Ebola-Epidemie

Keine Besserung in Sicht

Neue Zahlen der WHO belegen: Die Ebola-Epidemie breitet sich weiter aus. Besonders schlimm ist die Lage in Liberia. Besserung scheint nicht in Sicht: Die WHO rechnet damit, dass die Seuche erst in einigen Monaten eingedämmt werden kann.

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Infektion eines Hauses, in dem ein liberianischer Patient an Ebola verstorben ist.

Infektion eines Hauses, in dem ein liberianischer Patient an Ebola verstorben ist.

© Ahmed Jallanzo/dpa

GENF/BOSTON. Allen internationalen Anstrengungen zum Trotz breitet sich Ebola in Westafrika weiter ungebremst aus. Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwochabend in Genf mitteilte, stieg die Zahl der mutmaßlichen Ebola-Toten in Westafrika auf 1350.

Bei 805 Todesfällen sei das Ebola-Virus nachgewiesen worden, bei den anderen Opfern handele es sich um noch nicht bestätigte Verdachtsfälle.

Allein zwischen dem 17. und 18. August seien von den Ländern Guinea, Liberia, Nigeria und Sierra Leone 221 neue bestätigte und Verdachtsfälle sowie 106 weitere Ebola-Tote gemeldet worden. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.

Liberia: 576 Ebola-Tote

Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Krankheit besonders heftig in Liberia wütet: Dort wurden bis vorigen Montag 972 der insgesamt 2473 bestätigten oder Verdachtsfälle registriert. 576 Ebola-Tote wurden in dem Land erfasst.

Nigeria: Vorsichtiger Optimismus

In Nigeria habe sich die Situation wohl etwas beruhigt, meldete die WHO bereits am Dienstag. Bisher habe es keine neuen Ebola-Fälle gegeben, bei denen die Infektion nicht auf einen direkten Kontakt des Erkrankten mit dem Index-Ebola-Patienten zurückgeführt habe werden können.

Dieser hatte Lagos am 20. Juli erreicht und war fünf Tage später gestorben.

In den seitdem verstrichenen 21 Tagen, der Inkubationszeit bei Ebola-Infektionen, habe es zusätzlich zu den zwölf bestätigten Ebola-Fällen im Zusammenhang mit dem Index-Ebola-Patienten keine weiteren Fälle gegeben.

Es bestehe vorsichtiger Optimismus, so die WHO, dass die weitere Verbreitung von Ebola zumindest in Nigeria gestoppt werden könnte.

Prognose: Epidemie dauert noch Monate

Die Epidemie in Westafrika wird nach Einschätzung der WHO noch etliche Monate andauern, ehe sie eingedämmt werden kann. Zudem habe sich durch die Ausbreitung nach Nigeria gezeigt, dass das Ebola-Virus von infizierten Flugreisenden in "jede Stadt mit einem internationalen Airport" gelangen könne, warnte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Artikel für die US-Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" (NEJM 2014; online 20. August).

Das größte Problem bei der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs in den am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone lasse sich in einem Wort zusammenfassen: Armut.

In diesen Ländern kämen nur ein oder zwei Ärzte auf 100.000 Einwohner. Zudem seien die Gesundheitssysteme in jahrelangen Konflikten weitgehend zerstört worden.

"Die internationale Gemeinschaft muss sich darauf einstellen, dass noch viele weitere Monate lang massive, koordinierte und zielgerichtete Unterstützung nötig sein wird", so Chan.

Verwaiste Kinder, die niemand will

Derweil werden auch die humanitären Folgen der Ebola-Epidemie immer deutlicher. So würden etwa Verwandte jetzt Kinder, deren Eltern infolge einer Ebola-Infektion gestorben sind, aus Angst vor dem Virus nicht aufnehmen wollen, berichtet die dpa-Korrrespondentin Ulrike von Leszczynski aus Sierra Leone.

Dies sei selbst der Fall, wenn durch Bluttests sicher sei, dass die Kinder selbst nicht Ebola-Infiziert seien.

"Es gibt immer noch viel zu wenige Helfer und das System zur Gesundheitsüberwachung funktioniert überhaupt nicht", berichtet Anja Wolz, Krankenschwester und Notfall-Koordinatorin für "Ärzte ohne Grenzen" in der Stadt Kailahun.

Lebensmittel werden knapp

80 Betten hat die Gesundheitsstation von "Ärzte ohne Grenzen" in Kailahun. Für den gesamten Distrikt mit 470.000 Einwohnern gebe es gerade mal vier Ambulanzen, sagt Wolz.

Viel zu wenig, um ein Virus wie Ebola in den Griff zu bekommen. Dabei sei jetzt schon abzusehen, dass es auch noch zu einer Lebensmittelknappheit kommt.

26 Spezialisten habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den Osten von Sierra Leone schicken wollen, gekommen seien sechs, so Wolz. 16 medizinische Angestellte des staatlichen Gesundheitsdienstes habe Ebola in der Region getötet - ersetzt worden sei kein Einziger.

"Ärzte ohne Grenzen" komme an Grenzen, sagt Wolz.

"Wir planen schon für Weihnachten"

70 Prozent der Patienten im Behandlungszentrum Kailahun sterben. Oft, weil sie zu spät kommen. Dann haben sie oft schon Verwandte und Bekannte angesteckt.

Um Ebola einzudämmen, müssen alle Kontakte eines Kranken zurückverfolgt werden. Einmal hat Wolz ausgerechnet, dass im Distrikt Kailahun 1500 Menschen dringend ausfindig gemacht werden müssen.

Gesucht haben die Behörden nach 250. "Sie haben gesagt: Das passt schon." Anja Wolz sieht nicht, dass diese Epidemie schnell unter Kontrolle zu bringen ist. "Wir planen hier schon für Weihnachten."

Erkrankter US-Arzt angeblich geheilt

Der vor drei Wochen mit einem Spezialflugzeug aus Liberia in die USA ausgeflogene Arzt ist angeblich von Ebola geheilt. Der Amerikaner sollte noch am Donnerstag aus dem Krankenhaus entlassen werden, meldete CNN unter Berufung auf Quellen in der Klinik.

Das Krankenhaus wollte die Meldung offiziell nicht bestätigen und verwies auf eine Pressekonferenz am Donnerstagabend. Der 33-Jährige war mit dem experimentellen Mittel "ZMapp" behandelt worden.

Der Arzt Kent Brantly hatte in Liberia für eine christliche Hilfsorganisation Ebola-Patienten betreut. Dabei hatten er und die 59 Jahre alte Nonne Nancy Writebol sich mit der gefährlichen Krankheit infiziert.

Beide waren nacheinander mit einem Spezialflugzeug nach Atlanta gebracht worden. Zumindest Brantly hatte zudem noch Blut von einem Ebola-Patienten bekommen.

Der 14-Jährige hatte die Krankheit auch deshalb überlebt, weil Brantly ihn behandelt hatte. (dpa/mal)

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