Syphilis, Tripper und Co.

Wenig bekannte Nebenwirkungen des Geschlechtsverkehrs

Bei sexuell übertragbaren Krankheiten denken viele an HIV und Aids. Doch nur wenige wissen über Syphilis, Chlamydien, Herpes genitalis und Co. Bescheid - dabei nimmt die Zahl dieser Infektionen stetig zu. Der heutige Welttag der sexuellen Gesundheit soll die Geschlechtskrankheiten ins Bewusstsein der Menschen bringen.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Sex macht Spaß. Doch Vorsicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

Sex macht Spaß. Doch Vorsicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

© Digital Vision. / Photodisc / Thinkstock

Zum fünften Mal finden am 4. September weltweit Veranstaltungen zum Welttag für sexuelle Gesundheit statt, um die Menschen für dieses Thema weiter zu sensibilisieren.

In diesem Jahr steht der Tag, den die World Association for Sexual Health (WAS) im Jahr 2010 ins Leben gerufen hat, unter dem Motto "Sexual health: the wellbeing of sexuality".

Damit fokussiert die WAS auf die Definition von sexueller Gesundheit, die bereits 2002 von dem Verband in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) formuliert worden war.

Demnach ist sexuelle Gesundheit "der Zustand körperlichen, emotionalen, geistigen und sozialen Wohlbefindens" in Bezug auf Sexualität und bedeutet nicht nur die "Abwesenheit von Krankheit, Funktionsstörungen oder Schwäche".

Sexuelle Gesundheit erfordert dieser Definition zufolge "sowohl eine positive, respektvolle Herangehensweise an Sexualität und sexuelle Beziehungen als auch die Möglichkeit für lustvolle und sichere sexuelle Erfahrungen", die frei von Zwängen, Diskriminierung und Gewalt sind. Die sexuellen Rechte aller Menschen müssten anerkannt, geschützt und eingehalten werden, wenn sexuelle Gesundheit erreicht und bewahrt werden solle.

In Deutschland fördert auch die Deutsche STI-Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit, DSTIG) die sexuelle Gesundheit in diesem Sinne (Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 913-921).

Nebenwirkung des Geschlechtsverkehrs

Für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist selbst in den Zeiten von HIV und Aids in Deutschland das Risiko für eine STI (sexually transmitted infection) eine "weitgehend unbekannte Nebenwirkung des Geschlechtsverkehrs".

Nach Angaben der BZgA-Direktorin Professor Elisabeth Pott kennen die Menschen heute HIV und Aids, doch die wenigsten wüssten, was Syphilis-Erreger, Chlamydien, Gonorrhö, Hepatitis-B- und -C-Viren, Herpes genitalis, HPV/Papillomaviren und Trichomonaden seien und dass sie zur Gruppe der STI-Erreger gehörten.

Sie erinnerte vor Kurzem aus Anlass einer BZgA-Ausstellung zum Thema sexuelle Gesundheit in Saarbrücken daran, dass STI das Risiko einer HIV-Infektion um das Zwei- bis Zehnfache erhöhen können.

Tatsächlich sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) die Meldezahlen unter anderem für Syphilis, Gonorrhö und Infektionen mit Chlamydia trachomatis in den vergangenen Jahren in vielen Industrieländern deutlich gestiegen (Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 1600-1608).

Seit 2010 nimmt zum Beispiel in Deutschland die Zahl der jährlichen Neuinfektionen mit dem Syphilis-Erreger Treponema pallidum zu. Seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes Anfang 2001 werden die Daten dazu nichtnamentlich an das RKI gemeldet.

Die Zahl lag für das Jahr 2012 mit fast 4500 Erkrankungen bereits deutlich höher als die der HIV-Neuinfektionen mit etwa 3000. Die Zahl der Meldungen bei Männern war dabei viel höher als bei Frauen. Dem RKI zufolge stieg sie von 2820 im Jahr 2010 auf 4110 zwei Jahre später. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Meldungen bei Frauen von 207 auf 296 (Epid Bull 2013; 44: 449-456).

Versorgungsstruktur in England ist vorbildlich

Um dem Anstieg der STI-Neuinfektionen wirksam begegnen zu können und die sexuelle Gesundheit unter diesem Aspekt zu verbessern, plädiert die DSTIG für eine Versorgungsstruktur, wie sie in den GUM-Kliniken (Genito-urinary Medicine) in England zu finden ist. Diese könnten auch ein Modell für Deutschland sein.

Das hat Professor Norbert Brockmeyer von der Universität Bochum, Präsident der DSTIG, beim STI-Kongress der Gesellschaft vor Kurzem in Berlin betont. Auf insgesamt drei Ebenen sind in die Versorgung unter anderem Klinikärzte, öffentlicher Gesundheitsdienst, Sozialarbeiter, aber auch spezialisierte Ärzte, Psychologen sowie Allgemeinmediziner einbezogen.

Die Zentren böten eine niedrigschwellige Versorgungsstruktur, "die sexuelle Gesundheit für alle Teile der Bevölkerung als öffentliche Aufgabe wahrnimmt und Patientinnen und Patienten umfassend und an einem Ort versorgt", heißt es in einer Stellungnahme der DSTIG zur sexuellen Gesundheit.

Dass Aufklärung und Prävention von Infektionskrankheiten erfolgreich sein kann, hat der Umgang mit der HIV-Epidemie in Deutschland gezeigt. Brockmeyer: "Aus den letzten 30 Jahren HIV sollten wir lernen.

Deutschland hat die niedrigsten HIV-Inzidenzen weltweit, weil die wesentlichen Prinzipien von Entstigmatisierung, Fürsorge und Annahme, Liberalität und zivilgesellschaftlichen Rechten durchgesetzt und befolgt wurden." Wichtig sei, dass "wir mit und nicht über die Betroffenen reden müssen".

Sie seien die Lösung und nicht das Problem.Nach Ansicht von Brockmeyer sind die meisten Ärzte im Zusammenhang mit STI nicht genügend ausgebildet. Die DSTIG bietet die wichtigsten Information zu Diagnostik und Therapie von Geschlechtskrankheiten in einem knappen Klinikleitfaden an, dessen 2. Auflage seit Kurzem zur Verfügung steht.

Die Mitglieder der DSTIG-Sektion Sexuelle Gesundheit haben darüber hinaus Hinweise zur STI-Beratung zusammengestellt, die in die aktualisierte Ausgabe des Leitfadens aufgenommen worden sind. Zu einer STI-Beratung gehören auch Empfehlungen zur Impfprophylaxe und das Angebot einer Überprüfung des Impfstatus.

 

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