Schlaganfall

Harnsäure könnte Lyse ergänzen

Eine antioxidative Therapie mit Harnsäure kann mitunter die Prognose bei einem frischen Schlaganfall etwas verbessern, berichten spanische Forscher. Magnesium scheint hingegen nichts zu nützen.

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Klemme auf: Harnsäure oder Magnesium?

Klemme auf: Harnsäure oder Magnesium?

© Mathias Ernert

SAN DIEGO. Die Therapie bei einem frischen Schlaganfall zu verbessern, ist alles andere als einfach. Bisher konnte sich neben der tPA-Lyse bei ischämischem Infarkt praktisch kein spezifisches Verfahren etablieren, das zu einer nachweisbaren Reduktion der Mortalität und Morbidität führte.

Allenfalls die mechanische Thrombektomie scheint einigen Patienten Vorteile zu bieten. So sind in der Vergangenheit zahlreiche Ansätze gescheitert, durch medikamentöse Zusatztherapien die Prognose zu verbessern.

Zuletzt konnte die Phase-III-Studie ICTUS (International Citicholine Trial on Acute Stroke) mit 2000 Patienten keinen Vorteil für das Neuroprotektivum Citicholin nachweisen. In kleineren Studien hatte sich zunächst ein solcher Vorteil angedeutet.

Etwas Honig lässt sich nun aus den Daten einer spanschien Studie saugen, die jüngst auf einer internationalen Schlaganfalltagung in San Diego in den USA vorgestellt wurde. In der Phase-IIb-Studie URICO-ICTUS hatte ein Team um Dr. Angel Chamorro aus Barcelona 411 Patienten mit frischem ischämischem Schlaganfall behandelt.

Alle Patienten befanden sich im Zeitfenster für eine tPA-Lyse und erhielten die Lyse entweder alleine oder in Kombination mit Harnsäure. Von dem starken Antioxidans versprachen sich die Ärzte eine Reduktion des oxidativen Stresses in den betroffenen Hirnarealen und damit eine bessere Prognose (International Stroke Conference 2014, San Diego; Abstract LB1).

Weniger Behinderungen unter Harnsäure-Therapie

Weitgehend ohne neue Behinderungen (mRS-Wert 0 bis 1) waren nach 90 Tagen 39 Prozent der Patienten mit tPA plus Harnsäure, aber nur 33 Prozent mit alleiniger tPA-Lyse. Der relative Unterschied von 23 Prozent verfehlte jedoch knapp das Signifikanzniveau.

Beim medianen mRS-Wert zeigte sich nach drei Monaten immerhin ein knapp signifikanter Vorteil für die Harnsäure-Akuttherapie: Der mRS-Wert war mit 2 versus 3 Punkten etwas besser, berichtet das Nachrichtenportal "Medpage Today".

Besonders zu profitieren schienen Frauen, Patienten mit moderater Infarktstärke und solche mit hohen Blutglukosespiegeln. Hohe Glukosewerte deuten auf einen besonders ausgeprägten oxidativen Stress. Die Ergebnisse sollen nun in einer Phase-III-Studie überprüft werden.

Etwas skeptisch äußerte sich Dr. Lewis Morgenstern, Direktor des Schlaganfall-Programms an der Universität in Ann Arbor. Nach den vielen gescheiterten Phase-III-Studien falle es schwer, an den Erfolg neuroprotektiver Strategien zu glauben, sagte er "Medpage Today".

Immerhin schien die Harnsäure-Therapie den Patienten nicht zu schaden. Die Rate intrakranieller Blutungen, die Sterberate und die Rate an Gichterkrankungen waren in beiden Therapiegruppen nach drei Monaten nicht signifikant verschieden.

Schon im Krankenwagen behandelt

Klar negativ fiel eine zweite Untersuchung zur neuroprotektiven Akuttherapie aus. Ärzte um Dr. Jeffrey Saver von der Universität in Los Angeles hatten in ihre Phase-III-Studie FAST-MAG insgesamt 1700 Schlaganfallpatienten einbezogen. Alle Patienten wurden noch im Krankenwagen von Sanitätern entweder mit Magnesiumsulfat oder mit Placebo behandelt.

Die Idee dahinter: In den meisten Studien zur Neuroprotektion bekamen die Schlaganfallpatienten die Wirkstoffe frühestens drei Stunden nach Symptombeginn - für Saver viel zu spät. In FAST-MAG wurden nur Patienten innerhalb eines Zeitfensters von zwei Stunden berücksichtigt.

Da sie Magnesium schon im Krankenwagen bekamen (4 Gramm Bolus plus 16 Gramm über die folgenden 24 Stunden), war zu diesem Zeitpunkt noch unklar, ob sie einen ischämischen oder hämorrhagischen Infarkt hatten. Immerhin hielten die Sanitäter vor Therapiebeginn Rücksprache mit einem Arzt, der anhand der klinischen Symptome einen wahrscheinlichen Schlaganfall bestätigen musste.

Zwar nützte den Patienten die Magnesiumbehandlung nichts, aber es kam es auch nicht zu Verzögerungen bei der Klinikeinweisung. Saver und Mitarbeiter halten es daher für praktikabel, auch andere neuroprotektive Substanzen wesentlich früher als bisher zu testen. (mut)

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