Baden ja, rasieren nein

Neuer Ratgeber zur Op-Vorbereitung

Die WHO hat neue Empfehlungen zur Vermeidung postoperativer Wundinfektionen herausgegeben. Sie raten den Patienten im Zweifelsfall beharrlich zu sein – und einfach nachzufragen.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Simpel, aber effektiv: Patienten sollen laut WHO vor einer Op baden oder duschen.

Simpel, aber effektiv: Patienten sollen laut WHO vor einer Op baden oder duschen.

© gradt / fotolia.com

GENF. Wundinfektionen in der Chirurgie gelten als prinzipiell vermeidbar. Dennoch sind sie sowohl in den USA wie in Europa die zweithäufigste Form nosokomialer Infektionen. Und sie sind problematisch: In Untersuchungen wiesen 60 Prozent der Keime aus infizierten Wunden Resistenzen gegen Antibiotika auf.

Ein internationales Team von Infektiologen mit Dr. Peter Bischoff von der Berliner Charité hat nun zusammen mit der WHO-Gruppe für die Leitlinien-Entwicklung 400 Studien dazu gesichtet.

Aus den Erkenntnissen haben die Spezialisten Leitlinien zur Prävention postoperativer Wundinfektionen formuliert (Lancet Infect Diseases 2016; online 3. November; doi: 10.1016/S1473-3099(16)30398-X und 10.1016/S1473-3099(16)30402-9).

Viel Selbstverständliches

Bei den präoperativen Maßnahmen findet sich seit Langem Selbstverständliches, etwa Patienten vor einer Operation baden oder duschen zu lassen. Die Experten legen sich dabei nicht fest, ob normale oder antimikrobielle Seife verwendet werden sollte – beides sei für den Zweck geeignet, schreiben sie.

Aber auch Umstrittenes wie die präoperative Haarentfernung enthält der Katalog. Mit eindeutigen Worten verbannen die WHO-Infektiologen den Nassrasierer ins Museum: Vom Rasieren werde "stark abgeraten, und zwar zu allen Zeiten, sowohl präoperativ wie im Operationssaal selbst".

Haare seien entweder gar nicht oder aber, falls unbedingt nötig, mit einer Haarschneidemaschine zu entfernen. Eine ähnliche Empfehlung hatte schon 2007 die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut gegeben.

Ein Desinfiziens überlegen

Als Desinfiziens für die Haut an der Operationsstelle empfiehlt die WHO Chlorhexidin-Glukonat in Lösungen auf alkoholischer Basis. Es habe in Studien das Risiko für Wundinfektionen im Vergleich zu Povidon-Iod signifikant gesenkt.

Eine starke Empfehlung sprechen die Wissenschaftler der WHO auch mit Blick auf die Antibiotikaprophylaxe aus. Sofern indiziert, sollte die prophylaktische Gabe vor dem ersten Schnitt erfolgen, und zwar unter Berücksichtigung der Halbwertzeit des verwendeten Antibiotikums innerhalb von zwei Stunden vor Operationsbeginn.

Je kürzer die Halbwertzeit, desto näher sollte die Verabreichung an den Beginn der Op heranrücken. Eine intraoperative Auffrischung der Antibiotikaprophylaxe sei indiziert, wenn der Eingriff mehr Zeit beanspruche als zwei Halbwertzeiten oder wenn der Patient viel Blut verliere.

Eine präventive Verordnung von Antibiotika über das Ende des operativen Eingriffs hinaus lehnen die WHO-Infektiologen hingegen ab.

Patienten sollen ruhig Chirurgen nach Richtlinien fragen

"Früher oder später werden sich viele von uns einer Operation unterziehen müssen, aber keiner will sich auf dem OP-Tisch eine Infektion einfangen", sagte Dr. Edward Kelley, Direktor der WHO-Abteilung für Dienstleistung und Sicherheit.

Die Anwendung der Empfehlungen könne helfen, Schaden zu vermeiden, die Lebensqualität zu verbessern und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern. "Wir empfehlen Patienten", so Kelley, "vor einer Operation ihre Chirurgen zu fragen, ob sie die WHO-Empfehlungen befolgen."

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