Extremsport

Troponinwerte steigen auch ohne Infarkt

Kollabieren Sportler, wird meist auch ein Troponintest gemacht. Das ist meist unnötig, meinen Kardiologen.

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HEIDELBERG. Kollabieren Menschen nach großer sportlicher Anstrengung, wird routinemäßig auch ein Verdacht auf Herzinfarkt oder Lungenembolie im Labor abgeklärt. Der wichtigste Biomarker ist dabei das Herzprotein Troponin, auf dem alle gängigen Infarkttests beruhen.

Die Interpretation der Ergebnisse ist bei Sportlern aber mit Vorsicht zu genießen: Nach extremer sportlicher Betätigung wie einem Marathon sind auch bei gesunden Menschen die Infarktwerte erhöht, berichten Forscher des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) in einer Mitteilung. Sie haben dazu Studien analysiert und einen Selbstversuch vorgenommen.

Privatdozent Benjamin Meder vom Uniklinikum Heidelberg kennt immer Fälle, bei denen Extremsportler nach einem Kreislaufzusammenbruch eine solche Behandlung erhalten haben - unnötigerweise. Der Kardiologe und sein Team haben hierzu in einer Metaanalyse von 45 Einzelstudien die Faktenlage zusammenzutragen (Clin Chem 2015; online 3. August).

Das Ergebnis ist eindeutig. "Nach extremer sportlicher Betätigung sind bei den meisten Menschen die Herzinfarkt-Biomarker erhöht, ohne dass die Personen einen Infarkt haben", wird Dr. Farbod Sedaghat-Hamedani, der Erstautor der Studie, in der Mitteilung zitiert.

Flüssigkeitsmangel ist häufig Ursache für Zusammenbruch

Nach den Daten müssen etwa 25 von 1000 Marathonsportlern nach einem Wettkampf medizinisch versorgt werden. Ein Zusammenbruch beruhe bei ihnen aber in den meisten Fällen auf Flüssigkeitsmangel oder einfach auf Überlastung.

"Nur in sehr seltenen Fällen kommt es bei Extremsportlern tatsächlich zu einem Herzinfarkt", so Sedaghat-Hamedani.

Der Kardiologe Meder und einige seine Teamkollegen sind selbst ambitionierte Sportler. Im Juli haben er und zwei seiner Mitarbeiter beim Heidelbergman Heartbreak Triathlon, einem der härtesten Triathlons Deutschlands, die Probe aufs Exempel gemacht.

Nach dem Rennen bestimmten sie ihre Troponinwerte. Wie erwartet, hatte Meder nach 35 Kilometern Radfahren und dem Überwinden von 800 Höhenmetern einen erhöhten Troponinwert, genau wie seine Team-Kollegen nach dem Schwimmen und dem Laufen.

"Die Werte entsprechen dem, was wir in unserer Metanalyse gefunden haben. Wäre ich nach dem Rennen mit Beschwerden in eine Notaufnahme gekommen, hätte man wohl einen Herzinfarkt vermutet", so Meder.

Er empfiehlt seinen Kollegen in den Kliniken daher, bei erhöhten Infarktwerten oder Markern für eine Lungenembolie auch immer eine vorangegangene sportliche Belastung des Patienten mit in Betracht zu ziehen. (eb/eis)

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