Immer wieder Tonsillitis

Op oder erstmal abwarten?

Werden Kindern mit rezidivierenden Tonsillitiden die Rachenmandeln entfernt, erkranken sie offenbar im darauffolgenden Jahr seltener an Racheninfektionen als ohne Operation.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:

NASHVILLE. Ob die Tonsillektomie für Patienten mit rezidivierenden Tonsillitiden Vorteile gegenüber einer Watchful-Waiting-Strategie hat, haben Anna Morad vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville, Tennessee, und Kollegen in einem aktuellen Review untersucht (Pediatrics 2017; 139: e20163490).

Grundlage hierfür waren sieben Studien aus den Jahren 1980 bis 2016, in denen die beiden Verfahrensweisen verglichen wurden. Die Kinder, die in die Untersuchung eingeschlossen waren, hatten in den vorausgegangenen ein bis drei Jahren mindestens drei leichte bis mittelstarke Racheninfektionen durchgemacht.

Vorteile im ersten Jahr nach der Op

In den ersten zwölf Monaten nach der Operation war ein Vorteil für die Kinder nach Tonsillektomie gegenüber den beobachteten bzw. konservativ behandelten Patienten erkennbar: Die operierten Kinder fehlten weniger häufig in der Schule, erkrankten seltener an Racheninfektionen, hatten weniger Arztkontakte, und auch die Häufigkeit nachgewiesener A-Streptokokken-Infektionen war geringer.

Bei der Zahl der Racheninfektionen zeigten sich in verschiedenen Studien folgende Unterschiede im ersten Jahr nach der Tonsillektomie vs. Watchful Waiting: 0,5 vs. 0,64/Jahr bzw. 1,74 vs. 2,93 bzw. 0,56 vs. 0,77.

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde bei nicht operierten Kindern über dreimal so viele positive A-Streptokokken-Tests berichtet wie bei Kindern nach Tonsillektomie. In einer weiteren Kohortenstudie war die Zahl der Arztbesuche nach der Tonsillektomie gesunken und gegenüber der Beobachtungsgruppe in den ersten drei Jahren um jährlich 2,5 geringer. Nach vier bis sechs Jahren zeigte sich jedoch nur noch ein Unterschied von 1,4 Arztbesuchen jährlich.

Im Hinblick auf die Lebensqualität ergaben sich keine Unterschiede, sie verbesserte sich sowohl mit als auch ohne Tonsillektomie.

Langzeiteffekte nicht belegt

Dem Review zufolge scheinen Kinder zwar im ersten Jahr nach der Tonsillektomie Vorteile gegenüber Patienten zu haben, die über einen gleichen Zeitraum lediglich beobachtet und gegebenenfalls mit Antibiotika oder nasalen Steroiden behandelt werden.

Doch dieser Effekt hält offenbar nicht an. So konnte eine langfristige Verringerung von Racheninfektionen nach Tonsillektomie gegenüber den konservativ behandelten Patienten in den analysierten Untersuchungen nicht belegt werden.

Waren nach Entfernung der Rachenmandeln mehr als zwölf Monate vergangen, zeigten sich zwischen den beiden Gruppen zudem weder Unterschiede bei der Häufigkeit von Streptokokkeninfektionen noch bei der Anzahl der Fehltage in der Schule.

Die Fragen zum Langzeitnutzen einer Tonsillektomie bei rezidivierenden Tonsillitiden müssten künftige Studien mit höheren Probandenzahlen klären, in denen auch Schwere und Art der Racheninfektionen berücksichtigt werden sollten, resümieren Morad und Kollegen.

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