Kardiovaskuläre Präferenzen

Montag ist Infarkttag

Montags ereignen sich so viele Herzinfarkte wie an keinem anderen Tag der Woche. Einige Patienten bringen für solche Wochengipfel offenbar spezielle Risiken mit - zumindest in Belgien. Warum das so ist? Es gibt zumindest Hypothesen.

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Zum Glück ist heute Freitag.

Zum Glück ist heute Freitag.

© Robert Kneschke / fotolia.com

BRÜSSEL. Die Myokardinfarktraten schwanken nicht nur zwischen Tages- und Jahreszeit, sondern auch zwischen den Wochentagen. An Montagen ereignen sich einer belgischen Studie zufolge 18,2 Prozent mehr Infarkte als an Samstagen.

Ein Montagsgipfel bei der Infarktinzidenz wurde bereits in zahlreichen früheren Studien beobachtet. Philippe Collart und Kollegen von der Université Libre de Bruxelles analysierten jetzt mit den Daten des belgischen Charleroi-Herzinfarkt-Registers die Häufigkeit von Herzinfarkten bei Patienten im Alter von 25 bis 69 Jahren an verschiedenen Wochentagen über einen Zeitraum von 27 Jahren (1983-2009).

Dabei sollte auch der Einfluss verschiedener möglicher Risikofaktoren beleuchtet werden. Das Charleroi-Register ist Teil der von der Weltgesundheitsorganisation WHO koordinierten MONICA-Studie (Am J Emerg Med 2014; online 19. Februar).

Von den insgesamt 9732 Infarkten, die in die Analyse einflossen, ereigneten sich die meisten (1495) an einem Montag und die wenigsten (1259) an einem Samstag. Diese Unterschiede zwischen den Wochentagen wurden ab 1989 immer deutlicher. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen war der Gipfel zu Wochenbeginn bei den 35- bis 44-Jährigen am höchsten.

Der Anteil der Frauen unter den Herzinfarktpatienten betrug 25,8 Prozent. Wie bei den Männern ereigneten sich auch bei ihnen deutlich mehr Infarkte an einem Montag als an einem Samstag, allerdings erreichte diese Zunahme bei den zahlenmäßig geringer vertretenen weiblichen Patienten keine Signifikanz.

Bei den Männern lag die Zahl der Montags-Infarkte um 18,3 Prozent über der Samstagsrate, bei den Frauen erreichte der relative Unterschied 20,4 Prozent. Auch bei Hypertonikern und Nichthypertonikern zeigten sich die gleichen Wochentagsprioritäten.

Viele mögliche Erklärungen

Kein Montags-Peak dagegen ergab sich bei den 1888 Patienten, die bereits einen Myokardinfarkt überlebt hatten. Möglicherweise, so die Autoren, sind diese Patienten durch ihre Sekundärprophylaxe geschützt.

Ein anderes Wochenmuster zeichnete sich zudem bei Patienten ab, deren Infarkt einen tödlichen Ausgang genommen hatte. Sie starben meist am Wochenende, deutlich seltener dagegen an einem Montag.

Auch diese Verteilung blieb über die gesamten 27 Beobachtungsjahre hinweg konstant. Allerdings war in diesem Zeitraum der Anteil tödlicher Herzinfarkte erheblich gesunken (von 52,9 Prozent zwischen 1983 und 1988 auf 19,2 Prozent in dem Zeitraum von 2005 bis 2009).

Möglicherweise, so Collart und Kollegen, könnten die Ergebnisse dieser Studie wertvolle Informationen für medizinische Notdienste liefern, um ihre Kapazitäten an den jeweiligen Bedarf der verschiedenen Wochentage anzupassen.

Für die von Collart et al. gefundenen Korrelationen gibt es durchaus denkbar plausible Ursachen: Dass am Montag mehr Menschen einen Infarkt "bekommen" könnte wohl auch daran liegen, dass Patienten mit einem milden Infarkt zwar bereits am Wochenende Beschwerden entwickelt haben, aber erst am Montag zum Arzt gegangen sind.

Zumindest aus hiesigen Landen sind ärztliche Anekdoten zumindest über ältere Patienten geläufig, die den sonntäglichen Anruf beim Notruf eher scheuen und lieber am Montag zu ihrem Hausarzt gehen.

Auch die höhere Mortalität am Wochenende ließe sich womöglich mit dieser Hypothese erklären: So könnten am Wochenende bevorzugt jene Patienten hospitalisiert werden, bei denen ein schwerer Myokardinfarkt vorliegt - Patienten also, für die ob der Schwere der Symptome direkt der Rettungsdienst gerufen wird. Denkbar wäre aber auch, dass die Mortalität mit einem anderen Personalschlüssel für die Wochenenddienste in den Kliniken zusammenhängt. (St/nös)

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