Listerien brüten gern im Kunstknie

Gelenklisteriose ist sehr selten, nimmt aber zu. Vor allem trifft es alte Menschen mit künstlichen Gelenken.

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Künstliches Hüftgelenk: In Nischen um das Implantat können sich Listerien ansiedeln.

Künstliches Hüftgelenk: In Nischen um das Implantat können sich Listerien ansiedeln.

© Nicolas Larento / fotolia.com

PARIS (EO/eis). Die Infektion mit Listeria monocytogenes birgt für ältere Patienten ein Risiko für Gelenklisteriose. Diese an sich seltene Erkrankung scheint sich bei Trägern künstlicher Knie- oder Hüftgelenke in letzter Zeit zu häufen.

Wie eine französische Studie zeigt, kann man in solchen Fällen - zusätzlich zu einer Antibiotikatherapie - nur das Implantat entfernen, um einen langwierigen Verlauf abzuwenden (Clin Infect Dis 2012; 54: 240).

Die Zahl der Listeriosefälle in Europa ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Unter den Betroffenen sind öfter alte Menschen mit künstlichen Hüft- oder Kniegelenken. Ein Team um Dr. Caroline Charlier vom französischen Referenzzentrum für Listerien in Paris hat daher mit einer Knochen- oder Gelenklisteriose assoziierte Risikofaktoren bei alten Patienten untersucht.

Analysiert wurden retrospektive Daten von 43 Patienten (mittleres Alter 72 Jahre) mit septischer Arthritis, Osteomyelitis oder periprothetischer Infektion, bei denen Listerien in Knochen- oder Gelenkproben isoliert worden waren. 84 Prozent hatten orthopädische Implantate.

Die Forscher gehen in den meisten Fällen von einer klinisch stummen transienten Bakteriämie aus, in deren Verlauf sich um das Implantat herum Erreger einnisten konnten.

Das Alter spielt eine Rolle

Die wichtigsten Risikofaktoren für eine Knochen- oder Gelenklisteriose sind danach ein Alter von über 60 Jahren und Gelenkimplantate (bei über 80 Prozent).

Eine Immunsuppression oder Therapie mit Kortikosteroiden spielte eine geringere Rolle (33 Prozent), ebenso eine Rheumatoide Arthritis (16 Prozent), wobei dies möglicherweise auf die Therapie mit TNF-alfa-Blockern zurückzuführen war.

Ganz entscheidend für den Erkrankungsverlauf ist offenbar die chirurgische Entfernung des Implantats. In der Studie versagte die Therapie mit Antibiotika nur bei fünf Patienten, bei denen das Implantat im Körper geblieben war.

Forscher: Bei der Implantation bilden sich "Nischen"

Bei der Implantation bilden sich nach Ansicht der Forscher "Nischen", welche offenbar eine Bildung von Biofilmen der Keime fördern, den Blutfluss reduzieren und die Phagozytose hemmen.

Die Daten stammen dabei aus einem Zeitraum von 18 Jahren. Dabei war die Zahl der Fälle mit Knochen- oder Gelenklisteriose vor allem ab 2008 deutlich gestiegen.

Nach Ansicht der Forscher spiegelt das die wachsende Prävalenz von Risikofaktoren wider, sowohl für die Listeriose als auch für septische Arthritiden: Nicht nur das Durchschnittsalter der Patienten sei gestiegen, sondern auch die Zahl der Implantationen künstlicher Gelenke und die Häufigkeit immunsuppressiver Therapien.

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