Duale RAS-Blockade

Nutzen plus Nutzen ergibt keinen Nutzen

Es war ein vielversprechendes Konzept, doch es ist gescheitert: Die duale Blockade des Renin-Angiotensin-Systems erhöht bei Hyptertonie oder Herzschwäche eher das Risiko für ernste Komplikationen als dass sie dagegen hilft.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Die eine Arznei, die andere Arznei - oder sogar alle beiden Mittel? Das Konzept der dualen RAS-Blockade mit ACE-Hemmern und AT1-Rezeptor-Antagonisten ist jetzt erneut unter die Lupe genommen worden.

Die eine Arznei, die andere Arznei - oder sogar alle beiden Mittel? Das Konzept der dualen RAS-Blockade mit ACE-Hemmern und AT1-Rezeptor-Antagonisten ist jetzt erneut unter die Lupe genommen worden.

© Robert Kneschke / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Blocker des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) wie ACE-Hemmer und AT1-Rezeptor-Antagonisten (Sartane) haben jeweils in separaten Studien ihre Wirksamkeit bei Hypertonie oder Herzinsuffizienz unter Beweis gestellt.

Da schien es logisch, dass die Intensivierung der RAS-Blockade durch Kombination etwa von ACE-Hemmern plus Sartanen in synergistischer Weise die Wirksamkeit noch erhöhen könnte.

Untersuchungen anhand von Surrogatmarkern wie Proteinurie und Endothelfunktion schienen zu bestätigen, dass man mit dem Konzept der dualen RAS-Blockade auf dem richtigen Weg ist.

Dieser Eindruck wich jedoch Enttäuschung, als die Ergebnisse großer prospektiver kontrollierter Studien mit "harten" Endpunkten wie Tod und Herzinfarkt bekannt wurden.

33 Studien ausgewertet

Beispiel ONTARGET-Studie: In dieser Mega-Studie konnte mit der Kombination von Ramipril und Telmisartan im Vergleich zu den Monotherapien trotz stärkerer Blutdrucksenkung keine zusätzliche Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen erzielt werden.

Nebenwirkungen wie Hyperkaliämie und Hypotonie, aber auch renale Ereignisse wie Nierenversagen und Dialysepflicht, traten unter der Kombination häufiger auf.

Schon seit einiger Zeit wird deshalb die Kombination von ACE-Hemmer und Sartan für die antihypertensive Therapie nicht mehr empfohlen. Dass es dafür gute Gründe gibt, wird durch die Ergebnisse der bislang umfangreichsten Metaanalyse zur dualen Therapie einmal mehr bestätigt (BMJ 2013, online 28. Januar).

Eine Arbeitsgruppe um Professor Franz Messerli aus New York hat dafür nach umfangreicher Literaturrecherche 33 Studien mit ingesamt 68.405 Patienten als Datengrundlage ausgewählt. Als Kombinationstherapien standen ACE-Hemmer plus Sartan (22 Studien), ACE-Hemmer plus Aliskiren (drei Studien), Sartan plus Aliskiren (sieben Studien) und ACE-Hemmer oder Sartan plus Aliskiren (eine Studie) auf dem Prüfstand.

Auf der Basis von sieben Studien mit knapp 57.000 Teilnehmern konnte kein Einfluss der dualen RAS-Blockade auf die Gesamtmortalität (15,3 vs 15,0 Prozent) im Vergleich zur Monotherapie festgestellt werden, ebenso wenig ein Effekt auf die kardiovaskuläre Mortalität.

Beim Blick in Subgruppen zeigte sich, dass die Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz unverändert, bei Patienten ohne Herzinsuffizienz unter dualer Therapie jedoch signifikant erhöht war.

Weniger Klinikeinweisungen

Als einziges positives Ergebnis sticht eine signifikante relative Abnahme von Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz um 18 Prozent heraus. Davon profitierten in erster Linie Patienten mit Herzinsuffizienz, tendenziell aber auch Patienten ohne Herzschwäche bei Studieneinschluss.

Die Kehrseite: Duale RAS-Blockade erhöhte im Vergleich zur RAS-hemmenden Monotherapie die Rate der Hyperkaliämien um 55 Prozent und die Rate der Hypotonien um 66 Prozent - in beiden Fällen signifikant.

Von der durch Veränderungen des Surrogatmarkers Proteinurie geweckten Hoffnung auf substanzielle Renoprotektion bleibt nicht viel übrig. Im Gegenteil: Die Metaanalyse bescheinigt der dualen RAS-Blockade, das Risiko für Nierenversagen um 41 Prozent erhöht zu haben.

Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass diese Risikoerhöhung bei Patienten mit Herzinsuffizienz signifikant war, nicht jedoch in der Subgruppe ohne Herzinsuffizienz.

Die Rate der Therapieabbrüche wegen unerwünschter Effekte war unter der dualen RAS-Blockade um 27 Prozent höher als unter einer Monotherapie.

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