Richtig handeln

Das ist bei akuter Atemnot zu tun

Wenn einem die Luft wegbleibt, müssen Ärzte schnell handeln. Doch auch unter Zeitdruck muss eine orientierende Diagnostik erfolgen. Die Ursachen dingfest zu machen, ist für die richtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen wegweisend.

Von Angelika Bauer-Delto Veröffentlicht:
Was tun, wenn die Luft wegbleibt?

Was tun, wenn die Luft wegbleibt?

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Angelika Bauer-Delto

MANNHEIM. "Wird der HNO-Arzt mit einem Notfall konfrontiert, ist er gut beraten, rechtzeitig einen Notarzt hinzu zu ziehen", betonte Prof. Dr. Eckart Klemm von der HNO-Klinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt bei der 47. Fortbildungsveranstaltung für Hals-Nasen-Ohrenärzte in Mannheim.

Welche Erstmaßnahmen er selbst ergreifen kann, hänge von der eigenen Notfallausrüstung ab und richte sich nach den möglichen Ursachen der Atemnot.

Wichtig sei, sich nicht von der Panik des Patienten anstecken zu lassen, sondern sich zunächst ein ausreichend umfassendes Bild der Situation zu machen.

Zu den häufigsten Notfällen im HNO-Bereich zählen Blutungen, die mit der Gefahr einer Aspiration einhergehen.

So resultiere die vitale Bedrohung bei Tonsillektomie-Nachblutungen nicht aus dem Blutverlust, sondern aus einer Blutaspiration, warnte Klemm. Auch bei symptomatischem Nasenbluten oder Verletzungen kann Blut in die Atemwege gelangen.

"Das Freihalten der Atemwege hat bei Blutungen im HNO-Bereich oberste Priorität", betonte Klemm. Erstmaßnahme ist daher eine stabile Halbseitenlagerung des Patienten.

Um eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten, müsse im Notfall gemeinsam mit dem Notarzt eine Intubation erwogen werden.

Notfallmedikament Nr. 1: Sauerstoff

Ein inspiratorischer Stridor weist auf eine Verlegung der oberen Atemwege hin. Die Atemnot kann sich bis zur Asphyxie steigern, es kommt zu Einziehungen im Jugulum und Epigastrum und einer zunehmenden Zyanose.

Besondere Vorsicht sei geboten, wenn eine scheinbare Besserung eintritt und der Stridor nachlässt. Dies könne Anzeichen von Erschöpfung infolge der Hypoxie sein und münde nicht selten in Bewusstlosigkeit oder Krampfanfällen, warnte Dr. Andreas Nowak von der Klinik für Anästhesie, Intensiv-/Notfallmedizin und Schmerztherapie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt.

Die Ursache der Atemwegsverlegung muss daher so rasch wie möglich erkannt und beseitigt werden. Notfallmedikament Nummer 1 für die Erstversorgung sei stets Sauerstoff, so Nowak.

Ist eine Verlegung der Atemwege allergisch bedingt, kann der Verlauf sehr unterschiedlich sein. Ödeme im Larynx- und Pharynxbereich, die mit Globusgefühl, Heiserkeit und inspiratorischem Stridor einhergehen, ein Bronchospasmus, der sich durch einen exspiratorischen Stridor bemerkbar macht, sowie Hauterscheinungen, Durchfall, Blutdruckabfall und Tachykardie sind Warnzeichen für eine anaphylaktische Reaktion.

Adrenalin stehe dann im Fokus der medikamentösen Therapie, ergänzt durch Glukokortikosteroide und Histamin-Antagonisten, sagte Nowak. Außerdem sollte eine Infusion kristalloider Lösungen erfolgen.

Ruckartige Druckstöße Richtung Zwerchfell

Zu den hochdramatischen Notfällen, vor allem bei kleinen Kindern, zähle die Fremdkörperaspiration, so Nowak. Ist der Patient bei Bewusstsein, sollte man abwechselnd durch fünf Schläge auf den Rücken und fünf Kompressionen des Abdomen oder bei Säuglingen des Thorax versuchen, den Fremdkörper zu entfernen.

Ist das Kind bewusstlos, sei eine kardiopulmonale Reanimation erforderlich. Bei Erwachsenen wird der Heimlich-Handgriff angewendet, bei dem ruckartige Druckstöße in Richtung Zwerchfell durchgeführt werden.

Bleiben diese Sofortmaßnahmen erfolglos, muss der Patient schnellstmöglich unter Sauerstoffgabe in eine Klinik eingewiesen und der Fremdkörper durch eine Notfallendoskopie entfernt werden.

Vor allem bei Kindern kann auch eine Epiglottitis, die sich durch einen bellenden, trockenen Reizhusten bemerkbar macht, zu einer lebensbedrohlichen Atemnot führen. Bei der Untersuchung sei Vorsicht geboten, da es zu einer Verschlechterung der Atmung kommen kann, warnte Klemm.

Wichtigste Sofortmaßnahme ist die Gabe von Sauerstoff und Kortison.

In der Akutsituation nicht sedieren!

Patienten mit einer Verlegung der Atemwege dürfen in der Akutsituation nicht sediert werden, bis der Luftweg gesichert ist, betonten die Experten übereinstimmend.

Die Sauerstoffversorgung zu gewährleisten, sei wichtigstes Ziel der Erstbehandlung. Koniotomie oder Tracheotomie sind Eingriffe der letzten Wahl, wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos geblieben sind.

Eine Trachealstenose infolge einer Trachealringfraktur sei eine unterschätze Gefahr bei perkutaner dilationaler Tracheotomie, warnten beide Referenten.

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