Leitlinientreue zahlt sich für Patienten mit Herzinsuffizienz aus

BERLIN (gvg). Herzinsuffizienz-Patienten, die eine den internationalen Leitlinien entsprechende Pharmakotherapie erhalten, werden seltener ins Krankenhaus eingewiesen. Versorgungsdefizite gibt es in Europa vor allem bei Betablockern und Aldosteron-Antagnonisten, wie die MAHLER-Studie belegt.

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Für die Untersuchung wurden, wie gemeldet, jeweils 25 Kardiologen aus sechs Ländern per Zufall ausgewählt und ein halbes Jahr lang in ihrem Therapieverhalten bei herzinsuffizienten Patienten beobachtet (Eur Heart J 26, 2005, 1653).

Die Ärzte betreuten mehr als 1400 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Herzinsuffizienz. Festgemacht wurde die Leitlinientreue an der Behandlungsleitlinie der European Society of Cardiology, Version 2001.

In Deutschland werden auch Betablocker häufig genutzt

Die Leitlinientreue wurde sowohl für einzelne Präparate als auch für die Kombinationstherapie ermittelt. Dabei interessierte, wie viele Patienten sowohl mit Betablockern als auch mit ACE-Hemmern oder AT-II-Typ-1-Rezeptorblockern (Sartane) als auch mit dem Aldosteron-Antagonisten Spironolacton behandelt wurden (GAI3, Guideline Adherence Index). Für diese Präparate gilt ein lebensverlängernder Effekt als belegt.

Weitgehend durchgesetzt hat sich in Europa demnach die Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems durch ACE-Hemmer oder durch Sartane. Diese Präparate werden von niedergelassenen Kardiologen bei 88 Prozent der Patienten verschrieben, ohne große Unterschiede zwischen den Gepflogenheiten in den einzelnen Ländern. Ebenfalls gängig sind Diuretika, die 82 Prozent der Patienten erhalten, wobei Deutschland hier mit 50 Prozent abfällt.

Betablocker werden nur bei 58 Prozent der Patienten angewendet, in Deutschland bei 70 Prozent. Bei der Verschreibung des Aldosteron-Blockers Spironolacton (inzwischen gibt es mit dem Eplerenon einen besser verträglichen Nachfolger) liegt Deutschland mit etwa 30 Prozent im internationalen Durchschnitt.

Professor Erland Erdmann von der Universität Köln bewertet die Ergebnisse der von ihm mit initiierten MAHLER-Studie als Ermutigung und Ansporn. Er freut sich über die hohe Akzeptanz von ACE-Hemmern und Sartanen, sieht aber Verbesserungsbedarf bei den Betablockern und bei den Aldosteron-Antagonisten.

Verglichen mit dem auf einer Erhebung aus dem Jahr 1999 basierenden Euro Heart Failure Survey sind die MAHLER-Ergebnisse, die im Jahr 2002 erhoben wurden, ein Fortschritt. Betablocker erhielten beim Euro Heart Failure Survey nur 36 Prozent der Patienten. ACE-Hemmer bekamen 62 Prozent und Spironolacton 20 Prozent. Zugrunde lag diesen Zahlen allerdings die Medikation bei Entlassungen aus allgemeininternistischen Kliniken. Die Ergebnisse beider Studien sind also nicht direkt miteinander vergleichbar.

"Was die MAHLER-Studie so besonders macht, ist der Nachweis eines medizinischen Nutzens der Leitlinientreue", so Erdmann zur "Ärzte Zeitung". Knapp zwei Drittel der Patienten wurden sowohl bei Betablockern als auch bei ACE-Hemmern/Sartanen als auch bei Aldosteron-Antagonisten leitliniengetreu behandelt, erfüllten also den GAI3-Index.

"Diese Patienten hatten in den sechs Monaten, die wir überblicken, 40 Prozent weniger Krankenhauseinweisungen, als die, die nicht optimal behandelt wurden", so Erdmann. Der Unterschied war statistisch signifikant (p<0,03).

Lesen Sie dazu auch: Deutsche Kardiologen haben ihre Schularbeiten gemacht

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