Häufige Mandelentzündungen

Wann eine Mandel-Op angebracht ist

Wer desöfteren entzündete Gaumenmandeln hat, sollte sie rausschneiden lassen, hört man immer wieder. Eine neue Leitlinie besagt aber: Eine Operation sollte nur in bestimmten Fällen erfolgen.

Von Beate Fessler Veröffentlicht:
Ein Kind mit entzündeter Gaumenmandel wird untersucht: Eltern drängen oft auf Tonsillektomie.

Ein Kind mit entzündeter Gaumenmandel wird untersucht: Eltern drängen oft auf Tonsillektomie.

© naumoid / iStock.com

MÜNCHEN. Vor allem die Eltern drängen bei häufigen Entzündungen der Gaumenmandeln auf eine Tonsillektomie. Doch der Eingriff hat relevante Komplikationen.

Professor Markus Knuf von den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden plädierte deshalb dafür, die konservative Therapie voll auszuschöpfen. Und er verwies gleichzeitig auf die neue S2k-Leitlinie "Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln - Tonsillitis".

Höchstens zwei Episoden: keine Op

Wiederholte schwere Infektionen der Gaumenmandeln sind - neben der Hyperplasie der Gaumenmandeln mit Luftwegsobstruktion und dem Verdacht auf einen bösartigen Tumor - eine der drei Hauptindikationen für eine Tonsillektomie.

Wann sie als Therapieoption in Betracht gezogen werden kann, erläutert die aktuelle S2k-Leitlinie, basierend auf der Zahl der "Episoden" innerhalb der letzten zwölf Monate.

Definiert wird eine "Episode" dabei als "ärztlich diagnostizierte und mit Antibiotika therapierte eitrige Tonsillitis", erläuterte Knuf bei einer Tagung in München.

Bei weniger als drei Episoden ist sie keine therapeutische Option, bei sechs und mehr Episoden dagegen schon. Bei drei bis fünf Episoden gilt sie als mögliche Option, "wenn sich innerhalb der nächsten sechs Monate weitere Episoden ereignen sollten und die Zahl "6" erreicht wird".

Zufrieden mit der Entscheidung für die Tonsillektomie sind vor allem die Eltern. Inwieweit die Kinder mit einer Besserung der Lebensqualität profitieren, wisse man dagegen noch gar nicht, gab Knuf zu bedenken.

Gleichzeitig betonte er das nicht unerhebliche Risiko von Nachblutungen und wies auf weitere Komplikationen hin, unter anderem Atemwegsobstruktionen, Aspiration, Emphysem, Meningitis oder auch Zahnschäden.

Immunsystem nicht geschwächt

Entwarnung gibt es allerdings beim Blick auf das Immunsystem. Entgegen anders lautender Ansichten zeigen aktuelle Studien, dass das Immunsystem durch die Tonsillektomie nicht leidet.

Das sei nicht haltbar, so Knuf. Die Tonsillektomie hat keine oder eher positive Effekte auf die Immunabwehr.

Auch für die konservative Vorgehensweise gibt die Leitlinie konkrete Empfehlungen: Bei Patienten im Alter von drei bis 14 Jahren mit Verdacht auf Tonsillopharyngitis und dem Nachweis oder hochgradigen Verdacht auf Streptokokken-Tonsillitis sollte über sieben Tage Penicillin V oder Phenoxymethylpenicillin gegeben werden, bei Penicillinunverträglichkeit für fünf Tage Erythromycin oder ein Cephalosporin der ersten Generation.

Erreicht wird damit innerhalb von 24 bis 48 Stunden Beschwerdefreiheit, "aber keine Elimination der Bakterien".

Es ist deshalb wichtig, die Eltern von der Notwendigkeit der Compliance über den gesamten Behandlungszeitraum zu überzeugen, so Knuf, der für ausreichend lange Therapie plädierte.

Schlägt die Therapie fehl, muss an mangelnde Compliance gedacht, aber auch die Diagnose überdacht werden. Nicht selten wird eine Tonsillopharyngitis von Viren ausgelöst. Differenzialdiagnostisch ist eine Mononukleose ins Kalkül zu ziehen.

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