Verdachtsfälle

Ebola - Schreckgespenst in Europa

Großalarm in Berlin: Ein Ebola-Verdacht hat in einem Jobcenter für Wirbel gesorgt. Auch in Belgien und Spanien gab es Verdachtsfälle. In Westafrika steigt die Zahl der Todesopfer weiter. Die WHO empfiehlt Reiseverbote für Verdachtspatienten.

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Mit Mundschutz: Polizistin am Dienstag vor dem Jobcenter an der Storkower Straße.

Mit Mundschutz: Polizistin am Dienstag vor dem Jobcenter an der Storkower Straße.

© Paul Zinken / dpa

NEU-ISENBURG. Eine Verdachtsdiagnose Ebola-Viruskrankheit (EVD) hat am Dienstagnachmittag in Berlin für Wirbel gesorgt. Eine 30-jährige Frau wird dort derzeit am Virchow-Klinikum der Charité in Isolation untersucht. Erste Einschätzungen der behandelnden Ärzte deuten allerdings auf eine Magen-Darm-Infektion hin.

Zwar sei die Frau zuvor in Nigeria gewesen, hieß es. Sie soll sich dort aber nicht in von Ebola betroffenen Gebieten aufgehalten haben. Update Mi., 08:24 Uhr: Eine Laboranalyse konnte eine EVD-Infektion am Dienstagabend nach Angaben der Charité ausschließen. Die Frau leide vielmehr an einer Malaria, hieß es.

Die Frau war am Vormittag in einem Jobcenter zusammengebrochen. Weil sie offenbar fiebrig wirkte, wurde die gesamte Rettungskette nach Seuchenschutzkriterien samt Amtsmedizin aufgefahren.

Vor Ort wurde der Bereich abgesperrt, Besucher des Jobcenters durften den Bereich für einige Zeit nicht verlassen. Außerdem wurden insgesamt sechs Kontaktpersonen zunächst ebenfalls stationär aufgenommen.

Verdachtsfälle in Belgien und Spanien

Ein weiterer Ebola-Verdachtsfall im belgischen Oostende hat sich am Dienstag ebenfalls nicht bestätigt. Dort war ein 13-Jähriger zuvor im Krankenhaus "Az Damiaan" isoliert worden worden, berichteten belgische Medien am Dienstag.

Bekannt war zuvor eine Plasmodieninfektion, die sich nun als maßgeblich für die Fiebersymptomatik herausgestellt hat. Die Malaria gilt in Guinea als endemisch und ist bekanntlich eine der wichtigsten Ausschlussdiagnosen bei EVD. Da der junge Patient mit hohem Fieber aufgenommen wurde und vergangene Woche aus der guineischen Hauptstadt Conakry eingereist war, mussten die Ärzte wegen der Reiseanamnese zuvor auch von einer Ebola-Infektion ausgehen.

Aus Spanien wurde am Dienstagmorgen ebenfalls ein EVD-Verdachtsfall gemeldet. Nach Angaben der Behörden soll in Bilbao ein Patient mit Verdachtssymptomen in einer Klinik unter Quarantäne gestellt worden sein. Der Mann sei kürzlich von einer Reise aus Sierra Leone zurückgekehrt, hieß es.

Ein Patient mit positiver Reiseanamnese (Aufenthalt in den letzten 21 Tagen in einem Endemiegebiet) sowie der typischen klinischen Symptomatik und einem möglichen Kontakt zu Infizierten oder Wirtstieren gilt gemeinhin als Verdachtsfall - mit den entsprechenden Konsequenzen für den ärztlichen Erstkontakt.

In Deutschland würde ein solcher Patient außerdem dann als begründeter EVD-Verdacht gelten, wenn er nach dem Aufenthalt in den Ebola-Ausbruchsregionen (Guinea, Liberia, Sierra Leone und Teilen Nigerias) in de EVD-Inkubationszeit eine Blutungsneigung entwickelt hat oder sich in Höhlen und Minen aufgehalten hat - die typischen Habitate der Flughunde, die als Ebola-Reservoir gelten.

Ausgeschlossen werden müsste dann eine Plasmodieninfektion. Der positive Malaria-Befund alleine würde bei begründeten Verdachtsfällen eine Ebola-Infektion allerdings noch nicht ausschließen.

Ähnlich wie bei den beiden Patienten in Belgien und Spanien muss zunächst der Laborbefund zum Ebola-Nachweis (oder Ausschluss) vorliegen. Lediglich bei Patienten ohne begründeten Verdacht hebt ein positiver Malaria-Befund den Ebola-Verdacht auf.

1229 Todesopfer

Unterdessen ist die Zahl der Ebola-Erkrankten und Todesopfer in Westafrika weiter gestiegen. Bis zum 16. August seien 2240 Erkrankte (inklusive Verdachtsfällen) gemeldet worden, darunter 1229 Todesopfer, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO am Dienstag in Genf mit.

In den drei Tagen bis zum vergangenen Samstag sind demnach 84 weitere Todesfälle und insgesamt 113 neue Erkrankungsfälle laut offizieller Statistik hinzugekommen. Damit weitet sich die Epidemie auf nahezu demselben Niveau wie in den vergangenen Wochen aus.

Die WHO hatte am Montag die vier betroffenen Länder Westafrikas aufgerufen, sogenannte "Exit-Screenings" einzurichten. An allen internationalen Flug- und Seehäfen sowie den großen Grenzübergängen sollten sämtliche Personen auf Fiebersymptome gescreent werden. Reisenden mit typischen EVD-Symptomen (Fieber, Nausea, Emesis, Myalgien und Kopfschmerz, Diarrhoe) soll die Weiterreise verboten werden.

Auch nicht betroffene Länder - dazu zählen freilich auch die europäischen Staaten - sollen laut WHO ihre Kapazitäten ausbauen, Verdachtspersonen rasch zu identifizieren und in Quarantäne behandeln zu können. Erst am vergangenen Wochenende gab es am Frankfurter Flughafen einen Verdachtsfall, der sich kurze Zeit später allerdings als negativ erwies.

Neue WHO-Taskforce

Die WHO hat außerdem eine neue Taskforce mit den Luftfahrtverbänden ICAO, IATA und ACI sowie den Tourismusorganisationen UNWTO und WTTC eingesetzt. Die Arbeitsgruppe soll Luftfahrt- sowie Reiseanbieter zu Maßnahmen beraten, wie möglicherweise Infizierte erkannt und entsprechende Maßnahmen getroffen werden können.

Die neuen Maßnahmen gelten weniger einem vermeintlich hochkontagiösen Virus - Ebola ist bekanntlich nicht aerogen, sondern wird vor allem über den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen. Mit den Screenings und Vorsichtsmaßnahmen will die WHO verhindern, dass Infizierte die Erkrankung unbemerkt in andere Länder verschleppen.

Erst vor wenigen Wochen hatte ein Ebola-Patient die Viruskrankheit nach Nigeria gebracht. Am Flughafen der Millionenstadt Lagos war er zusammengebrochen und später gestorben. Seither zählt die WHO in Nigeria 15 Ebola-Verdachtsfälle, darunter vier Todesopfer. (nös)

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