Interview

"Man muss aktiv nach einem Malignom fanden"

Wieviele Jugularvenenthrombosen im Zusammenhang mit Krebs auftauchen ist unklar. Möglicherweise ist die Dunkelziffer hoch. Bei spontanen Jugularvenenthrombosen ohne erkennbare Ursache sollte jedoch die Warnlampe angehen, sagt Professor Boris A. Stuck von der Universitäts-HNO-Klinik in Mannheim.

Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Herr Professor Stuck, wie häufig sind Jugularvenenthrombosen als paraneoplastisches Syndrom?

Professor  Boris  A.  Stuck: Das ist meines Wissens nicht systematisch untersucht worden. Wegen der häufigen Symptomlosigkeit gibt es zweifellos eine Dunkelziffer oder die Patienten werden primär in anderen Einrichtungen vorstellig. Ich kann mich nur an eine symptomatische Jugularvenenthrombose im Rahmen eines paraneoplastischen Syndroms in den vergangenen zehn Jahren erinnern. Meist treten die Jugularvenenthrombosen ja im Zusammenhang mit zentralen Venenkathetern oder mit operativen Eingriffen auf.

Ärzte Zeitung: Welche therapeutischen Probleme ergeben sich aus der gleichzeitig vorliegenden Krebserkrankung - was hat Vorrang?

Stuck: Das kann man pauschal natürlich nicht sagen und hängt von der Art des primären Tumors sowie von individuellen Gegebenheiten ab. Wichtig bei der geschilderten Kasuistik war uns zu vermitteln, dass, wenn sich ein Patient primär mit einer Jugularvenenthrombose ohne offensichtliche Ursache präsentiert, man nicht einfach nur nach einer Gerinnungsstörung sucht und antithrombotisch behandelt, sondern dass aktiv nach einer malignen Erkrankung gefahndet werden sollte. Spontane Jugularvenenthrombose - da muss die Warnlampe angehen!

Ärzte Zeitung: Wie hoch ist die Rezidivgefahr nach überstandener Jugularvenenthrombose? Reicht die drei- bis sechsmonatige Antikoagulation aus angesichts der sowieso bei Krebspatienten erhöhten Thrombosegefahr?

Stuck: Das hängt davon ab, ob die zugrunde liegende Krebsbehandlung kausal behandelt werden kann. Zur Rezidivhäufigkeit von Jugularvenenthrombosen bei paraneoplastischen Syndromen gibt es keine Daten, überhaupt fehlen internationale Therapieleitlinien. Auch über die Dauer der Antikoagulation wird man also individuell, am besten in Absprache mit einem Hämostaseologen, entscheiden müssen. (ner)

Lesen Sie dazu auch: Jugularvenenthrombose - da kann auch eine maligne Erkrankung die Ursache sein

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken