Verschlechterungen der Nierenfunktion, häufiger Elektrolytverschiebungen und auch mehr Stürze." Mit Blick auf die ersten beiden Probleme empfahl er, Kalium-, Natrium- und Kreatinin-Werte in den ersten drei Monaten nach Einstellung auf den neuen Zielwert monatlich und danach quartalsweise zu kontrollieren.

Hausberg ging auch kurz und gesondert auf die älteren Patienten ein, für die die Blutdruckziele in den Leitlinien bisher großzügiger gehandhabt wurden als für jüngere Patienten. Im Alter sei die Unterscheidung zwischen fitten und nicht fitten Patienten besonders wichtig.

Wer körperlich fit sei und keinen Diabetes und keine Schlaganfall-Anamnese habe, der sei auch im hohen Alter gemäß SPRINT-Studie ein Kandidat für den sehr niedrigen Zielwert. Bei allen anderen alten Patienten ändere sich dagegen nichts.

Mehr zum Thema

Weniger Herzerkrankungen seit 2017

Zahlen bei KHK sind rückläufig

I-STAND-Intervention

Weniger Sitzen senkt Blutdruck bei Älteren

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie auf dem Prüfstand

Lesetipps
Fruktose-haltige Getränke

© Daxiao Productions / stockadobe.com

Klimawandel

Fruchtsaft schadet Nieren bei großer Hitze