Kongenitale CMV-Infektion

Passive Impfung schützt nicht

Eine Übertragung von Zytomegalieviren während der Schwangerschaft ließ sich in einer Phase-II-Studie mit Immunglobulinen nicht wirkungsvoll verhindern. Die Behandlung offenbarte zudem einige Risiken.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:

PADUA. Etwa ein halbes Prozent der Kinder sind bei der Geburt mit Zytomegalieviren (CMV) infiziert, davon entwickelt jedes fünfte Baby ernsthafte Symptome wie kognitive oder motorische Defizite oder einen Hörverlust.

Das höchste Übertragungsrisiko besteht, wenn die Mutter während der Schwangerschaft erstmals mit dem Virus infiziert wird. Dann wird der Erreger auf etwa 40 Prozent der Feten übertragen. Riskant für das Ungeborene ist vor allem eine Übertragung im ersten Trimenon, die Gefahr von Schäden ist in diesem Fall am größten.

Als mögliche Prophylaxe wird derzeit eine passive Impfung mit sogenannten Hyperimmunglobulinen diskutiert - also stark angereicherten polyklonalen Antikörpern gegen CMV. In einer offenen Studie konnte damit die Infektionsrate von 40 auf 16 Prozent gesenkt werden.

Italienische Forscher um Dr. Maria Grazia Revello haben nun geschaut, ob sich die Ergebnisse in einer placebokontrollierten Studie wiederholen lassen (N Engl J Med 2014; 370: 1316).

Dafür konnten sie 123 Schwangere gewinnen, bei denen eine Primärinfektion mit CMV angenommen wurde. Diese Frauen zeigten entweder eine Serokonversion während der Schwangerschaft oder einen hohen Wert für das Verhältnis spezifischer IgM zu IgG. Bei einer Primärinfektion sind die Werte für IgG in der Regel noch sehr niedrig.

Studie zu klein für signifikante Ergebnisse

61 der Frauen bekamen nun Hyperimmunglobulin gegen CMV (100 U/kg) infundiert, 62 eine Placebolösung, und zwar alle vier Wochen bis zur 36. Schwangerschaftswoche. Von einer Infektion des Fetus wurde ausgegangen, wenn entweder das geborene Kind CMV-positiv war oder eine CMV-Infektion des Fetus bei einem Abort oder per Amniozentese nachgewiesen wurde.

Von den 61 Frauen mit passiver Impfung brachten 53 ein Kind lebend zur Welt, insgesamt waren 18 von 61 Feten und Kindern infiziert (30 Prozent). In der Placebogruppe kamen 51 Kinder lebend zur Welt, insgesamt waren hier 27 Feten und Kinder infiziert (44 Prozent). Der Unterschied war jedoch nicht statistisch signifikant - er beruhte mit einer Wahrscheinlichkeit von 13 Prozent auf Zufall.

Keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gab es auch bei der Viruslast im Fruchtwasser oder bei der CMV-DNA-Konzentration im Blut und Urin infizierter Neugeborener.

Bedenklich war hingegen eine Häufung unerwünschter Wirkungen in der Impfgruppe: Bei 13 Prozent wurden hier obstetrische Komplikationen wie Frühgeburt, Präeklampsie und verzögertes fetales Wachstum registriert, in der Placebogruppe war dies nur bei 2 Prozent der Fall.

Auch hier wurde das Signifikanzniveau verfehlt, mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 6 Prozent jedoch nur knapp. Auffällig blieb jedoch die hohe Rate von Frühgeburten: Eine solche wurde bei sieben Müttern mit Hyperimmunglobulin, aber nur bei einer mit Placebo beobachtet. Hörprobleme und andere Defizite traten in beiden Gruppen etwa gleich häufig auf.

Ein großes Manko der Studie war die geringe Zahl der Teilnehmerinnen. Sowohl um einen Nutzen als auch einen Schaden dokumentieren oder ausschließen zu können, hätte die Studie weitaus größer sein müssen, oder anders formuliert: Die Therapieeffekte waren geringer als erwartet. Zwei laufende Phase-III-Studien werden hier hoffentlich mehr Klarheit schaffen.

Ein Test auf CMV bei Schwangeren bleibt dennoch sinnvoll: Seronegative Frauen können durch besondere Schutzmaßnahmen versuchen, eine Infektion während der Schwangerschaft zu verhindern.

Ein Ärzte-Ratgeber und weitere Informationen zu CMV gibt es beim Robert-Koch-Institut.

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