LDL-Cholesterinsenkung

Das "Wie" ist entscheidend

Lipidsenker, die eine LDL-Senkung über die Leber bewirken, scheinen einer aktuellen Metanalyse zufolge in der kardiovaskulären Prävention am besten zu wirken – und das gilt nicht nur für Statine.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Nach den kürzlich aktualisierten ESC-Leitlinien sollte bei erhöhtem LDL-C zunächst eine Therapie mit einem Statin begonnen werden.

Nach den kürzlich aktualisierten ESC-Leitlinien sollte bei erhöhtem LDL-C zunächst eine Therapie mit einem Statin begonnen werden.

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BOSTON. Die Art und Weise, wie die LDL-Cholesterin-Konzentration im Serum gesenkt wird, ist offensichtlich entscheidend für das Ausmaß der dadurch erzielten Risikoreduktion, wie eine aktuelle Metaanalyse nun offenbart (JAMA 2016; 12: 1289-1297).

Demnach erzielten solche Lipidsenker, die das LDL-Cholesterin (LDL-C) über die Leber beseitigen, eine ähnliche Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse, während Substanzen mit einem anderen LDL-C-senkenden Mechanismus mit einer deutlich geringeren Risikosenkung einhergingen.

Für diese Analyse haben Wissenschaftler um Michael Silvermann aus Boston 49 randomisierte klinische Studien zu neun verschiedenen cholesterinsenkenden Interventionen mit insgesamt 300.000 Patienten ausgewertet. Über alle Studien hinweg korrelierte die absolut erreichte LDL-C-Konzentration mit der Fünfjahres-Rate schwerer kardialer Ereignisse (um 1,5 bzw. 4,6 Prozent niedrigere Rate pro 1 mmol / L LDL-C-Senkung in der Primär- bzw. Sekundärprävention).

Am besten über die Leber

Jede Senkung des LDL-C um 1 mmol / L (entspricht 38,7 mg / dL), die mit Statinen erreicht wurde, war mit einer 23-prozentigen Reduktion schwerer kardiovaskulärer Ereignisse einschließlich Herzinfarkte und Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursachen assoziiert.

Statine bewirken bekanntlich über die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase eine vermehrte Expression von LDL-C-Rezeptoren auf der Zelloberfläche von Hepatozyten und senken dadurch das LDL-Cholesterin im Serum.

Eine vergleichbare Wirkung mit einer Risikoreduktion um 25 Prozent pro 1 mmol LDL-C-Senkung wurde mit einer Diät, ilealem Bypass, Gallensäure bindenden Ionenaustauscher und Ezetimib erzielt – also ebenfalls Therapien, die in der Leber eine Vermehrung von LDL-C-Rezeptoren bewirken.

Im Gegensatz dazu war die durch Nicotinsäure, Fibrate oder CETP-Hemmer erreichte Risikosenkung deutlich geringer; diese Lipidsenker reduzieren den Cholesterinspiegel primär nicht über die Leber. Mit jedem 1 mmol / L LDL-C, das durch Nicotinsäure gesenkt wurde, reduzierte sich das Risiko um 6 Prozent. Basierend auf der erzielten LDL-C-Senkung hätte die relative Risikoreduktion einer Schätzung zufolge eigentlich höher ausfallen müssen (geschätztes relatives Risiko, RR: 0,91). Die Behandlung mit Fibraten führte zu einer 12-prozentigen relativen Reduktion, was die Erwartung damit übertraf (geschätztes RR: 0,94).

CETP-Hemmer bisher ohne Nutzen

Für Inhibitoren des Cholesterinester-Transferproteins (CETP) konnte kein signifikanter Effekt auf die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse gezeigt werden (RR: 1,01). Basierend auf der erzielten LDL-C-Senkung wäre eigentlich eine Risikosenkung von 10 Prozent zu erwarten gewesen. Vertreter dieser Substanzklasse wie Torcetrapib, Dalcetrapib und Evacetrapib, haben in allen bisherigen klinischen Endpunktstudien enttäuscht.

Dieses neutrale Ergebnis macht nach Ansicht der Studienautoren deutlich, dass sich eine LDL-Senkung durch Substanzen, die primär nicht über eine Erhöhung der LDL-C-Rezeptoren auf Hepatozyten wirken, nicht unbedingt in einen klinischen Nutzen übersetzt. Möglich sei auch, dass die positiven Effekte durch unerwünschte Wirkungen dieser Substanzen wieder zunichte gemacht werden.

Andererseits verdeutlichen diese Daten, dass Substanzen, die ähnlich wie Statine eine LDL-C-Senkung über die Leber erzielen, eine zusätzliche lipidsenkende Therapieoption darstellen könnten, und hier möglicherweise ähnliche Effekte erzielen. Diese Überlegung werde durch Beobachtungen aus Genanalysen unterstützt, nach denen Genvarianten, die mit einer erhöhten LDL-C-Rezeptorzahl einhergehen, mit einem geringeren KHK-Risiko assoziiert sind, beispielsweise die loss-of-funktion-Variante des Cholesterol-Transporters "Niemann-Pick C1-like protein 1", dem Angriffspunkt von Ezetimib.

Statine sind First-Line-Therapie

Nach den erst kürzlich aktualisierten ESC-Leitlinien zur Therapie der Dyslipidämie sollte bei Patienten mit erhöhten LDL-C zunächst eine Therapie mit einem Statin begonnen werden. Erst wenn mit der höchsten noch verträglichen Statindosis das LDL-Ziel nicht erreicht wird, ist eine Kombination mit dem Cholesterinresorptionshemmer Ezetimib zu erwägen.

Wenn auch diese Kombinationstherapie das LDL-C nicht ausreichend senken kann, können PCSK-9-Hemmer in Betracht gezogen werden, die erstmals in den Leitlinien Eingang gefunden haben. Über ein vermehrtes Recycling führt diese Substanzklasse ebenfalls zu einer Erhöhung von LDL-C-Rezeptoren auf Leberzellen.

Da große Endpunktstudien noch nicht abgeschlossen sind, wurden PCSK-9-Hemmer in der Metaanalyse separat untersucht. In zwei Studien ließ sich das Risiko für schwere kardiale Ereignisse relativ um 51 Prozent senken. Ob sich diese Risikoreduktion in den großen Endpunktstudien bestätigen wird, bleibt abzuwarten.

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