USA

Mehr Schlaganfälle bei jungen Erwachsenen

In den USA sinkt die Inzidenz ischämischer Schlaganfälle bei älteren Menschen, nimmt dafür aber bei den Jüngeren deutlich zu. Nach einer Analyse von US-Registerdaten weisen die zwischen 1945 und 1954 Geborenen die niedrigsten Insultraten auf.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Schwere Behinderung nach Insult: Die Hirninfarkte sind bei jungen Menschen zwar weiter relativ selten, es gibt aber deutliche Zuwachsraten.

Schwere Behinderung nach Insult: Die Hirninfarkte sind bei jungen Menschen zwar weiter relativ selten, es gibt aber deutliche Zuwachsraten.

© Pfluegl / fotolia.com

NEW BRUNSWICK. Die Inzidenz von ischämischen Apoplexien und parallel dazu von ST-Hebungs-Herzinfarkten (STEMI) ist seit 1950 erheblich gesunken. Nach Daten der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ging die Rate der STEMI-Todesfälle von 1950 bis 1999 um 56 Prozent und die Schlaganfall-Mortalität sogar um 70 Prozent zurück. Ähnliche Rückgänge wie in den USA gab es auch in Kanada, Südamerika und in Europa.

Offenbar flacht dieser Trend aber ab oder kehrt sich zum Teil sogar um, und zwar vornehmlich bei jüngeren Menschen. Belege dafür haben Forscher vom Myocardial Infarction Data Acquisition System (MIDAS 29) um Joel Swerdel in New Brunswick im US-Staat New Jersey gefunden. Sie haben mit Registerdaten ihres Bundesstaates die Inzidenzraten von ischämischen Insulten und STEMI der vergangenen 20 Jahre in den verschiedenen Altersgruppen untersucht (J Am Heart Assoc 2016; 5: e004245).

Danach hat sich von 1995 bis 2014 die Inzidenz ischämischer Schlaganfälle bei den 35- bis 39-Jährigen mehr als verdoppelt (Rate Ratio [RR] 2,47). Ähnliches gilt für die 40- bis 44-Jährigen (RR 2,01) und die 45- bis 49-Jährigen (RR 1,68). Bei den 50- bis 54-Jährigen beträgt der Zuwachs der Inzidenz immer noch rund ein Viertel. Erst in den Gruppen ab 55 Jahren hat in dieser Zeit die Inzidenz von Insulten abgenommen. Über alle Altersgruppen hinweg ging in den 20 Jahren die Insult-Inzidenz von 314 auf 271 pro 100.000 Personenjahre zurück.

Im Unterschied zur Inzidenz der Schlaganfälle ist die Häufigkeit von STEMI in allen Altersgruppen, jüngeren wie älteren, in der gleichen Zeitspanne signifikant gesunken. Verzeichnet wurden dabei Reduktionen von bis zu 70 Prozent. Allerdings blieben die Inzidenzraten in den jüngeren Altersgruppen während der letzten fünf Studienjahre nahezu konstant. "Schlaganfälle hängen womöglich mehr mit Bluthochdruck zusammen, wogegen es bei STEMI mehr um die Plasmalipide geht", vermuten Swerdel und Kollegen. Es sei gezeigt worden, dass sich hohe Blutdruckwerte bei Jüngeren schlechter senken lassen als bei Älteren.

Welche Gründe führen aber zu den steigenden Insult-Inzidenzen in den jüngeren Altersgruppen? "Verglichen mit früheren Alterskohorten waren die von 1945 bis 1954 Geborenen im Schnitt schlanker und haben weniger geraucht", so die Forscher. Zudem seien sie früher im Leben in den Genuss von Statinen und Antihypertensiva wie ACE-Hemmern gekommen.

Demgegenüber steigt die Prävalenz von Übergewicht und Diabetes bei den nach 1954 Geborenen an. Bei den Jüngeren im Vergleich zu den Älteren häufen sich zudem schlechtere Blutdruckwerte und ein schlechteres Lipidmanagement sowie – dem Übergewicht anzulasten – höhere Raten von Vorhofflimmern. Und häufige prekäre Krankenversicherungsverhältnisse in jungen Jahren begünstigten eine mangelhafte Medikationsadhärenz.

Das Fazit der Forscher: "Die steigenden Schlaganfall-Raten bei Personen unter 55 Jahren sind beunruhigend und verdienen es, eingehend untersucht zu werden."

Mehr zum Thema

Embolischer Schlaganfall mit unklarer Quelle

Kardio-MRT nach ESUS fördert oft relevante Befunde zutage

Neuroophthalmologischer Lifehack

Hemianopsie lässt sich auch per Telefon diagnostizieren

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen