Therapeutisches Kühlen - Eine neue Option bei Schlaganfall?

BERLIN (gvg). Wird der Körper eines Apoplexiepatienten in der Phase nach ischämischem Hirninfarkt auf etwa 33 Grad abgekühlt, dann scheint sich das günstig auf die Langzeitprognose des Kranken auszuwirken. Nicht befriedigend gelöst ist aber die praktische Umsetzung des therapeutischen Kühlens.

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In der Intensivmedizin wird die sogenannte Hypothermie, das künstliche Abkühlen des Körpers auf Werte zwischen 33 und 35 Grad Celsius, stark diskutiert. Besonders Schlaganfallpatienten könnten profitieren, denn eine Abkühlung des frisch infarzierten Hirngewebes kann das im Verlauf stets entstehende Hirnödem verringern. Das wiederum bremst die gefährliche Hirndrucksteigerung, der in den Stunden und Tagen nach einem großen Infarkt weiteres Hirngewebe in der Umgebung des verschlossenen Gefäßes ("Penumbra") zum Opfer fällt.

Daß dieses theoretische Konzept tatsächlich aufgeht, legen Befunde aus Tier- und Gewebetests nahe, wie Dr. Rainer Kollmar von der Uniklinik Heidelberg berichtet (Akt Neurol 30, 2003, 487).

Auch klinisch gibt es demnach Hinweise auf einen Nutzen des therapeutischen Kühlens aus kleineren Studien, in denen damit unter anderem die Sterblichkeit von Patienten mit großen Infarkten im Stromgebiet der Arteria cerebri media verringert werden konnte. Große, randomisierte Studien zu der Thematik aber existierten nicht, so Kollmar.

Das liegt vor allem an den vielen praktischen Problemen, die mit dem therapeutischen Kühlen verbunden sind. So seien für eine Hypothermiebehandlung in der Regel Sedierung und Beatmung nötig, da es keine medikamentöse Möglichkeit gebe, das für die Patienten extrem unangenehme Kältezittern zu kontrollieren.

Weitgehend unklar ist auch, wie und wie lange man am besten kühlt. Kühldecken würden am häufigsten verwendet, so Kollmar, doch komme es dabei besonders oft zu Pneumonien. Bei Kühlhelmen reiche die Kühlwirkung oft nicht aus.

Interessant sei die Kühlung mit Flüssigkeit über einen zentralen Venenkatheter. Damit sei es kürzlich bei sechs Patienten gelungen, die Körperkerntemperatur innerhalb von drei Stunden auf 33 Grad abzukühlen und für mehrere Tage zu halten. Um den klinischen Nutzen und die Gefahr dieser endovaskulären Kühlung zu evaluieren, seien weitere Studien nötig.

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