Vorhofflimmern

Sport lindert Rhythmusstörungen

Bewegung schützt nicht nur generell vor kardiovaskulären Erkrankungen - sie kann auch Patienten, die bereits unter Vorhofflimmern leiden, eine deutliche Linderung bringen. Das zeigt eine aktuelle Studie.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Pro 1 MET Fitnessgewinn reduzierte sich das Risiko für das Wiederauftreten von Vorhofflimmern um 12 Prozent .

Pro 1 MET Fitnessgewinn reduzierte sich das Risiko für das Wiederauftreten von Vorhofflimmern um 12 Prozent .

© Erwin W. / panthermedia.net

MAILAND. Jahrzehntelang hat man vor allem pharmakologisch versucht, Patienten mit Vorhofflimmern (VF) die Beschwerden zu lindern. Nun besinnt man sich mit Erfolg auf allgemeine kardiovaskuläre Präventivmaßnahmen.

Erst kürzlich - beim Jahreskongress des American College of Cardiology im Frühjahr - hatte die Arbeitsgruppe um Dr. Rajeev Pathak von der Universität Adelaide mit den Ergebnissen der LEGACY-Studie aufhorchen lassen.

Die Studie beschrieb eine beeindruckende Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Gewichtsreduktion und VF: Fast die Hälfte der Patienten (46 Prozent), denen es gelang, langfristig ihr Gewicht um 10 Prozent zu reduzieren, war nach fünf Jahren frei von VF, im Vergleich zu nur 13 und 22 Prozent, wenn keine oder nur eine moderate Gewichtsreduktion gelang.

Schutzfaktor Fitness

Körperliche Fitness ist ein unabhängiger Schutzfaktor vor kardiovaskulären Erkrankungen und Todesfällen. Wer fit ist, erkrankt seltener an VF. Doch schützt ein guter Trainingszustand auch Patienten mit nicht-permanenten VF vor den Flimmer-Episoden?

Was bringt es, wenn VF-Patienten ihre Fitness erhöhen? Und ist ein solcher Effekt unabhängig von der Gewichtsreduktion?

Diese Fragen klärte erneut das Team um Pathak in der CARDIO-FIT-Studie bei 308 übergewichtigen Patienten mit VF (JACC 2015; online Juni). Ergebnisse sind beim CARDIOSTIM-Meeting der ESC in Mailand vorgestellt worden.

Danach fanden sich in der Kohorte Patienten in schlechtem (n=95), adäquatem (n=134) und überdurchschnittlichen (n=79) Trainingszustand.

Primärer Studienendpunkt war sowohl die mittels Fragebogen ermittelten durch VF verursachten Beschwerden als auch ein durchgehender Sinus-Rhythmus in einem über sieben Tage aufgezeichneten Langzeit-EKG.

Nach im Durchschnitt vierjährigem Follow-up zeigte sich ein deutlicher protektiver Effekt der körperlichen Fitness: 66, 35 und 12 Prozent der Patienten mit zu Studienbeginn besonders gutem, angemessenem oder schlechtem Trainingszustand blieben in dieser Zeit von VF im Sinne des primären Endpunktes verschont.

Darüber hinaus testeten die Autoren den Nutzen eines Trainings zur Verbesserung der Fitness im Laufe der Studie. Die Patienten trainierten dazu regelmäßig drei bis fünf strukturierte Einheiten aeroben Ausdauer- oder Krafttrainings niedriger bis mäßiggradiger Intensität mit einer Wochen-Trainingszeit von 60 bis 200 Minuten.

In der Auswertung unterschieden sie Patienten, die zu Studienende ihre Ausdauer um mehr als 2 MET (Metabolic Equivalent of Task, Metabolisches Äquivalent) verbesserten von Patienten, die ihre Ausdauer um weniger als 2 MET verbesserten.

Patienten, die ihre Fitness um mehr als 2 MET verbesserten, verloren mehr Gewicht (12 versus 3 kg) und senkten ihren Blutdruck in stärkerem Ausmaß (systolisch -14 mmHg versus -10 mmHg). Gleichzeitig reduzierten sie deutlicher die Zahl benötigter Antihypertensiva.

 Auch Lipid- und Glukosestoffwechselparameter besserten sich signifikant, ferner auch das linksatriale Volumen und die linksventrikuläre diastolische Funktion als Ausdruck eines strukturellen kardialen Remodellings.

Hauptendpunkt: Freiheit von VF

Hauptstudienendpunkt war indes die Freiheit von VF im 7-Tage-EKG sowie entsprechende Beschwerdefreiheit, und dies war bei 61 Prozent der Patienten mit Fitnesszuwachs über 2 MET der Fall, aber nur bei 18 Prozent der Patienten mit geringerem Trainingserfolg.

Die Patienten mit mehr als 2 MET Fitnesszuwachs gaben weniger kardiale Beschwerden und insgesamt eine bessere Lebensqualität an. Pro 1 MET Fitnessgewinn reduzierte sich das Risiko für das Wiederauftreten der Rhythmusstörung um 12 Prozent, berichtete Pathak.

Besonders gut schnitten Patienten ab, die sowohl ihre Fitness um über 2 MET erhöhten und gleichzeitig ihr Gewicht um 10 Prozent reduzierten. Sie blieben zu 76 Prozent von VF verschont, im Vergleich zu 44 Prozent bei Patienten mit Gewichtsverlust von 10 Prozent, aber ohne Fitness-Gewinn.

Patienten ohne 10-prozentigen Gewichtsverlust erhöhten ihre Aussichten auf Rezidivfreiheit von 13 auf 37 Prozent, wenn sie ihre Fitness steigerten.

Fazit: Sowohl die kardiorespiratorische Fitness zu Studienbeginn, der Fitness-Zugewinn während der Studie als auch eine Gewichtsreduktion erwiesen sich alle drei als unabhängige Prädiktoren für das Wiederauftreten von VF.

Entsprechend sind die Aussichten auf Arrhythmie-Freiheit am größten, wenn der übergewichtige VF-Patient sowohl abnimmt als auch regelmäßig körperlich trainiert.

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