Kardiologen fordern

Mehr Blutdruck-Kontrollen bei Kindern

Morgen ist Welt-Hypertonie-Tag: Spezialisten warnen vor zunehmenden Blutdruck-Problemen bei Kindern.

Veröffentlicht:
Kardiologen warnen vor zunehmenden Blutdruck-Problemen bei Kindern. © Universitätsklinikum Heidelberg 2012

Kardiologen warnen vor zunehmenden Blutdruck-Problemen bei Kindern. © Universitätsklinikum Heidelberg 2012

© Universitätsklinikum Heidelberg 2012

MÜNCHEN. Ein erhöhter Blutdruck wird vor allem mit älteren Menschen in Verbindung gebracht. Zunehmend sind jedoch auch Kinder und Jugendliche betroffen. "Wir können in westlichen Ländern eine deutliche Zunahme an erhöhten Blutdruckwerten bei übergewichtigen Kindern feststellen", sagt Robert Dalla Pozza, leitender Oberarzt der Abteilung für Kinderkardiologie am Uniklinikum München, anlässlich des Welt-Hypertonie-Tages am 17. Mai.

Zwar habe es schon immer Kinder mit einem erhöhten Blutdruck gegeben, etwa aufgrund einer Nierenerkrankung, erklärt Dalla Pozza. Seit einigen Jahren aber würden zunehmend übergewichtige Kinder wegen höherer Blutdruckwerte an Kinderkardiologen überwiesen. Um der gefährlichen Entwicklung etwas entgegenzusetzen, müssten Übergewicht und Fettsucht behandelt werden.

Allerdings, so sieht es der Experte für Gefäßerkrankungen, fehle oftmals das nötige Bewusstsein in Familien, aber auch bei Medizinern. "Diese Kinder werden dann völlig unnötigerweise mit Medikamenten behandelt, obwohl die richtige Therapie die Gewichtsabnahme in Verbindung mit sportlicher Betätigung wäre", so der Medizinprofessor. Dass die Zahlen steigen - manche Experten gehen davon aus, dass etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen sind - ist aus Sicht des Mediziners auch ein gesellschaftliches Problem.

Mit Blick auf die schwerwiegenden Krankheiten, die solchen Patienten im Erwachsenenalter drohen - etwa Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenversagen - müsse der Lebenswandel Heranwachsender stärker zum Thema werden. So müsse etwa ein Verbot von Softdrinks an Schulen ebenso diskutiert werden wie eine Sonderabgabe auf Fastfood-Produkte, sagt Dalla Pozza. "Zu einem tatkräftigeren Handeln hat sich die Politik bisher nicht aufraffen können."

Auch Elke Wühl, Oberärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Heidelberger Universitätsklinikum, sieht Übergewicht bei Kindern als einen Grund für die alarmierende Entwicklung. "Jedes vierte Kind mit Fettleibigkeit leidet unter Bluthochdruck", sagt die Professorin, die Mitglied der Kommission "Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen" bei der Deutschen Hochdruckliga ist. Allerdings könnten auch normalgewichtige Kinder an Bluthochdruck erkranken. Eine frühzeitige Diagnose sei notwendig. Aber gerade das ist schwierig: Bluthochdruck bei Kindern bleibt oftmals unbemerkt.

Daher hat die European Society of Hypertension ihre Leitlinien zur Behandlung von Hochdruckerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen überarbeitet. Bekräftigt wird die Forderung, dass Kinder- und Hausärzte bei allen Kindern und Jugendlichen den Blutdruck checken sollten. Zwar gibt es in Deutschland viele Ärzte, die bereits so verfahren - aber es sind längst nicht alle. "Ab dem dritten Lebensjahr sollte dies bei jeder ärztlichen Vorstellung erfolgen", fordert Wühl.

Das unterstützt auch der Göttinger Kinderkardiologe Martin Hulpke-Wette. Gleichwohl sei die Diagnose des Bluthochdrucks bei Kindern und Jugendlichen nicht einfach. So benötigten Kinderärzte etwa spezielle Blutdruckmanschetten, deren Breite und Länge den kleinen Oberarmen angepasst sein muss. Vor allem aber müssten Kinderärzte und Kardiologen enger zusammenarbeiten, um früh mögliche Fehlentwicklungen zu diagnostizieren.

Auch Hulpke-Wette sieht es als notwendig an, bei der Lebensweise von Kindern und Jugendlichen anzusetzen. Sogenannte Energy-Drinks etwa könnten mit ihrem hohen Koffeingehalt den Bluthochdruck erhöhen und stellten ein großes Risiko für Heranwachsende dar. Es gebe Kinder, die nahezu täglich solche Getränke konsumieren. (dpa)

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Weniger Herzerkrankungen seit 2017

Zahlen bei KHK sind rückläufig

I-STAND-Intervention

Weniger Sitzen senkt Blutdruck bei Älteren

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen