Diabetes

Risiko durch Statine wird überschätzt

Eine Statin-Therapie wird oft mit einem Diabetes-Risiko verbunden. Doch das ist gering und unter Thiaziden und Betablockern bis zu dreimal höher, hieß es bei der Experten-Sprechstunde Lipidsenkung der "Ärzte Zeitung".

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Bei Risikopatienten ist die Analyse weiterer Werte neben dem Gesamtcholesterin ratsam.

Bei Risikopatienten ist die Analyse weiterer Werte neben dem Gesamtcholesterin ratsam.

© jarun011 / iStock

Ärzte Zeitung: Welche Laboruntersuchungen sind im Rahmen eines kardiovaskulären Risiko-Checks sinnvoll und werden erstattet?

Dr. Ralph-Detlef Köhn: Im Rahmen des Check-up 35 werden leider nur das Gesamtcholesterin und der Nüchternblutzucker erstattet. Bei konkretem Verdacht beziehungsweise medizinischer Indikation können aber auch andere Laborwerte abgerechnet werden.

Gerade beim klassischen Risikopatienten (z. B. Diabetiker) sind die Bestimmungen von LDL-, HDL-Cholesterin und Triglyceriden notwendig. Zur Risikostratifizierung sind (einmalig) Lipoprotein (a), außerdem – auch zur Verlaufskontrolle – ein Test auf Mikroalbuminurie sinnvoller als zum Beispiel eine Bestimmung von Homocystein-Spiegeln oder hoch sensitivem CRP.

Wann sollten PCSK9-Hemmer eingesetzt werden, von wem und wird das bezahlt?

Dr. Holger Leitolf: Prinzipiell haben PCSK9-Hemmer eine relativ breite Zulassung, die besagt, dass sie eingesetzt werden können, wenn der Zielwert durch Statine nicht erreicht oder Statine nicht vertragen werden. Der GBA hat jedoch festgelegt, dass Evolocumab vorerst nur noch in Ausnahmefällen verordnungsfähig ist, im Wesentlichen bei den Patienten, die wir früher zur Apherese geschickt hätten.

Das dürfte bei anderen PCSK9-Hemmern auch so kommen, solange keine Endpunktstudien vorliegen. Die Abgabe ist beschränkt auf Kardiologen, Nephrologen, Diabetologen, Endokrinologen und Lipidambulanzen. PCSK9-Hemmer sind also etwas für Spezialisten.

Wir setzen PCSK9-Hemmer bei familiärer Hypercholesterinämie ein, wenn die Kombinationstherapie aus Statin und Ezetimib sicher ausgereizt ist. Dann werden sie auch bezahlt. Der ursprünglich angedachte Nachweis eines Progress der Gefäßerkrankung wird nicht mehr explizit gefordert.

Wie ungünstig ist die Statin-Therapie bei einem bestehenden Diabetes mellitus?

Köhn: Statine sind potenziell diabetogene Medikamente, wobei auch dieser Effekt abhängig ist von Wirkstärke und Dosis. Aber: Gerade im Vergleich zu anderen etablierten Medikamenten wird das diabetogene Risiko eher überschätzt.

Es ist unter Thiaziden und Betablockern bis zu 3x höher. Es gibt bis heute kein Signal, dass sich das Risiko für Komplikationen des Diabetes durch eine Statintherapie erhöht. Zusammengefasst ist unter Statintherapie die Wahrscheinlichkeit der Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse achtmal höher als das Risiko einer Diabetes-Manifestation.

Lesen Sie auch: "Scores, roter Reis, Leberwerte: Lipidsenkung im Fokus", "Lipidsenkung: Zielwertorientierung lohnt sich", "Familiäre Dyslipoproteinämie ist hoch atherogen" und "Lipidsenkung: Primärprävention ist Individualmedizin".

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