Missbrauch mit Folgen

Batterien als Wurfgeschosse und Ohrstöpsel

Batterien sind als Wurfgeschosse, Lolly oder Ohrstöpsel bei Kleinkindern sehr beliebt. Auch in der Nase können sie schnell mal verschwinden. Und Senioren bunkern öfter welche im Gehörgang.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Knopfzellen - geeignet für allerhand gefährliche Kreativität im Umgang mit den eigenen Körperöffnungen.

Knopfzellen - geeignet für allerhand gefährliche Kreativität im Umgang mit den eigenen Körperöffnungen.

© design56 / fotolia.com

DETROIT. Batterien gibt es heute in allen Formen und Farben, da liegt es nahe, sie nicht nur als Energiequelle zu benutzen. Besonders Kleinkinder sind sehr kreativ, wenn es um den unzweckmäßigen Gebrauch von Babyzellen oder Knopfbatterien geht.

Da wird gerne ausprobiert, wie weit sich die Dinger in diverse Körperöffnungen schieben lassen, wie gut sie schmecken oder zu welchen Verheerungen ein gezielter Wurf einer 150 Gramm schweren Mono-Batterie am Schädel des kleinen Brüderchens führt.

So jedenfalls sind die Ergebnisse von HNO-Ärzten zu interpretieren, die in einer US-Datenbank nach Hals- und Kopfverletzungen durch Batterien geschaut haben.

Das Team um Dr. Peter Svider von der Wayne State University in Detroit machte sich Einträge im National Electronic Injury Surveillance System (NEISS) zunutze. An dieser Datenbank beteiligen sich 100 US-Kliniken, sie melden alle Patienten aus der Notaufnahme, die sich mit elektronischen Geräten oder ihren Bestandteilen verletzt haben (Laryngoscope 2014; online 24. März).

Die Ärzte um Svider interessierten sich speziell für HNO-Verletzungen durch Batterien. Pro Jahr werden der Datenbank etwa 500 batteriebezogene Verletzungen gemeldet, dadurch ergeben sich hochgerechnet auf die US-Bevölkerung jährlich etwa 15.000 durch Fehlfunktion oder Fehlgebrauch von Batterien verursachte Verletzungen in sämtlichen Notaufnahmen der USA.

Die HNO-Ärzte schauten nun gezielt nach Verletzungen im Hals- und Kopfbereich über einen Zehnjahreszeitraum. Sie fanden für dieses Intervall 614 Einträge. Hochgerechnet auf die US-Bevölkerung entspricht dies knapp 19.000 Batterie-bedingten HNO-Verletzungen.

Von den 614 Verletzten konnten zum Glück 93 Prozent nach einer Untersuchung oder Behandlung in der Notaufnahme wieder nach Hause geschickt werden. Vier von fünf Patienten waren minderjährig, mehr als die Hälfte aller Patienten bestand aus Kindern unter sechs Jahren (53 Prozent). Als besonders experimentierfreudig erwiesen sich Patienten mit männlichem Geschlecht, sie stellten zwei Drittel der Batterieverletzten.

Batterien in der Nase besonders beliebt

Häufigster Grund für die Notaufnahme bei Kindern waren Batterien, die in Körperöffnungen steckten. Besonders gerne hatten sich die Kinder Batterien in die Nase geschoben - vermutlich die gut passenden länglichen Mignon- und Mini-Zellen. Ein Drittel aller batteriebezogenen HNO-Verletzungen bezog sich auf die Nase.

Auf Platz zwei folgten die Ohren, die sich wohl eher für Knopfzellen eignen. Darauf entfielen 114 Verletzungen (19 Prozent). Allerdings ist schon etwas mehr Geschick erforderlich, die Energieträger in den Gehörgang zu pressen.

Daher dominierten in dieser Disziplin auch eher ältere Kinder (Durchschnittsalter acht Jahre), während das Nasenschieben doch eher was für Kleinkinder ist (Durchschnittsalter drei Jahre), wie auch das Lutschen und Kauen von Batterien, für das sich überwiegend Fünfjährige begeistern konnten und das hauptsächlich zu Verbrennungen führte (87 Verletzungen).

Gewisse Kräfte, motorische Fähigkeiten und ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen sind auch nötig, um eine Batterie Altersgenossen so an den Kopf zu werfen, dass eine ansehnliche Platzwunde entsteht. Hier entwickelten ebenfalls Achtjährige ein beachtliches Geschick. Die 115 Platz- und Schürfwunden am Schädel und im Gesicht gingen größtenteils auf ihr Konto.

Allerdings verletzten sich die Kinder nicht nur an absichtlich geworfenen Batterien, ein Teil geriet auch in die Flugbahn einer zufällig vorbeischwirrenden Mono-Zelle, etwa einer solchen, die von einem Möbelstück herunterfiel. Immerhin ein Fünftel der Patienten mit Platzwunden kollidierte zufällig mit der Batterie.

Häufigste Verletzungen bei Erwachsenen waren Verbrennungen, wobei die Autoren der Analyse nicht genau darauf eingingen, wie es dazu kam. Doch auch als Wurfgeschosse sind die kompakten Energiespeicher bei Erwachsenen noch populär, immerhin jeder Sechste mit einem Batterieschaden hatte sich eine Platzwunde zugezogen.

Bei den Senioren hingegen sind Knopfzellen ein Problem. Sie werden gerne mit den inzwischen recht kleinen Hörgeräten verwechselt. Und nicht jeder merkt sofort, dass er mit der Knopfzelle im Gehörgang nicht wirklich besser hört. Wird die Batterie jedoch nicht rechtzeitig entdeckt, kann sie Verbrennungen und Verätzungen auslösen.

Die HNO-Ärzte um Svider geben ihren Kollegen den Rat, bei Kindern mit einer Batterie in der Nase, im Mund oder im Ohr auch nach weiteren Batterien in Körperöffnungen oder Magen zu fahnden. Denn oft treten Batterien pärchenweise auf, wo die eine ist, ist die andere auch nicht weit.

Mehr zum Thema

Unlauterer Wettbewerb

Demenz-Vorsorge mit Hörgerät? Wettbewerbszentrale mahnt ab

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System