Entschieden

Medizin-Nobelpreis für Parasiten-Bekämpfer

Der Medizin-Nobelpreis geht in diesem Jahr an drei Forscher, die Wirkstoffe gegen die Tropenkrankheiten Malaria, Flussblindheit und Elefantiasis entwickelt haben.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Mit dem Medizin-Nobelpreis werden Fortschritte bei Krankheiten in Entwicklungsländern gewürdigt.

Mit dem Medizin-Nobelpreis werden Fortschritte bei Krankheiten in Entwicklungsländern gewürdigt.

© nobelprize.org

STOCKHOLM. Alle drei Laureaten des diesjährigen Medizin-Nobelpreises haben sich mit Parasitosen befasst. Bei den Preisträgern handelt es sich um die Chinesin Youyou Tu (85), den in Irland geborenen und in den USA lebenden William Campbell (85) und den Japaner Satoshi Omura (80).

Tu erhält eine Hälfte des mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 855.000 Euro) dotierten Preises, die andere Hälfte teilen sich Campbell und Omura. Überreicht wird der Preis am 10. Dezember in Stockholm.

Youyou Tu ist Pharmazeutin und hat am Institut für Materia Medica der Chinesischen Akademie für traditionelle chinesische Medizin gearbeitet.

Angeregt durch Hinweise aus Schriften des chinesischen Altertums gelang es ihr Anfang der 1970er-Jahre, den Wirkstoff Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) zu extrahieren und daraus später das Derivat Dihydroartemisinin zu synthetisieren.

Artemisinin wird weltweit in der Behandlung schwerer Formen der Malaria eingesetzt. Tu ist die zwölfte Frau unter 210 Medizin-Nobelpreisträgern seit 1901.

Kampf gegen Fadenwurm-Krankheiten

Campbell und Omura werden für die Fortschritte geehrt, die sie im Kampf gegen Fadenwurm-Krankheiten wie die lymphatische Filariose und die Onchozerkose erzielt haben. Die Filariose kann zur Elephantiasis, die Onchozerkose zur Flussblindheit voranschreiten.

Omura ist promovierter Chemiker und Pharmazeut sowie Mikrobiologe. Bekannt geworden ist er durch die Entwicklung neuer Techniken zur Kultivierung von Bakterien und Pilzen und zur Suche nach Arzneistoffen unter deren Stoffwechselprodukten.

Besonderes Augenmerk richtete er auf Streptomyces, eine Gattung von Actinobakterien. Von ihnen war bekannt, dass sie eine Vielzahl pharmakologisch wirksamer Substanzen produzieren - darunter Streptomycin. Doch galten die Keime als notorisch schwierig zu kultivieren.

Bei der Arbeit mit Omuras Kulturen entdeckte der Parasitologe und Biochemiker Campbell, dass eine Komponente aus der Kultur mit Streptomyces avermitilis bemerkenswert gut gegen Parasitenerkrankungen von Haustieren wirkte.

Das bioaktive Agens wurde isoliert und als Avermectin bezeichnet. Aus einer chemischen Modifikation entstand das wirksamere Ivermectin. Bei dessen Erprobung gegen Parasitosen von Menschen zeigte sich, dass es Mikrofilarien, die Larven parasitischer Fadenwürmer, effektiv abtötet.

Entdeckung neuer Klasse hochwirksamer Medikamente

Erste erfolgreiche Studien mit Ivermectin gegen die Flussblindheit gab es Anfang der 1980er Jahre. Omuras und Campbells Forschungsbeiträge führten schließlich zur Entdeckung einer neuen Klasse hochwirksamer Medikamente gegen parasitäre Infektionskrankheiten.

Die eigentliche Leistung sieht Omura freilich weder bei Campbell noch bei sich, sondern bei den von ihm erforschten Mikroorganismen.

Von ihnen habe er vieles gelernt, sagte er in einer Reaktion auf die Auszeichnung einem japanischen Fernsehsender: "Es wäre angemessen, wenn man ihnen den Preis verleihen könnte."

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