Clopidogrel-Monotherapie toppt Kombitherapie mit ASS

MANNHEIM (gvg). Die medikamentöse Sekundärprävention nach Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) ist ein heißes Thema. Über die effektivste Therapie wird immer wieder hitzig diskutiert. Die jetzt auf dem Europäischen Schlaganfallkongreß in Mannheim präsentierte MATCH-Studie klärt zwar nicht alle Fragen, aber sie gibt eine eindeutige Antwort: Bei Hochrisiko-Patienten, die bereits mit Clopidogrel behandelt werden, ist die zusätzliche Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) keine vorteilhafte Option.

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An der MATCH-Studie (Management of Atherothrombosis with Clopidogrel in High Risk Patients with recent TIA or ischemic stroke) nahmen 7599 Probanden teil, die binnen drei Monaten vor Studienbeginn entweder eine TIA (21 Prozent der Patienten) oder einen ischämischen Schlaganfall (79 Prozent) erlitten hatten (wir haben kurz berichtet). Die Patienten sollten außerdem kardiovaskuläre Hochrisiko-Patienten sein, und mußten deswegen zusätzlich entweder bereits früher einmal einen Schlaganfall oder Myokardinfarkt erlitten haben, oder an einem Diabetes mellitus, einer peripheren arteriellen Verschlußkrankheit oder an Angina pectoris leiden.

Kombitherapie mit ASS wurde mit Clopidogrel allein verglichen

Die Probanden erhielten entweder eine Monotherapie mit 75 Milligramm Clopidogrel oder eine Kombination aus 75 Milligramm Clopidogrel und 75 Milligramm ASS. Der primäre Endpunkt war das Auftreten von Myokardinfarkten, ischämischen Schlaganfällen, einem kardiovaskulären Tod anderer Ursache sowie erneute Krankenhausaufenthalte, die durch kardiovaskuläre Ereignisse bedingt waren.

"Der Hintergrund dieses Studiendesigns war vor allem die CAPRIE-Studie", erläuterte Studienleiter Professor Hans-Christoph Diener aus Essen auf einem von den beiden Unternehmen Sanofi-Synthélabo (Plavix®) und Bristol-Myers Squibb (Iscover®) ausgerichteten Satellitensymposium. In der CAPRIE-Studie waren Clopidogrel und eine allerdings höhere Dosis von ASS (325 Milligramm) hinsichtlich ihres Präventionspotentials bei kardiovaskulären Patienten mit unterschiedlichem kardiovaskulärem Risikoprofil verglichen worden. Insgesamt ergab sich dabei in der Clopidogrel-Gruppe eine knapp neunprozentige Verringerung des Risikos für ein schweres, kardiovaskuläres Ereignis sowie eine bessere Verträglichkeit der Substanz im Vergleich zu ASS.

Hohe Erwartung an Studie aus der Kardiologie übernommen

"In Subgruppenanalysen haben wir dann gesehen, daß es vor allem die Hochrisiko-Patienten nach Schlaganfall oder Myokardinfarkt waren, die überdurchschnittlich stark von Clopidogrel profitierten", so Diener. Deswegen seien auch für die MATCH-Studie Hochrisiko-Patienten gewählt und die Kontrollgruppe mit Clopidogrel, und nicht mit ASS, behandelt worden. Daß die Kombinationstherapie aus Clopidogrel und ASS erfolgversprechend sein könnte, diese Erwartung übernahmen die Neurologen aus der Kardiologie, wo unter anderem die CURE-Studie bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom den erheblichen Nutzen dieser Doppelstrategie gezeigt hatte.

Das Ergebnis der MATCH-Studie ist deswegen ein wenig überraschend: Zwar reduzierte die Kombination das relative Risiko um 6,4 Prozent im Vergleich zu Clopidogrel allein. Doch dieser Unterschied war nicht signifikant. Deutlich signifikant dagegen war das höhere Blutungsrisiko in der Kombinationsgruppe, wo es zu fast doppelt so vielen lebensbedrohlichen und dreimal so vielen schweren Blutungen kam wie unter der Monotherapie.

"Dieses Ergebnis zieht sich durch alle Subgruppen", berichtete Diener in Mannheim. In keiner einzigen der untersuchten Teilpopulationen war die Kombination statistisch signifikant überlegen. "Den deutlichsten Trend hatten wir jüngeren Patienten, bei Patienten mit pAVK und bei jenen, bei denen sehr früh nach dem Ereignis mit der Kombinationsbehandlung angefangen wurde".

Es ist diese letzte Beobachtung, die Diener dazu bewegt, die Kombinationsbehandlung in der Sekundärprävention von Schlaganfallpatienten gedanklich noch nicht ganz ad acta zu legen. "Die längerfristige Anwendung von ASS plus Clopidogrel bei Hochrisiko-Patienten nach einem zerebrovaskulären Ereignis ist nach MATCH sicher keine gute Idee mehr", so Dieners Fazit. Aber: Es bestehe die Möglichkeit, daß die sehr frühe Anwendung einer Kombination aus beiden Substanzen über einen begrenzten Zeitraum doch von Nutzen sein könnte, weil damit das Blutungsrisiko bei Erhalt des Schutzpotentials verringert werden könne.

Diener: "Die Kardiologen machen uns das bei ihren Infarkt-Patienten vor, und wir sollten dies in Studien auch prüfen".



FAZIT

Die MATCH-Studie ergab, daß die Anwendung von ASS zusätzlich zu einer Clopidogrel-Therapie in der Sekundärprävention von Hochrisikopatienten nach einem Schlaganfall oder einer TIA keinen weiteren Nutzen bringt. Die Ergebnisse lassen keine Aussage darüber zu, welches die günstigste Monotherapie in der Schlaganfall-Sekundärprävention ist.

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