Herzinsuffizienz

Allgemeinarzt oder Kardiologe?

Um Patienten mit Herzinsuffizienz kümmern sich in Deutschland Kardiologen in Kliniken, niedergelassene Kardiologen sowie hausärztlich tätige Allgemeinmediziner und Internisten. Wie steht es um die medizinische Versorgung dieser Patienten je nach Arztgruppe? Aufschluss darüber geben Daten aus dem REFLECT-HF-Register.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Wer ist der Herzinsuffizienz-Profi?

Wer ist der Herzinsuffizienz-Profi?

© Getty Images / Creatas RF

DETMOLD. Erste ärztliche Anlaufstelle für Patienten mit chronischer systolischer Herzinsuffizienz ist in der Regel der hausärztlich tätige Allgemeinmediziner oder Internist. Er überweist den Patienten bei Bedarf zur genaueren Abklärung an den Herzspezialisten. In schwereren Fällen wie akuter Dekompensation ist zumeist der Kardiologe in der Klinik gefordert.

Somit liegt die Erwartung nahe, dass sich die Charakteristika der von diesen drei Ärztegruppen betreuten Patienten unterscheiden. Unterscheiden sich auch Entscheidungen der jeweiligen Ärzte bezüglich Diagnostik und Therapie?

Immerhin haben sie in Deutschland die Möglichkeit, sich bei der Indikation Herzinsuffizienz an gleich drei Leitlinien mit partiell unterschiedlichen Empfehlungen zu orientieren: Die europäischen Leitlinien der ESC, die Nationale Versorgungsleitlinien (NVL) und die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM).

Ziel des deutschen REFLECT-HF-Registers war deshalb, einen Einblick in die Behandlung von Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz in den drei ärztlichen Fachgruppen zu verschaffen.

Die Ergebnisse des von einer Forschergruppe um Professor Ulrich Tebbe aus Detmold initiierten Studienprojekts sind jetzt publiziert worden (Clin Res Cardiol 2014; online 18. Februar).

Zum Register haben 48 Ärzte - fünf Klinik-Kardiologen, 26 niedergelassene Kardiologen und 18 niedergelassene Allgemeinmediziner/Internisten - klinische Daten von 384 Patienten (NYHA-Klasse II oder höher, Auswurffraktion < 50 Prozent) beigesteuert. Damit wurde die geplante Zahl zu rekrutierender Patienten nicht ganz erreicht.

Von Klinik-Kardiologen (KK) versorgte Patienten waren im Schnitt jünger als von niedergelassenen Kardiologen (NK) und Allgemeinmedizinern/Internisten (NAI) betreute Patienten (65 vs 71 vs 73 Jahre). Erwartungsgemäß war die NYHA-Klasse bei Patienten in der Klinik höher: 65,6 Prozent fielen unter die NYHA-Klasse III/IV, im Vergleich zu 36,8 Prozent (NK) und 39,3 Prozent (NAI).

MRA: Untertherapie in Kliniken häufig

In alle drei Arztgruppen lag die Quote der Patienten, die leitliniengerecht RAS-Blocker (ACE-Hemmer, Sartane) und Betablocker erhielten, bei mindestens 90 Prozent. Der Anteil der Diuretika-Verordnungen betrug im Schnitt 83 Prozent.

Zurückhaltender zeigte man sich dagegen bei der Verordnung von Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA), besser bekannt als Aldosteron-Antagonisten. Gemäß den 2012 aktualisierten ESC-Leitlinien sind MRA jetzt in allen Stadien einer symptomatischen systolischen Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II-IV) in Kombination mit einem ACE-Hemmer (bei Unverträglichkeit: Angiotensin-Rezeptorblocker) und einem Betablocker indiziert.

Im REFLECT-HF-Register lag der Anteil von mit MRA behandelten Patienten im Schnitt bei 47,7 Prozent. Von allen Patienten, welche die in den ESC-Leitlinien empfohlenen Indikationskriterien exakt erfüllten, blieben 17,9 Prozent ohne MRA-Verordnung.

Interessant ist: Eine entsprechende "Untertherapie" wurde in Kliniken bei immerhin 25 Prozent, in hausärztlichen Praxen aber nur bei 8,6 Prozent aller für die MRA-Therapie geeigneten Patienten beobachtet.

Nur wenige Patienten erhielten Ivabradin (6,9 Prozent), wobei diese Substanz noch am häufigsten von niedergelassenen Kardiologen verordnet wurde (11 Prozent).

Der Anteil der mit ICD- oder CRT-Systemen versorgten Patienten unterschied sich nicht signifikant zwischen den drei Gruppen.

Unterschiedlich war auch die Häufigkeit, mit der es die Ärzte der drei Fachgruppen in ihrer täglichen Praxis mit dem Krankheitsbild der Herzinsuffizienz zu tun hatten. Von allen Patienten, mit denen in Kliniken tätige Kardiologen routinemäßig konfrontiert waren, hatte nahezu jeder Fünfte (18,8 Prozent) als Erkrankung Herzinsuffizienz.

Bei den Ärzten der beiden anderen Fachgruppen war der Anteil mit 13,9 Prozent (NK) und 6,7 Prozent (NAI) jeweils niedriger.

Hinsichtlich der Diagnostik verfügten alle Kardiologen sowohl in Kliniken als auch im niedergelassenen Bereich über die Möglichkeit der Echokardiografie. Dagegen hatten von den Allgemeinmedizinern und Internisten nur 16,7 Prozent diese diagnostische Option parat.

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