Vergrößerte Schilddrüse

Die Suche nach Knoten beginnt

Bei etwa jedem dritten Erwachsenen in Deutschland ist mit einer vergrößerten Schilddrüse zu rechnen. Bei Verdacht sollte eine differenzierte Diagnostik erfolgen, um abzuklopfen, ob Knoten vorliegen.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Wenn die Schilddrüse beim Abtasten vergrößert erscheint, eine derbe Konsistenz hat und schmerzhaft ist, sollte eine weitere Diagnostik erfolgen.

Wenn die Schilddrüse beim Abtasten vergrößert erscheint, eine derbe Konsistenz hat und schmerzhaft ist, sollte eine weitere Diagnostik erfolgen.

© Klaus Rose

KÖLN. Eigentlich sollte durch den Kardiologen per Ultraschalluntersuchung nur abgeklärt werden, ob es an der Halsschlagader links und rechts nennenswerte Plaques gab.

Aber sein Blick wurde durch den Ultraschallkopf zwangsläufig auch auf die Schilddrüse gelenkt: "Na, Sie haben aber auch ein besonders knotenreiches Organ am Hals!", stellte er sichtlich überrascht fest. Nicht selten wird eine Struma nodosa durch Zufall entdeckt.

Immerhin ist nach Angaben von Professor Matthias Schmidt und Dr. Stefan Hungenbach von der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin in Köln bei etwa 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mit einer Schilddrüsenvergrößerung mit oder ohne Knoten zu rechnen (MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (2): 54-55).

Die Ärzte schildern die Kasuistik einer 55-jährigen Patientin, bei der während einer Untersuchung zur Gesundheitsvorsorge beim Abtasten des Halses festgestellt wurde, dass die Schilddrüsengröße nicht der Norm entsprach.

Das bestätigte schließlich die sonografische Untersuchung, bei der sich auch eine knotige Veränderung nachweisen ließ, die sich jedoch letztlich sonomorphologisch als unauffällig herausstellte.

Klärung von Jodmangel

Klagen Patienten über ein Druck-, Enge- oder Kloßgefühl im Hals, kann das durchaus ein Hinweis auf eine Struma sein. Dem Verdacht auf eine Struma, die euthyreot, hypothyreot oder hyperthyreot sein kann, können Hausärzte durch mehrere Fragen auf den Grund gehen.

Dazu gehören außer jenen nach Schluckbeschwerden und Hinweisen für Luftnot und Stridor - bei bereits fortgeschrittener Struma - auch die Fragen nach einer familiären Belastung sowie nach Ernährungsgewohnheiten, die einen Jodmangel begünstigen.

Bei der Möglichkeit einer stoffwechselrelevanten Schilddrüsenautonomie sollten die Patienten unter anderem nach Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Gewichtsverlust trotz Heißhungers, aber auch nach Zyklusstörungen oder Haarausfall gefragt werden.

Schmidt und Hungenbach empfehlen zudem zu prüfen, ob es sogar kardiale Anhaltspunkte wie Tachykardie, Extrasystolen oder Vorhofflimmern gibt.

Laborchemische Untersuchung veranlassen

Außer der klinischen Untersuchung durch Abtasten des Halses, Herzfrequenzbestimmung und visuelle Beurteilung eines möglichen Ruhetremors der Hände sollten Hausärzte auch bestimmte laborchemische Untersuchungen veranlassen: TSH-basal, gegebenenfalls die freien Schilddrüsenhormone fT3 und fT4.

Eine Euthyreose liegt bei normwertigem TSH-basal vor. Mithilfe einer sonografischen Untersuchung der Schilddrüse lassen sich bereits Volumen und Binnenstruktur beurteilen. Außerdem können auffällige Knoten beschrieben werden, ob sie zum Beispiel echoarm sind, unscharf oder unregelmäßig begrenzt sind und ob Mikrokalk nachweisbar ist.

Schließlich weisen die Nuklearmediziner darauf hin, dass bereits in der Hausarztpraxis ein Ruhe-EKG angefertigt werden kann, mit dem sich Extrasystolen und Vorhofflimmern "vor dem Hintergrund einer möglicherweise stoffwechselrelevanten Schilddrüsenautonomie" erfassen lassen.

Eine fachärztliche Diagnostik wird bereits dann erforderlich, wenn sich herausstellt, dass im Schilddrüsengewebe Knoten vorhanden sind, die einen Durchmesser von einem Zentimeter überschreiten. Das sollte Anlass sein, eine Schilddrüsenszintigrafie vornehmen zu lassen.

Daran schließt sich eine Feinnadelaspirationsbiopsie an, wenn es sich um hypofunktionelle, also kalte Knoten handelt. Weitere Spezialuntersuchungen, zum Beispiel genetische Analysen der Gewebeproben, können die Diagnostik komplettieren.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie geht davon aus, dass nur etwa zwei Prozent der kalten Knoten bösartig sind, Schmidt und Hungenbach schätzen die Malignitätsrate auf etwa drei Prozent.

Therapieeinleitung durch Facharzt

Nach Ansicht der Nuklearmediziner sollten auch palpatorische und sonografische Befunde Gründe für die Einleitung einer fachärztlichen Diagnostik sein. Das gilt zum Beispiel dann, wenn die Schilddrüse beim Abtasten vergrößert erscheint, eine derbe Konsistenz hat und schmerzhaft ist.

Parameter in der Sonografie, die unabhängig von den Ergebnissen der Palpation als Gründe für fachärztliche Diagnostik gelten, sind eine vergrößerte, echoarme, inhomogene Schilddrüse mit unscharfen Knotenbegrenzungen und Mikrokalk.

Die nähere Charakterisierung einer Schilddrüsenfunktionsstörung wird notwendig, wenn sich zu den klinischen Beschwerden auffällige Ergebnisse bei den Schilddrüsenlaboranalysen gesellen. Schließlich ist der Facharzt für die Therapieberatung und die Einleitung der Behandlung erforderlich.

Das kann zum Beispiel eine medikamentöse Therapie zur Struma- und Knotenreduktion sein - mit Schilddrüsenhormonen und/oder Jod. Andere Optionen sind die Thyreoidektomie - total oder subtotal - und die Radiojodtherapie.

Die Kölner Nuklearmediziner erinnern daran, dass durch eine Szintigrafie entdeckte hyperfunktionelle Knoten autonome Adenome sind und ein benigner Befund.

Die Adenome könnten allerdings im fortgeschrittenen Stadium "durch ein erniedrigtes TSH-basal beziehungsweise durch klinische Beschwerden im Sinne einer Hyperthyreose" stoffwechselrelevant sein.

Schilddrüsenknoten, die szintigrafisch als weder "kalt" noch "heiß" beurteilt werden, verhielten sich funktionell in der Regel wie normales Schilddrüsengewebe.

Sowohl ein großes Schilddrüsenvolumen als auch große Schilddrüsenknoten können schließlich rein mechanisch zum Problem werden, weil sie zu einer Verengung der Luftröhre führen können.

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