Nach Herzinfarkt

Ausdauersport - das richtige Maß macht's!

Je mehr Sport, desto besser? Zumindest für Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten haben, gilt das nur bedingt. Andernfalls kann die kardiovaskuläre Mortalität sogar deutlich zunehmen.

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Bei Herzpatienten geben nicht-invasive Tests Aufschluss über das Ausmaß der eingeschränkten Belastbarkeit.

Bei Herzpatienten geben nicht-invasive Tests Aufschluss über das Ausmaß der eingeschränkten Belastbarkeit.

© Cornstock/Thinkstock

BERKELEY/KALIFORNIEN. Patienten nach einem Myokardinfarkt sollen, zur Rehabilitation, aber auch langfristig gesehen, eine Ausdauersportart betreiben.

Europäische und amerikanische Leitlinien empfehlen pro Woche mindestens fünf Trainingseinheiten zu 30 Minuten bei einer mittleren Belastung. Zahlreichen epidemiologischen Studien zufolge kann dadurch die kardiale Mortalität gesenkt werden.

Dies wird im Prinzip auch durch eine aktuelle Studie aus den USA bestätigt: Bei Patienten mit durchgemachtem Herzinfarkt gab es umso weniger kardiovaskulär bedingte Todesfälle, je mehr Energie sie durch Joggen oder zügiges Gehen verbrauchten.

Bei sehr hoher Belastung war allerdings ein Wiederanstieg der Sterblichkeit festzustellen.

Sind 75 km Gehen pro Woche zu viel?

Lag die wöchentlich zurückgelegte Distanz bei den Joggern bei etwa 50 Kilometer und bei den Gehern bei etwa 75 Kilometer, hatten sie praktisch keinen Vorteil mehr gegenüber Patienten, die unter dem empfohlenen Aktivitätsniveau zurückblieben, wie Dr. Paul T. Williams vom kalifornischen Lawrence Berkeley National Laboratory und seine Kollegen berichten (Mayo Clin Proc 2014; online 12. August).

Die Ergebnisse beruhen auf prospektiv erhobenen Daten von 2377 Postinfarktpatienten. 526 von ihnen waren während der zehnjährigen Beobachtungszeit gestorben, davon 376 kardiovaskulär bedingt. Patienten, die, wie empfohlen, pro Tag 1,07-1,8 Met-h verbrauchten, hatten gegenüber den weniger aktiven Teilnehmern eine um 21 Prozent verminderte kardiovaskuläre Mortalität.

Das Metabolische Äquivalent (metabolic equivalent of task; MET) wird verwendet, um den Energieverbrauch verschiedener Aktivitäten zu vergleichen. Es ist die Beschreibung des Stoffwechselumsatzes eines Menschen bezogen auf den Ruheumsatz im Verhältnis zu seinem Körpergewicht, 1 MET-h entspricht in dieser Klientel etwa 1 Kilometer Joggen.

MET wird auch als Maß in der Ergometrie genutzt. Eine ähnliche Reduktion des Risikos (und zwar minus 24 Prozent) wurde mit einer Belastung von 1,9-3,6 MET-h/d erreicht.

Mit 3,6-5,4 MET-h/d ging die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit sogar um 50 Prozent und mit 5,4-7,2 MET-h/d um 63 Prozent zurück.

Bei metabolischen Werten ab 7,2 MET-h/d - immerhin sechs Prozent der Patienten machten so intensiv Sport - war das Risiko jedoch nicht mehr signifikant niedriger als bei der mangelnden sportlichen Betätigung.

Schnelles Gehen ist auch effektiv

Anders ausgedrückt: Unterhalb von 7,2 MET-h/d sank die kardiovaskuläre Sterblichkeit mit jeder MET-h/d mehr um durchschnittlich 15 Prozent. Oberhalb von 7,2 MET-h/d war das Risiko dagegen 2,6-mal so hoch wie mit 7,2 MET-h/d.

Ob die Patienten nun schnell gingen oder rannten, spielte keine Rolle. Mit beiden Bewegungsformen wurden weitgehend identische Ergebnisse erzielt, sofern gleich viel Energie verbraucht wurde.

"Das heißt allerdings, dass man gehend etwa 50 Prozent längere Strecken zurücklegen und etwa doppelt so viel Zeit aufwenden muss, um den gleichen Effekt zu erzielen", schreiben Williams und seine Kollegen.

Gefahr droht von Ischämien

Für den Wiederanstieg der kardiovaskulären Mortalität bei hoher Belastung waren, wie eine weitere detaillierte Analyse der Wissenschaftler zeigte, vor allem ischämische Herzerkrankungen verantwortlich.

Todesfälle in Zusammenhang mit Arrhythmien nahmen nicht zu, ebenso wenig Todesfälle ohne kardiovaskuläre Ursache.

Williams und sein Wissenschaftlerteam vermuten daher in ihrer Publikation, dass es bei einer längeren und starken körperlichen Anstrengung vermehrt zu Rupturen von Plaques kommen könnte. (BS)

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