Toxoplasmose

Vom Parasiten in den Suizid getrieben

Toxoplasmodien sind nicht nur für Katzen gefährlich - auch den Menschen können sie infizieren. Die haben dann sogar ein erhöhtes Suizid-Risiko, berichten dänische Psychiater. Vor allem Schwangere sind betroffen. Eine Erklärung dafür könnten Kreuzreaktionen sein.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Plagegeist mit neurologischen Nebenwirkungen: Toxoplasma gondii

Plagegeist mit neurologischen Nebenwirkungen: Toxoplasma gondii

© Dr. L.L. Moore, Jr. / CDC

AARHUS. Die Ergebnisse einer umfangreichen dänischen Studie stützen die Hypothese, dass Schwangere, die sich mit Toxoplasma gondii infiziert haben, ein erhöhtes Risiko für autoaggressives Verhalten haben, bis hin zum versuchten Suizid.

Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass die Blut-Hirn-Schranke überquerende IgG-Antikörper im Gehirn durch Kreuzreaktionen neuropathologische Reaktionen auslösen.

Bereits in zwei früheren Studien gab es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer Infektion mit Toxoplasma gondii und Suizidversuchen.

Jetzt haben dänische Psychiater diese Assoziation in einer prospektiven Kohortenstudie auf der Basis eines umfangreichen Registers überprüft (Arch Gen Psychiatry 2012; 69: 1123-1130). Das Follow-up betrug fast 14 Jahre, wodurch die Studie die längste dieser Art ist.

Den Wissenschaftlern standen die Daten von 45.788 Frauen zur Verfügung. Für die Studie wurden die Serumspiegel von IgG-Antikörpern ihrer Neugeborenen gemessen, die zwischen 1992 und 1995 zur Welt kamen.

Die Forscher gehen davon aus, dass die IgG-Werte bei Neugeborenen mit denen der Mütter eng korrelieren, da die Immunglobuline die Plazenta passieren.

Zudem sind bei Neugeborenen vor dem dritten Lebensmonat keine eigenen IgG-Immunglobuline zu erwarten.

Suizid-Inzidenz wurde bestimmt

Die IgG-Bestimmung im Blut erfolgte fünf bis zehn Tage nach der Geburt im Zusammenhang etwa mit einem Test auf Phenylketonurie. Darüber hinaus bestimmten die Wissenschaftler bei den Frauen die Inzidenz von autoaggressivem Verhalten, Suizidversuchen und Suiziden.

Für die Beurteilung musste mindestens eines von fünf Kriterien erfüllt sein, unter anderem die Diagnose einer psychischen Störung anhand der ICD-10-Klassifikation (E9500 bis E9599) sowie die Diagnose einer Vergiftung etwa mit Antiepileptika, Schlafmitteln oder Kohlenmonoxid.

Im Vergleich zu nichtinfizierten Müttern hatten Mütter nach einer Infektion mit Toxoplasmen ein eineinhalbfach erhöhtes relatives Risiko (RR) für autoaggressives Verhalten (RR = 1,53; 95%-Konfidenzintervall zwischen 1,27 und 1,85).

Das geschätzte relative Risiko für einen Suizidversuch lag bei 1,81 (95%-Konfidenzintervall zwischen 1,13 und 2,84; p = 0,01) und das für einen Suizid bei 2,05 (95%-Konfidenzintervall zwischen 0,78 und 5,20; p = 0,14).

Letzteres ein nicht signifikanter Risikoanstieg, der sich auf die Daten von nur acht seropositiven Frauen stützt. Insgesamt 18 der 45.788 Frauen nahmen sich das Leben.

Die Daten bestätigen die Ergebnisse früherer Studien im US-Bundesstaat Maryland, in der Türkei und in Deutschland.

In der dänischen Studie stellte sich zudem heraus, dass die Wahrscheinlichkeit für Autoaggressionen umso höher war, je höher die IgG-Serumtiter lagen.

Mehr zum Thema

Impfempfehlungen

Neuer STIKO-Chef fordert mehr Personal

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert