Antibiotika-Resistenzen

Schwarze Liste der gefährlichsten Bakterien

Gegen welche resistenten Bakterien müssen weltweit am dringlichsten neue Antibiotika entwickelt werden? 70 Experten aus der ganzen Welt haben hierzu Stellung genommen. Das Ergebnis hat die WHO jetzt als Liste publiziert.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Auch Pseudomonas aeruginosa stehen auf der Liste der gefährlichsten Bakterien.

Auch Pseudomonas aeruginosa stehen auf der Liste der gefährlichsten Bakterien.

© Sebastian Schreiter / Springer Medizin Verlag GmbH

GENF. Nur durch internationale Zusammenarbeit lässt sich künftig der Bedarf an neuen Antibiotika gegen schwere Infektionen sichern. Weil hier die Zeit drängt, steht das Problem ganz oben auf der Agenda von Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Deutschland hat nämlich auf dem letzten G20-Gipfel den Auftrag erhalten, in Zusammenarbeit mit anderen Ländern ein ökonomisches Programm zur Förderung der Antibiotika-Forschung aufzustellen.

Das Ministerium hat deshalb die WHO gebeten, für das Programm eine Prioritätenliste zu entwickeln, berichtet Professor Evelina Tacconelli in einer Mitteilung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Ein Team um die DZIF-Forscherin von der Universität Tübingen hat das Projekt nun im WHO-Auftrag koordiniert. Die Liste soll dazu dienen, der internationalen Antibiotika-Forschung eine gemeinsame Zielrichtung zu geben.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

"Das Problem ist, dass die Pharmaindustrie momentan nicht in die Entwicklung neuer Antibiotika investieren will, weil es für sie wirtschaftlich nicht interessant ist", betont die Infektiologin. Deswegen macht die WHO nun konkrete Vorschläge, wohin Forschungsgelder fließen sollen. Angesprochen sind dabei sowohl die Industrie als auch öffentliche Institute und Universitäten. Für den öffentlichen Sektor sollen jetzt Politiker in Industrieländern Beschlüsse für Anreize und Investitionen beschließen. Beim G20-Gipfel im Mai soll nun über das Projekt weiter diskutiert werden.

Evidenz mit Expertenmeinungen verknüpft

Wie ist die Liste erstellt worden? Tacconelli und ihr Team haben das Projekt geleitet und mit Experten der WHO zusammengearbeitet. Es gab ein "Coordinating Board" mit acht Experten aus verschiedenen Ländern. Hinzugezogen wurden Experten wichtiger Gesundheitsinstitutionen wie der Seuchenbehörden ECDC in Europa und den CDC in den USA sowie der Arzneimittelbehörden EMA und FDA sowie der US-National-Institutes of Health (NIH). Schließlich gaben 70 Experten aus Europa, Amerika, Asien, Afrika und Australien ihre Meinung dazu.

In einer "Multi Criteria Decision Analysis" wurden dabei Evidenz-basierte Studiendaten zu Multiresistenzen mit Expertenmeinungen verknüpft, berichtet Tacconelli in der Mitteilung. Dazu hat das Team zunächst die Evidenzen für Kriterien wie "Mortalität", "Bürde in Krankenhäusern und in der Gesellschaft", "Übertragbarkeit" und "Prävention" in der Literatur und in Projekten recherchiert. Anschließend wurden die Evidenzen 70 Experten vorgelegt. Diese haben dann die Prioritäten dazu benannt. Aus den Daten wurde mit statistischen Methoden letztendlich die finale Liste ermittelt.

Das Ergebnis: Zwölf Bakteriengruppen sind mit Priorität für die Antibiotika-Forschung ausgewählt worden. Diese haben die Forscher in drei Gruppen eingeteilt: Erreger mit kritischer, hoher und mittlerer Priorität. Wie erwartet, finden sich gefährliche Krankenhauskeime in der Gruppe mit kritischer Priorität: Acinetobacter, Pseudomonas und verschiedene Enterobakterien wie E. coli. Weitverbreitete Keime, wie zum Beispiel Gonokokken oder Salmonellen, wurden als hohes Risiko klassifiziert.

Mehr zum Thema

Aids- und Infektiologietage

Die wichtige Rolle der Hausärzte in der HIV-Behandlung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen