Zwickmühle: Antithrombotikum abgesetzt, Schlaganfall riskiert

Wer als Arzt bei einem Patienten eine bestehende antithrombotische Therapie absetzt, sollte diesen Schritt gut überlegt haben - er könnte nämlich das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen.

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CINCINNATI (ob). Geplante chirurgische oder zahnmedizinische Eingriffe, aufgetretene Blutungen oder eine mangelhafte Compliance der Patienten - all dies können gute Gründe sein, eine bestehende antithrombotische Therapie mit Gerinnungs- oder Plättchenhemmern zu stoppen.

Die Kehrseite: Zwar können dadurch Patienten etwa im Falle einer Operation vor Blutungskomplikationen geschützt werden - gleichzeitig verringert sich aber der Schutz gegen Schlaganfälle.

Dass diese Kehrseite in der Praxis tatsächlich zu einem relevanten Problem werden kann, legen Ergebnisse einer Studie von US-Forschern um Dr. Joseph Broderick aus Cincinnati nahe.

Seine Arbeitsgruppe hat in ihrer aktuellen Analyse alle 2197 ischämischen Schlaganfälle, die im Rahmen einer laufenden Bevölkerungsstudie im Jahr 2005 im Großraum Cincinnati/Nord-Kentucky erfasst worden waren, daraufhin untersucht, ob kurz zuvor eine antithrombotische Therapie gestoppt worden war (Stroke 2011; online).

In 114 Fällen (5,2 Prozent) - also bei etwa jedem 20. Schlaganfall - stellte sich heraus, dass innerhalb von 60 Tagen vor dem Ereignis eine antithrombotische Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten oder Thrombozytenhemmer abgebrochen oder abgesetzt worden war.

Bei mehr als der Hälfte der betroffenen Patienten trat der Schlaganfall innerhalb von sieben Tagen nach Beendigung einer solchen Therapie auf. Etwa 70 Prozent der Hirninsulte (80 von 114) ereigneten sich im Zeitraum der ersten 14 Tage.

Schlaganfälle, die nach einem Stopp der antithrombotischen Prophylaxe auftraten, verliefen schwerer und häufiger tödlich als etwa Schlaganfälle, die unter einer fortgesetzten Therapie mit Antithrombotika beobachtet wurden.

In knapp der Hälfte der Fälle (47,4 Prozent) kam es zum Hirninsult, nachdem die antithrombotische Therapie auf ärztliche Veranlassung hin wegen geplanter Eingriffe (Operation, epidurale Injektion, Endoskopie) abgesetzt worden war. Nur eine Minderheit der Patienten mit entsprechenden Eingriffen erhielt eine überbrückende Antikoagulation ("Bridging") mit Heparinen.

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