Nach Herzinfarkt

Auch Anreize erhöhen die Therapietreue nicht

Mit Anreizen, wie einem Geldgewinn, wollten Forscher die Therapietreue verbessern – vergeblich.

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PHILADELPHIA. Die besten Medikamente nützen nichts, wenn die Patienten sie nicht schlucken. Selbst nach einem Herzinfarkt nehmen nicht einmal die Hälfte der Betroffenen ihre Arzneien so ein, wie es der Therapieplan vorsieht. Forscher um Kevin Volpp von der University of Pennsylvania haben über ein Jahr hinweg untersucht, ob sich die Adhärenz zur Behandlung durch spezielle Anreize erhöhen lässt (JAMA Intern Med 2017, online 26. Juni).

Dafür wurden rund 1000 Patienten, die bereits einen Herzinfarkt hinter sich hatten, mit elektronischen Pillendosen versorgt, die Daten zur Therapieadhärenz aufzeichneten. Zudem konnten die Teilnehmer bei guter Therapietreue zu Betablockern, Statinen, ASS und anderen Plättchenhemmern am folgenden Tag mit einer Chance von 1:5 fünf Dollar und mit einer Chance von 1:100 fünfzig Dollar gewinnen. Freunde oder Verwandte wurden verständigt, wenn der Patient seine Medikamente unregelmäßig einnahm. Und es gab die Möglichkeit, sich von Sozialarbeitern und einem eigens für die Studie engagierten Berater bei der Tabletteneinnahme unterstützen zu lassen.

500 Patienten mit üblicher Behandlung und ohne spezielle Anreize bildeten die Kontrollgruppe. Ein Unterschied in der Adhärenz zur Interventionsgruppe war nicht festzustellen. An 42 Prozent der Tage nahmen die Patienten der Kontrollgruppe und an 46 Prozent der Tage die Patienten der Interventionsgruppe ihre Tabletten wie vorgeschrieben ein. Die Differenz war statistisch nicht signifikant.

Es gab auch keine Unterschiede mit Blick auf die Zeit bis zu einem erneuten vaskulären Ereignis bzw. auf die Mortalität. Ebenso wenig differierte die Zahl der nötigen stationären Aufnahmen. Die Therapiekosten waren in beiden Gruppen annähernd gleich.

Interessant war im Grunde nur die Frage, warum die Anreize nicht zu einer stärkeren Adhärenz geführt hatten. Vielleicht sei ein durchgemachter Infarkt bereits so motivierend für die Therapietreue, dass weitere Anstrengungen, sie zu steigern, vergeblich seien, so eine Erklärung der Autoren. Vielleicht habe man sich zu wenig um die Nebenwirkungen der Medikamente gekümmert. Und vielleicht sei die Studie auch zu klein dimensioniert gewesen, um Unterschiede aufzudecken.

Es ist jedenfalls nicht so, dass die Medikation nichts gebracht hätte, wäre sie nach Vorschrift eingenommen worden. In der Per-Protokoll-Analyse zeigten sich nämlich durchaus signifikante Vorteile für die therapietreuen gegenüber den untreuen Patienten – sowohl was erneute stationäre Aufnahmen als auch was die medizinischen Kosten betraf. In beiden Fällen führte die Adhärenz zu niedrigeren Zahlen. (rb)

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