Defibrillator-Innovationen

Die Rettungsweste der etwas anderen Art

Sowohl Ärzte als auch Patienten scheuen oft den Einsatz eines Defibrillators, weil die Risiken schwer einzuschätzen sind. Weniger invasive Systeme sollen jetzt die Hemmschwelle senken.

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Weniger invasive Systeme sollen mehr Menschen eine Defibrillatortherapie ermöglichen.

Weniger invasive Systeme sollen mehr Menschen eine Defibrillatortherapie ermöglichen.

© hriana / fotolia.com

MANNHEIM. Längst nicht jedem Herzpatienten mit Indikation für eine Defibrillatortherapie wird auch tatsächlich ein ICD implantiert. Einer der Gründe ist, dass Patienten und teils auch Ärzte den invasiven Eingriff scheuen, weil die Gruppe jener Patienten, die am Ende stark von einem Defibrillator profitieren, noch immer schwierig einzugrenzen ist.

Auch haben manche Patienten nur ein zeitweilig erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod und sind deswegen mit einem permanenten ICD nicht optimal versorgt.

Operativer Eingriff kann erspart bleiben

Defibrillatorsysteme, die entweder gar keinen operativen Eingriff oder zumindest keine Sonden im Gefäßsystem benötigen, könnten dazu beitragen, dass mehr Menschen mit Defibrillatortechnik ausgestattet werden.

Professor Lars Eckardt vom Uniklinikum Münster stellte bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie Defibrillator-Westen und subkutane Defibrillatoren vor, die in den nächsten Jahren zunehmend zum Einsatz kommen könnten.

Defibrillator-Westen sind "intelligente" Kleidungsstücke, die nur zum Duschen oder Baden abgelegt werden. Sie verfügen über eingelassene Elektroden, die ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern erkennen.

Bei einer ventrikulären Tachykardie warnen sie akustisch. Der Patient kann dann im Falle eines Fehlalarms die Weste deaktivieren. Andernfalls wird nach einem weiteren Warnton ein Schock ausgelöst.

Eckardt berichtete über die im vergangenen Jahr vorgestellten Ergebnisse des WEARIT-II-Registers mit rund 2000 Patienten mit ischämischer Herzerkrankung, nicht-ischämischer Kardiomyopathie oder kongenitalen Vitien.

Innerhalb von 90 Tagen Tragedauer starb in diesem Register kein einziger Patient an einer Rhythmusstörung.

An zuverlässigen Ergebnissen fehlt es noch

Bei 41 von 2000 Patienten wurden Stromstöße zur Beendigung anhaltender Kammertachykardien abgegeben. Bei Postinfarktpatienten lag die Quote mit 3 Prozent sogar noch höher. 42 Prozent der Patienten in diesem Register erhielten letztlich einen ICD. Eckardt hält diese Daten für vielversprechend.

"Prospektive, randomisierte Studien zu diesem System fehlen bislang aber", betonte er. Unter anderem ist unklar, wer die optimale Zielgruppe für die Westen darstellt, insbesondere da die Gefahr besteht, dass Patienten durch die externen Defibrillatoren stärker verunsichert werden als nötig.

Seit 2015 Bestandteil der europäischen Leitlinien sind die subkutanen Defibrillatoren. Diese Systeme werden unter der Haut eingesetzt und arbeiten mit Elektroden im Subkutangewebe. Das macht den Eingriff weniger invasiv, was Risiken minimiert.

Eckardt betonte, dass mittlerweile mehrere große Registerstudien den Nutzen der Subkutansysteme belegt hätten. Zu den Vorteilen gehöre, dass das Gefäßsystem intakt bleibe, dass Infektionen besser beherrschbar seien und dass eine Explantation einfacher ist.

Nachteilig sei demgegenüber, dass nützliche Funktionen moderner ICD wie das antitachykarde Pacing nicht zur Verfügung stünden. Auch seien die Geräte vergleichsweise groß und teuer, und es gebe noch keine Langzeitdaten. (gvg)

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