Fraktur-Op unterhalb des Knies

Thrombose-Risiko erhöht?

Jeder 100. Patient, bei dem ein Bruch distal vom Knie operativ versorgt wird, entwickelt in den sechs Monaten danach eine symptomatische Venenthrombose. Bestimmte Patientengruppen sind besonders gefährdet.

Veröffentlicht:
Typischer Befund einer Venenthrombose im linken Bein: Das Bein ist deutlich geschwollen und verfärbt.

Typischer Befund einer Venenthrombose im linken Bein: Das Bein ist deutlich geschwollen und verfärbt.

© Arteria Photography

KOPENHAGEN. Derzeit gelten frakturbedingte Operationen unterhalb des Knies nicht als Indikation für eine Thromboseprophylaxe über den Klinikaufenthalt hinaus.

Orthopädische Chirurgen aus Dänemark raten jedoch, diese Praxis für bestimmte Patientengruppen zu überdenken. Patienten mit einer venösen Thromboembolie (VTE) in der Vorgeschichte oder unter oraler Kontrazeption haben ihren Analysen zufolge nämlich ein mindestens ebenso hohes Risiko, postoperativ eine tiefe Venenthrombose (TVT) oder eine Lungenembolie (LE) zu erleiden, wie Patienten nach einer Hüft- oder Kniegelenkersatz-Operation (J Bone Joint Surg Am 2015; 97: 470-7).

In die Untersuchung wurden die Krankenakten aller erwachsenen Patienten einbezogen, die zwischen 1999 und 2011 wegen einer Fraktur von Fuß, Knöchel, Tibia oder Patella in Dänemark operiert worden waren und das Krankenhaus lebend verlassen hatten.

Von den 57.619 Patienten hatten 594 (1,0 Prozent) in den 180 Tagen nach Entlassung eine symptomatische TVT oder LE entwickelt, das entspricht einer Inzidenz von 2,09 pro 100 Personenjahre.

Am höchsten war die Ereignisrate während des stationären Aufenthalts: In dieser Zeit ereigneten sich 75 nicht tödliche VTE, die Inzidenz lag damit bei 7,28 pro 100 Personenjahre. Zudem waren bei acht Patienten, die noch im Krankenhaus gestorben waren, LE dokumentiert, die nicht in die Analyse eingingen.

Die Inzidenz an VTE ging mit dem zeitlichen Abstand zur Operation linear zurück, in den ersten beiden Wochen nach Entlassung auf 4,60 und ab Woche 13 auf 0,94 pro 100 Personenjahre.

Übergewicht ist ein Risikofaktor

Besonders gefährdet waren Patienten, bei denen schon einmal eine TVT oder eine LE diagnostiziert worden war. Ihr Risiko war gut sechs- beziehungsweise fünfmal so hoch wie das von Patienten ohne entsprechende Anamnese (TVT: Hazard Ratio, HR  =  6,27; LE: HR  =  5,45).

Eine ähnlich starke Risikozunahme wurde durch die Einnahme oraler Kontrazeptiva hervorgerufen (HR  =  5,23). Signifikant erhöhte VTE-Raten fanden sich auch bei Patienten mit Koagulopathien (HR  = 2,47), PAVK (HR  =  2,34) und Krebserkrankungen (HR  =  1,65).

Erwartungsgemäß erwies sich Übergewicht als weiterer Risikofaktor: Bei einem BMI über 25 war die VTE-Rate verdoppelt, bei einem BMI über 35 verdreifacht. Das Risiko für eine VTE erhöhte sich zudem mit dem Alter der Patienten, und zwar um 13 Prozent pro fünf Jahre.

Demnach sind chirurgische Patienten mit Fraktur unterhalb des Knies, die bereits eine VTE hatten, orale Kontrazeptiva einnehmen oder extrem adipös sind, stärker thrombosegefährdet als ansonsten Gesunde mit Hüft- oder Kniegelenkersatz-Op, wie die Autoren um Liv Riisager Wahlsteen von der Universität Kopenhagen betonen.

Bei den letztgenannten Eingriffen ist die Fortsetzung der Thromboseprophylaxe nach Entlassung jedoch Standard.

"Unsere Studie spricht dafür, dass spezifische Patientengruppen mit einer Fraktur-Op distal des Knies ebenfalls von einer längerfristigen antithrombotischen Behandlung profitieren könnten", so die dänischen Ärzte.

Der Beweis dafür könne allerdings nur in einer randomisierten kontrollierten Studie erbracht werden. (BS)

Mehr zum Thema

Möglicher Risikofaktor

Mehr Stentthrombosen nach PCI bei akuter Entzündung

Thromboembolie-Prophylaxe

Noch einmal: Keine DOAK bei Antiphospholipidsyndrom!

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Die elektronischen Monitoring-Devices könnten gezielt Patienten mit unkontrollierter Erkrankung verordnet werden, um zu messen, ob es bei der Inhalation an der Regelmäßigkeit, der Technik oder an beidem hapert und dann genau da zu schulen, wo es Probleme gibt.

© tadamichi / stock.adobe.com

Neue Möglichkeiten

So hilfreich können Smart Inhaler bei Asthma oder COPD sein