Anthrax-Panne

US-Labore im Kreuzfeuer der Kritik

Anthrax, Pocken und Influenzaviren: In den letzten Monaten hat es in US-Laboren zahlreiche Pannen gegeben. Jetzt drohen Konsequenzen.

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ATLANTA. Nach mehreren Pannen mit gefährlichen Krankheitserregern sind Forschungseinrichtungen in den USA in die Kritik geraten. Auch die zuständige US-Seuchenkontrollbehörde CDC sieht sich mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Dort wurde jetzt ein Labor geschlossen. Außerdem wurde ein Moratorium für die Weitergabe von Viren, Bakterien und Co. verhängt.

Vorangegangen war der Affäre eine Panne in den CDC-Laboren am Hauptsitz in Atlanta. Dort waren lebensfähige Bacillus anthracis von einem Labor der Sicherheitsstufe BSL-3 in eines der niedrigeren Stufe BSL-2 gelangt. Dadurch sind schätzungsweise 80 Mitarbeiter potenziell gefährlichen Anthraxsporen ausgesetzt gewesen. Bislang ist allerdings niemand erkrankt.

In einem am Freitag vorgelegten Untersuchungsbericht kommt die CDC zu dem Schluss, dass Verstöße gegen das Studienprotokoll zu der Panne geführt haben. So sollen die Sporen nicht ordnungsgemäß inaktiviert worden sein. Außerdem wiesen die Verfahrensanweisungen (SOP) für den Umgang mit inaktivierten Erregern Regelunglücken auf.

Während der Fertigstellung des Untersuchungsberichts wurde zudem eine weitere Panne in einem CDC-Influenzalabor Anfang des Jahres bekannt. Damals soll eine Kultur nichtpathogener aviärer Influenza mit Viren des gefährlichen H5N1-Stamms unbeabsichtigt kontaminiert und an ein BSL-3-Labor des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) versendet worden sein. Erkrankt sind deswegen keine Mitarbeiter. Die CDC hat ihr Influenzalabor dennoch bis auf Weiteres geschlossen.

Die Pannen stehen in einer Reihe für die CDC unangenehmer "Sicherheitsbrüche". In der vergangenen Woche waren etwa "vergessene" Pockenviren aus den 1950er Jahren in einem US-Labor gefunden worden.

Am Mittwoch müssen sich Vertreter der betroffenen Behörden vor einem Untersuchungsausschuss im US-Repräsentantenhaus verantworten. Erste Stimmen fordern bereits, die Zahl der Labore, die mit Krankheitserregern forschen, zu reduzieren. Tatsächlich ist deren Menge in den vergangenen zehn Jahren von rund 400 auf jetzt knapp 1500 drastisch gestiegen.

Hintergrund dafür sind Bestrebungen der US-Politik, sich auf Pandemien und mögliche bioterroristische Angriffe vorzubereiten. Selbst CDC-Direktor Dr. Thomas Frieden forderte nun aber: "Eines der Dinge, die wir tun sollten, ist die Zahl der Labore, die mit gefährlichen Stoffen arbeiten, auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren."

Bereits im Jahr 2012 war eine ähnliche Diskussion aufgeflammt. Damals ließen im Labor gezüchtete hochpathogene Influenzaviren Befürchtungen vor den Folgen dieser Forschung wachsen. Eine der damals geäußerten Bedenken war ebenjenes, das sich jetzt bewahrheitet hat, nämlich dass das Laborpersonal selbst eine potenzielle Gefahr darstellt. (nös)

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