Eine einzige Mutation

Wie wurde das Zika-Virus virulent?

Eine einzige Mutation hat einer Studie zufolge die Entwicklung des Zika- Virus von einem wenig pathogenen hin zu einem virulenten Virus ausgelöst.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:
Stark pathogen oder weniger? Den Unterschied macht beim Zika-Virus, der u.a. von Aedes Aegypti Moskitos übertragen wird, möglicherweise eine einzige Genmutation aus.

Stark pathogen oder weniger? Den Unterschied macht beim Zika-Virus, der u.a. von Aedes Aegypti Moskitos übertragen wird, möglicherweise eine einzige Genmutation aus.

© Photoshot / picture-alliance

PEKING. Eine chinesische Forschergruppe hat die Evolution des Zika-Virus‘ rekonstruiert: Von einem eher wenig pathogenen bis zu einem virulenten Virus, der in den vergangenen Jahren bei Infektion von Schwangeren Mikrozephalien bei Föten auslöste. Die Wissenschaftler vermuten nur eine einzige Mutation als Ursache für diese Wandlung (Science 2017; doi: 10.1126/science.aam7120).

Genetische Verwandschaftsanalyse

In ihrer Studie verglichen die Forscher um Li Yuan von der University of Chinese Academy of Sciences das Genom einer weniger pathogenen Variante des Zika-Virus‘ aus dem Jahr 2010 mit den Varianten, die bei den Ausbrüchen 2015 und 2016 aufgetreten waren. Mithilfe genetischer Verwandtschaftsanalysen datierten sie das erstmalige Auftreten der Mutation "S139N" auf Mai 2013, also zum Zeitpunkt des ersten großen Zika-Ausbruchs in Französisch-Polynesien und Lateinamerika, in dessen Folge Kinder mit Mikrozephalie geboren wurden.

Sie überprüften ihre Theorie, indem sie Mutanten eines Ausgangsvirus erzeugten, die einzelne zusätzliche Pathogenität-induzierende Genveränderungen enthielten. Dann analysierten sie, wie gut die verschiedenen Viren neuronale Vorläuferzellen von Mäusen und Menschen in Kultur infizieren und der Mikrozephalie ähnliche Embryopathien im Maus-Modell hervorrufen konnten. Das Virus mit der Mutation S139N stellte sich als besonders virulent heraus.

Erklärung für die Virulenz?

Professor Jan Drexler von der Charité Berlin gibt allerdings zu bedenken: "Eine einzige Mutation kann das sicherlich nicht erklären." Es gebe viele weitere Faktoren, die die Virulenz bedingen könnten. "Um das abzuschätzen, kann man sich im Falle des Zika-Virus‘ die Frage stellen, warum die meisten Mikrozephalie-Fälle in Nordost-Brasilien auftreten. Den Studienergebnissen zufolge müsste die gefährliche Variante des Zika-Virus, die durch die eine Mutation entstanden ist, nur dort zirkuliert haben." Ähnlich sieht das auch Professor Daniela Huzly vom Universitätsklinikum Freiburg: "Die Studie geht davon aus, dass das Virus über die Zeit pathogener geworden ist. Diese Annahme erklärt jedoch nicht, warum im Nordosten Brasiliens eine fünfmal höhere Zunahme der Mikrozephaliefälle beobachtet wurde als in den nachfolgenden Ausbreitungsgebieten."

Fraglich sei zudem , ob ein genetischer Unterschied, wie ihn die chinesische Arbeitsgruppe annehme, überhaupt vorliegen muss, um die Folgen einer Zika-Infektion zu erklären.

Dennoch scheint die Mutation S139N zumindest einer der Faktoren zu sein, der die Entwicklung des Virus von einem eher harmlosen zu einem virulenten Virus beeinflusst hat.

Das Wichtigste zum Zika-Virus

  • Erstmals wurde das Virus 1947 aus einem Affen im Zikawald in Uganda isoliert.
  • Größere Ausbrüche beim Menschen wurden 2007 in Mikronesien und ab 2013 im pazifischen Raum beobachtet.
  • Seit 2015 breitet sich das Virus in Mittel- und Südamerika aus.
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“