Ziel der molekularen Diagnostik

Top-Therapie für Herzkranke

Kardiologen setzen ihre Hoffnung auf neue molekulare Techniken, um die diversen Formen eines erkrankten Herzmuskels unterscheiden zu können. Das zeigt sich auf der DGK-Tagung.

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Das Herzstück des Menschen: Kardiomyopathien sind verantwortlich für die Hälfte aller Fälle von Herzinsuffizenz, hieß es auf dem DGK-Kongress.

Das Herzstück des Menschen: Kardiomyopathien sind verantwortlich für die Hälfte aller Fälle von Herzinsuffizenz, hieß es auf dem DGK-Kongress.

© Springer Verlag GmbH

MANNHEIM. Kardiomyopathien sind das Schwerpunktthema der diesjährigen Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).

Wenig bekannt ist: Sie sind verantwortlich für die Hälfte aller Fälle von Herzinsuffizienz, erklärte Tagungspräsident Professor Hugo Katus vom Uniklinikum in Heidelberg beim Kongress, der noch bis zum Samstag in Mannheim läuft.

Unterschiedliche Auswirkungen eines erkrankten Herzmuskels

Die Erkrankungen des Herzmuskels werden eingeteilt in die Myokarditis sowie in dilatative, hypertrophe, restriktive und elektrische Kardiomyopathien, so Katus. Die klinischen Auswirkungen können sehr unterschiedlich sein.

Patienten mit elektrischen Herzmuskelerkrankungen leiden an Ionenkanalstörungen, die ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod bedingen.

Hypertrophe Kardiomyopathien haben diastolische Funktionsstörungen zur Folge, dilatative Formen führen zu einer Pumpschwäche.

"Durch neue molekulare Diagnoseverfahren wird man in Zukunft besser zwischen verschiedenen Ursachen und Formen der Herzinsuffizienz differenzieren können und damit einen Schritt in Richtung individualisierte Therapie machen", so Katus.

Hinweise auf erbliche Belastung ernst nehmen

Erste praktische Konsequenzen bringt zum Beispiel die Identifikation einer Kardiomyopathie, die durch eine Mutation im Herzmuskelprotein Lamin bedingt ist.

Betroffene haben ein erheblich erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod. Es muss daher früh die Implantation eines Defibrillators in Erwägung gezogen werden.

Wichtig ist für Katus auch, Hinweise auf eine erbliche Belastung in puncto Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz ernst zu nehmen.

Wenn es in der Familie einen einzigen Fall von Herzmuskelschwäche gebe, so Katus, sollten sich alle Verwandte ersten Grades einer Ultraschalluntersuchung unterziehen, lautete sein Appell in Mannheim.

Umfrage unter knapp 3000 Menschen

Die Erkrankung könne so bereits in einem Stadium diagnostiziert werden, in dem sie noch keine Symptome verursacht.

Dass unterdessen noch viele Patienten mit Herzinsuffizienz die Schwere ihrer Erkrankung falsch einschätzen könnten und so eine angemessene Therapie hinausgezögert werden kann, legt eine ebenfalls beim Kardiologenkongress präsentierte Studie nahe.

Für die bisher größte deutschlandweite Studie zum Wissen und Bewusstsein über Herzinsuffizienz wurden 2635 Personen in Berlin, Marburg, Hannover und Göttingen befragt, teilt die DGK mit (L. Musial-Bright et al., Good news, bad news: results of a heart failure awareness study in Germany. Abstract V272. Clin Res Cardiol 102, Suppl 1, 2013).

Über 60 Prozent der Befragten hätten zwar Fragen nach Ursachen, Symptomen und Therapie von Herzinsuffizienz richtig beantwortet und über Präventionsmaßnahmen wie ausgewogene Ernährung, Bewegung oder Nikotinverzicht Bescheid gewusst.

44 Prozent der Umfrageteilnehmer waren direkt oder indirekt über Angehörige oder Freunde von Herzschwäche betroffen.

Haupt-Informationsquellen: Zeitungen und Zeitschriften

Die Studie habe aber auch eine Reihe verbreiteter Missverständnissen aufgezeigt, so die DGK. Jeder fünfte Befragte glaubte fälschlich, Herzinsuffizienz würde sich spontan innerhalb eines Monats wieder zurückbilden.

Und weniger als ein Drittel der Studienteilnehmer habe gewusst, dass die Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz ähnlich der bei vielen Krebsformen ist.

Als wichtigste Informationsquellen für Gesundheitsinformationen generell und solche zu Herzerkrankungen hätten die Befragten Zeitungen und Zeitschriften (52 Prozent) genannt, Radio und TV (50 Prozent), gefolgt vom Hausarzt (40 Prozent).

Ob auch andere Informationsquellen genutzt werden, gehe aus der Studienzusammenfassung nicht hervor.

Viele Betroffene schätzen ihre Herzschwäche falsch ein

"Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem Wissen der Öffentlichkeit über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Herzinsuffizienz und dem Verständnis für die Schwere der Erkrankung und ihre Prognose", wird Studien-Coautorin Dr. Lindy Musial-Bright von der Charité in der Mitteilung der DGK zitiert.

"Das könnte zu gefährlichen Fehleinschätzungen bei Betroffenen führen und eine angemessene Behandlung verzögern."

"Die Ergebnisse dieser Befragung sind interessant, allerdings nicht auf die Gesamtbevölkerung anwendbar, denn im Sample sind Herzschwäche-Patienten und deren Angehörige überproportional stark vertreten", kommentiert DGK-Pressesprecher Professor Eckart Fleck. (DE/mal)

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