KHK ohne Herzinsuffizienz

Nutzt da ein ACE-Hemmer?

Profitieren Patienten mit stabiler KHK von ACE- Hemmern oder Sartanen auch dann, wenn keine Herzinsuffizienz besteht? Anscheinend nicht, wie eine Analyse von aktuellen Daten aus einem großen Register nahelegt.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
KHK, aber keine Herzinsuffizienz: Lohnt es da, einen ACE-Hemmer zu verordnen?

KHK, aber keine Herzinsuffizienz: Lohnt es da, einen ACE-Hemmer zu verordnen?

© johannesspreter / fotolia.com

PARIS. ACE-Hemmer und Sartane (bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit) werden in Leitlinien auch bei KHK empfohlen - vor allem dann, wenn zusätzlich eine linksventrikuläre Dysfunktion, eine Hypertonie oder ein Diabetes besteht.

Was aber, wenn bei einem Patienten mit stabiler KHK keine der genannten Komorbiditäten vorliegt? In den 2013 aktualisierten europäischen KHK-Leitlinien findet sich dazu der Hinweis, dass nicht alle klinischen Studien gezeigt hätten, dass ACE-Hemmer Mortalität, Herzinfarkte und Schlaganfälle bei Patienten mit Atherosklerose und erhaltener linksventrikulärer Funktion reduzieren.

Ein Rückblick: Nach übereinstimmenden positiven Ergebnissen zweier Studien (HOPE und EUROPA) schien vor rund zehn Jahren zunächst alles klar zu sein: ACE-Hemmer senkten danach auch bei KHK-Patienten ohne erkennbare Anzeichen für eine kardiale Pumpschwäche die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse.

Kein Nutzen in der PEACE-Studie

Dann kam die Überraschung: In der PEACE-Studie konnten keine klinischen Vorteile des ACE-Hemmers über den Nutzen einer Standardtherapie hinaus nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der IMAGINE-Studie zur ACE-Hemmer-Therapie bei KHK-Patienten mit Bypass-Op waren ebenfalls enttäuschend.

Die Gründe für die diskrepanten Ergebnisse wurden unter anderem in Unterschieden zwischen den Studien gesucht. Anders als HOPE und EUROPA ist in der PEACE-Studie durch systematische Messung der Herzfunktion sichergestellt worden, dass wirklich nur Patienten mit normaler kardialer Pumpfunktion an der Studie teilnahmen.

Auch war die Qualität der Standardtherapie - gemessen etwa an der Verordnung von Statinen - deutlich besser als in den beiden früheren Studien. Viele Patienten hatten zuvor eine revaskularisierende Therapie erhalten.

All dies hat möglicherweise zu der relativ niedrigen Ereignisrate in PEACE beigetragen. Bei entsprechend niedrigem Risiko, so die Schlussfolgerung der PEACE-Studienautoren, sei die additive Gabe eines ACE-Hemmers wohl ohne Nutzen.

Widersprüchliche Ergebnisse von Studien älteren Datums mit einem Therapiemanagement, das nicht mehr der heutigen Praxis entspricht - das ist noch immer der Stand der Dinge. Weitere randomisierte Studien zur definitiven Klärung der Frage, ob ACE-Hemmer oder Sartane auch bei stabiler KHK ohne Herzinsuffizienz von Vorteil sind, hat es nicht gegeben.

REACH-Register als Datenquelle

Das hat eine internationale Forschergruppe um den Kardiologen Professor Philippe Gabriel Steg aus Paris nicht ruhen lassen. Um den Stellenwert von ACE-Hemmern/Sartanen bei stabiler KHK ohne Herzinsuffizienz im Kontext eines zeitgemäßen Therapiemanagements zu klären, hat die Gruppe das umfangreiche REACH-Register als Quelle genutzt (Eur Heart J 2014, online 9. März).

In diesem Register sind Daten von fast 68.000 Patienten mit vaskulären Erkrankungen einschließlich KHK erfasst worden. Darunter befinden sich 20.909 Patienten mit stabiler KHK, aber ohne Anzeichen für eine Herzinsuffizienz, von denen 64 Prozent mit einem ACE-Hemmer und/oder Sartan behandelt wurden.

Zur Adjustierung für Unterschiede bei den Ausgangscharakteristika zwischen den Gruppen der "Nutzer" (n = 13.404) und "Nicht-Nutzer" (n = 7505) von ACE-Hemmern/Sartanen verwendeten die Forscher ein statistisches Angleichungsverfahren (propensity score). Auf diese Weise kamen zwei weitgehend merkmalsgleiche Gruppen zustande.

Im Laufe von vier Jahren waren insgesamt 1527 KHK-Patienten (11,8 Prozent) von Ereignissen wie kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall (primärer Endpunkt) betroffen.

Das wichtigste Ergebnis: Bezüglich der Rate dieser Ereignisse bestand kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen der "Nutzer" und "Nicht-Nutzer". Die Therapie mit ACE-Hemmer und Sartane war also mit keiner Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen assoziiert.

Zur "internen Kontrolle" verglichen die Untersucher mithilfe der gleichen Propensity-Methode auch die Gruppen der Patienten mit und ohne Statin-Therapie. In diesem Fall war das Ergebnis eine signifikante Reduktion der Ereignisraten durch Statine - was die Autoren als Indiz für die Validität der Analyse werten.

Das Fazit der Studienautoren:

Die Studie biete keine Anhaltspunkte für eine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen durch ACE-Hemmer und/oder Sartane.

Das wecke starke Zweifel am Nutzen einer routinemäßigen Behandlung von klinisch stabilen KHK-Patienten ohne Herzinsuffizienz mit diesen RAS-hemmenden Wirkstoffen im Kontext der modernen KHK-Therapie.

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