Zusammenhang mit Infektionen

Mehr Schlaganfälle in der Grippesaison

Die Jahreszeit hat offenbar einen Einfluss auf die Häufigkeit von Schlaganfällen. Außerdem ist das Risiko für einen Insult in manchen Teilen Deutschlands höher als anderswo. Für diese Erkenntnisse ist Privatdozent Frederick Palm jetzt mit dem Robert Wartenberg-Preis 2015 der DGN ausgezeichnet worden.

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Auswertung von CT-Bildern des Gehirns. Nachdem Ärzte und Patienten intensiv über Prävention aufgeklärt wurden, besteht Hoffnung, dass in Ludwigshafen die Häufigkeit von Schlaganfällen zurückgeht.

Auswertung von CT-Bildern des Gehirns. Nachdem Ärzte und Patienten intensiv über Prävention aufgeklärt wurden, besteht Hoffnung, dass in Ludwigshafen die Häufigkeit von Schlaganfällen zurückgeht.

© Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

BERLIN. Entzündungen, Infektionen und die Jahreszeit beeinflussen offenbar die Rate von Apoplexien.

Diese Auslöser könnten dazu führen, dass es im Winter und Frühjahr mehr Schlaganfälle gibt, sowohl durch Gehirnblutungen als auch durch den Verschluss von Blutgefäßen, wie Privatdozent Frederick Palm aus Ludwigshafen herausfand.

Eine mögliche Erklärung ist, dass der Blutdruck saisonal schwankt und in den Wintermonaten deutlich höher ist, wie in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) erläutert wird.

Ein Bluthochdruck ist eine häufige Ursache für den Schlaganfall durch Hirnblutung. Bei den Patienten mit ischämischen Schlaganfällen fanden sich erhöhte Leukozytenzahlen in den Wintermonaten.

Dies deute darauf hin, dass auch entzündliche Prozesse und akute Infektionen eine Rolle spielen.

"Auch bei einer Grippewelle steigt die Schlaganfallhäufigkeit", wird Palm in der DGN-Mitteilung zitiert.

Der Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums Ludwigshafen fand in mehrjährigen Arbeiten zudem heraus, dass das Risiko für einen Schlaganfall nicht in allen Regionen Deutschlands gleich hoch ist.

Für Menschen in Ludwigshafen ist es für erstmalige Schlaganfälle höher als anderswo in Deutschland - auch schon in jüngeren Lebensjahren.

Register mit Seltenheitswert

In der Ludwigshafener Schlaganfallstudie - einem von Palm aufgebauten, bevölkerungsbasierten Schlaganfallregister - sammelte der Neurologe die Daten von Schlaganfallpatienten in dieser Stadt mit rund 167.000 Einwohnern.

Seit 2006 wurden durch Kooperation mit allen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten jährlich alle Patienten mit Schlaganfällen und transitorisch ischämischen Attacken (TIA) erfasst.

"Wir haben alle Schlaganfallfälle in der Region dokumentiert - ein solches bevölkerungsbasiertes Schlaganfallregister gibt es in ganz Deutschland nur noch in Erlangen", so Palm in der Mitteilung.

"Schlaganfallregister eignen sich gut, um Versorgungslücken in Deutschland zu identifizieren."

Spanne von 86 bis 125 pro 100.000

Umgerechnet auf die europäische Normalbevölkerung erlitten 125 von 100.000 Einwohnern in Ludwigshafen einen erstmaligen ischämischen Schlaganfall.

Zum Vergleich: Erlangen kommt auf 106, London auf 86 und Dijon auf 87 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im internationalen Vergleich traten vor allem bei den Jüngeren zwischen 45 und 64 Jahren mehr ischämische Schlaganfälle auf.

Die Analyse zeigte, dass in Ludwigshafen Optimierungsbedarf bei der vorbeugenden Therapie mit Blutgerinnungshemmern bei Patienten mit Vorhofflimmern besteht, einem wichtigen Risikofaktor für einen Schlaganfall durch Gefäßverschluss.

Palm: "Die Ergebnisse sind vermutlich auch auf andere Regionen in Deutschland übertragbar." Hier könne die Schlaganfallprävention ansetzen. "Wir haben Ärzte und Patienten anschließend intensiv über diese Präventionsmöglichkeit aufgeklärt", so Palm.

"Jetzt müssen wir abwarten, wie sich dies auswirkt."

An der Prävention sowie an genetischen und sozioökonomischen Faktoren forscht der Oberarzt jetzt weiter.

Sein Wunsch für die Zukunft: Die Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten hinsichtlich der Vorbeugung und Therapie zumindest auf lokaler Ebene zu verbessern.

Und: Das Schlaganfallregister nochmals aufleben zu lassen, um die möglichen Auswirkungen einer verbesserten Versorgung messen zu können.

Preis für nichtuniversitäre Arbeit

Für seine Forschungsarbeit wurde Palm mit dem Robert Wartenberg-Preis 2015 der DGN ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert und wurde von der DGN-Kommission Leitender Krankenhausärzte vergeben.

Die neurologischen Chefärzte in Deutschland finanzieren den Preis für junge Neurologen, die an nichtuniversitären Kliniken klinisch relevante Forschung betreiben. (eb)

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