Mit molekularen Scheren gegen HIV

BERLIN (awa). HIV-Infizierte heilen - das ist zwar nach wie vor nur eine Vision. Doch mit der Entwicklung neuer HIV-Medikamente und von neuen Behandlungsstrategien, die etwa das HIV-Genom aus dem Erbgut Infizierter entfernt, wird dieses Therapiekonzept wieder neu belebt.

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Mit spezifischen molekularen Scheren soll das nach der Infektion in das menschliche Genom stabil integrierte HIV-Genom aus den Genen der infizierten Immunzellen herausgeschnitten und somit die Funktion der Zellen wieder hergestellt werden.

Diesen vielversprechenden Ansatz für eine Eradikation, das heißt, die komplette Entfernung von HIV aus dem menschlichen Körper, präsentierte Professor Joachim Hauber vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut auf den Münchner Aids-Tagen in Berlin.

Das Haupthindernis für eine Heilung HIV-Infizierter waren bisher ruhende virusinfizierte Zellpopulationen, die nicht durch die verfügbaren antiretroviralen Medikamente erreicht werden können. Dabei handelt es sich vor allem um langlebige CD4-positive T-Gedächtnis-Zellen, die inaktive provirale DNA - also HIV-Erbgut in einer Vorläuferform - enthalten und nach ihrer Aktivierung wieder infektiöse Viren produzieren können.

Diese Zellpopulationen dienen gewissermaßen als biologische Bibliothek für HI-Viren, auch solchen mit Resistenzmutationen. Könnte aus diesen Zellen die provirale DNA entfernt werden, wäre damit deren Funktion wieder hergestellt.

Die Arbeitsgruppe von Hauber entwickelte ein Enzym, das als Tre-Rekombinase bezeichnet wird und das gezielt die integrierte HIV-DNA im humanen Erbgut erkennt und entfernt. Diese Therapie ist jedoch zur Zeit nur mit gentechnisch veränderten, reinfundierten hämatopoetischen Stammzellen vorstellbar.

Es sei möglich, dass das Konzept der Tre-Rekombinase Grundlage für neue antiretrovirale Therapien bilde, mit denen HIV aus allen Zellen des Patienten entfernt werden solle, sagte Hauber. So könnte zusätzlich ein Integrasehemmer genutzt werden, der den Einbau des viralen Genoms verhindert, auch in bestimmten Stadien, in denen die provirale DNA noch im Zellplasma vorliegt. Auch eine Kombination mit einer Immunaktivierung der latent ruhenden Zellen wird diskutiert.

Eine erfolgreiche Eradikation hänge von der nachhaltigen Wiederherstellung des Immunsystems ab, betonte Hauber und verglich die Eradikation mit einem 100-Meter-Lauf, bei dem die ersten 90 Meter mit antiretroviralen Medikamenten und neuen Eradikationsstrategien, die letzten zehn Meter jedoch nur vom Immunsystem bewältigt werden können.

Weitere umfangreiche Informationen zu HIV und Aids finden Sie im Internet unter http://hiv.net

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