Herzinfarkte in der Feuerwehr

Löschen geht auch aufs Herz

Die extremen Belastungen bei Löscheinsätzen der Feuerwehr erhöhen das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen. Wissenschaftler haben jetzt aufgedeckt, woran genau das liegen könnte.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Feuerwehr im Einsatz: Forscher haben entdeckt, warum viele Helfer Herzprobleme haben.

Feuerwehr im Einsatz: Forscher haben entdeckt, warum viele Helfer Herzprobleme haben.

© Alberich / Fotolia

EDINBURGH. Feuerwehrleute, die an Löscheinsätzen teilnehmen, haben während und nach derartigen Einsätzen ein stark erhöhtes Herzinfarktrisiko. Das ist schon länger bekannt und wird meist mit einer Kombination aus extremer körperlicher und mentaler Belastung in Verbindung mit großer Hitze erklärt. Was genau im Herz-Kreislauf-System bei Löscheinsätzen passiert, war bisher aber unklar.

Britische Wissenschaftler haben sich das jetzt in einer offenen, randomisierten Studie genauer angesehen. Zehn gesunde Feuerwehrleute im Alter von 34 bis 48 Jahren nahmen entweder an mehreren je 20-minütigen Trainingseinheiten in einem Brandsimulator teil oder führten leichte Tätigkeiten durch, wie sie typisch für Mitarbeiter in den Leitstellen sind. Der Brandsimulator war darauf angelegt, einen Brand möglichst realistisch zu simulieren, inklusive der Hitze (Circulation 2017; 135:1284-95).

Vermehrte Thrombusbildung

In den vier Stunden vor den Trainingseinheiten durften die Teilnehmer weder essen noch rauchen noch koffeinhaltige Getränke zu sich nehmen. Alkohol war für 24 Stunden verboten. Bei Frauen fanden die Simulatoreinheiten jeweils zum selben Zeitpunkt im Menstruationszyklus statt, damit zyklusbedingte Schwankungen bei der Blutgerinnung das Ergebnis nicht beeinflussten.

Gemessen wurden für den primären Endpunkt die Thrombusbildung, der Blutfluss im Unterarm und die Freisetzung von Plasminogen-Aktivator (t-PA).

Bei den meisten Parametern fanden die Wissenschaftler statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. So war die Thrombusbildung in entnommenem Blut sowohl bei Anlage von starken als auch bei Anlage von nur leichten Scherkräften signifikant ausgeprägter.

Es kam auch zu einer im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant stärkeren Aktivierung der Fibrinolyse.

Höhere Körperkerntemperatur

Im EKG ergaben sich vermehrt ST-Strecken-Senkungen als Hinweis auf eine asymptomatische Ischämie. Die Dilatation der Unterarmgefäße war beeinträchtigt. Im Labor wurden außerdem leicht erhöhte Konzentrationen von kardialem Troponin I gemessen sowie ein Anstieg von Hämoglobin, Hämatokrit, Blutplättchen und Leukozyten unmittelbar nach der Simulation. Das alles ging einher mit Dehydratation, einem Anstieg der Körperkerntemperatur und einer Laktatazidose.

Die beobachteten physiologischen Reaktionen auf den Einsatz im Brandsimulator könnten die erhöhte Herzinfarktrate bei jenen Angehörigen der Feuerwehr, die an Einsätzen beteiligt sind, gut erklären, betonen die Autoren.

Sowohl die erhöhte Thrombusneigung als auch die verstärkte Aktivierung der Blutplättchen und die eingeschränkte Funktion der Blutgefäße seien zentrale Mechanismen bei der Entstehung von Herzinfarkten.

Ob Rehydrierungsmaßnahmen oder eine aktive Kühlung nach Einsätzen beziehungsweise Simulationen die kardiovaskulären Risiken verringern, ist noch unklar.

1°C höher war die Körperkerntemperatur (±0,1°C) bei Einsatzkräften der Feuerwehr, die an Einsätzen teilnahmen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Außerdem stellten die Studienautoren unter anderem einen Anstieg von Hämoglobin, Hämatokrit, Blutplättchen und Leukozyten neben Dehydration und Laktatazidose fest.

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