Fünf Patienten in Klinik

Weitere Ebola-Verdachtsfälle in Spanien

Der Ebola-Fall in Spanien hat Europa alarmiert. Die Gesundheitsbehörden können weitere Infektionen nicht ausschließen - und es gibt auch schon mehrere Verdachtsfälle. Der Ebola-Patient in Dallas ist unterdessen gestorben. Die Bundeswehr plant, ihre Hilfsmission für Westafrika Mitte November zu starten.

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MADRID/BRÜSSEL. Eine spanische Pflegehelferin ist der erste Mensch, der sich innerhalb von Europa mit dem Ebola-Virus angesteckt hat. Jetzt geht die Angst um, dass weitere folgen könnten.

Spanien will die weitere Ausbreitung des lebensgefährlichen Virus unbedingt verhindern. Allerdings konnten die Gesundheitsbehörden am Dienstag weitere Infektionen nicht grundsätzlich ausschließen.

Zur Überraschung von Experten war am Vortag bestätigt worden, dass sich in einer modernen Isolierstation eine Pflegehelferin mit dem Virus infiziert hatte. Dort waren zwei aus Westafrika eingeflogene spanische Priester behandelt worden, die dem Virus inzwischen erlagen.

Mehr als 50 Menschen unter Beobachtung

Gesundheitsministerin Ana Mato setzte ein Krisentreffen mit den Direktoren der regionalen Gesundheitsämter an. Die Behörden erstellten Listen aller Personen, mit denen die Infizierte zuletzt Kontakt hatte.

Dazu gehören die rund 30 Mediziner und Pfleger, die mit ihr zusammengearbeitet hatten, sowie 22 Menschen aus ihrem privaten Umfeld und Mitarbeiter des Krankenhauses in der Madrider Vorstadt Alcorcón, in dem die Virus-Infektion festgestellt wurde. Sie wurden unter Beobachtung gestellt. Der Ehemann der Pflegehelferin kam in Quarantäne.

Am Dienstagabend sei eine weitere Pflegehelferin mit leichtem Fieber in der Madrider Klinik aufgenommen worden, berichten Medien. Außerdem gebe es noch weitere Verdachtsfälle: In der Klinik Carlos III lägen noch ein spanischer Ingenieur, der aus Nigeria gekommen sei und bei dem ein erster Test negativ ausgefallen sei sowie eine Krankenschwester der Intensivstation. Bei ihr seien zwei Tests jedoch negativ geblieben.

Die infizierte Pflegehelferin wurde in der Nacht zum Dienstag in die Quarantäne-Station der Fachklinik in Madrid verlegt. Sie hatte nach Angaben der Behörden bereits seit einer Woche leichtes Fieber. Die Ärzte hatten dem aber zunächst keine Bedeutung beigemessen. Der Zustand der Frau sei stabil, hieß es.

Gestorben ist indes der Ebola-Patient in Texas. Das bestätigte das Krankenhaus am Mittwoch. Der Patient hatte sich in Liberia mit Ebola infiziert, war aber erst in den USA daran erkrankt.

Bei dem Fall handelte es sich um die erste Ebola-Diagnose außerhalb Afrikas seit Beginn der aktuellen Epidemie. Andere Ebola-Patienten aus Westafrika waren eigens zur Behandlung in westliche Staaten geflogen worden.

Personal ist beunruhigt

In Deutschland wird die Entwicklung in Spanien mit großer Aufmerksamkeit beobachtet. Für die Frankfurter Uniklinik ist die Madrider Ebola-Infektion allerdings vorerst kein Anlass, die eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen.

Bisher habe man bei Überprüfungen kein Leck festgestellt, sagte Professor Hans-Reinhard Brodt, Leiter der Infektiologie.

In Frankfurt wird ebenfalls ein Ebola-Patient behandelt - ein Arzt aus Uganda, der sich in Sierra Leone mit dem Virus angesteckt hatte. Brodt sagte, noch fehlten Informationen darüber, wie es in Spanien zu der Ansteckung kommen konnte. "Wir wissen noch nicht, ob es ein Systemfehler war oder nicht." Der Fall beunruhige das Personal, fügte er hinzu.

Die Infektion der Krankenschwester in Spanien wird nach Überzeugung eines führenden Experten keine Epidemie zur Folge haben.

Ein solcher Fall sei erwartbar gewesen, sagte Peter Piot von der London School of Hygiene and Tropical Medicine in einer Telefonkonferenz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. "Die Behandlung von Ebola-Patienten ist riskant, und gerade medizinisches Personal kann sich leicht infizieren."

Droht eine Hungerkatastrophe?

Die Europäische Union (EU) richtet unterdessen eine Luftbrücke in die von der Ebola-Epidemie betroffenen Staaten in Westafrika ein. Mit rund einer Million Euro sollten Flüge nach Sierra Leone, Liberia und Guinea finanziert werden, kündigte die EU-Kommission am Dienstagabend in Brüssel an.

Die erste von drei Großraummaschinen vom Typ Boeing 747 werde am Freitag rund 100 Tonnen Hilfsgüter von Amsterdam in die sierra-leonische Hauptstadt Freetown bringen.

Mit weiteren drei Millionen Euro will die EU ein Evakuationssystem aufbauen, mit dem im Notfall infizierte internationale Hilfskräfte in weniger als 48 Stunden in europäische Krankenhäuser gebracht werden können.

Seit Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika hat die EU-Kommission nach eigenen Angaben bereits rund 180 Millionen Euro zur Unterstützung der betroffenen Staaten bereitgestellt.

Nach Berechnungen der Deutschen Welthungerhilfe könnte die Epidemie in den betroffenen Ländern Westafrikas langfristige Kosten in Höhe von bis zu 500 Millionen US-Dollar nach sich ziehen.

Gelingt es nicht, den Ebola-Ausbruch zu stoppen, sei mit Hungerkatastrophen zu Beginn des nächsten Jahres zu rechnen, sagte Wolfgang Jamann, Generalsekretär und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Welthungerhilfe, am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

In Sierra Leone und Liberia sei bereits heute ein Preisanstieg für Lebensmittel um 30 bis 40 Prozent zu verzeichnen. Die eingeschränkte Mobilität durch die Seuchenprävention bringe die Arbeit in der Landwirtschaft und den Handel mit Lebensmitteln nahezu zum Erliegen, Lebensmittelmärkte blieben ebenso geschlossen wie Schulen, was dazu führe, dass die sonst übliche Schulspeisung für Kinder entfalle, wird Jamann in einer Mitteilung zitiert.

Bundeswehr: Ebola-Hilfe soll Mitte November beginnen

Bei der Vorbereitung des Ebola-Einsatzes von Freiwilligen der Bundeswehr hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Vorwürfe zurückgewiesen, die Truppe könne im Notfall Infizierte nicht selbst ausfliegen.

"Spiegel Online" hatte aus einem Bericht des Staatssekretärs Markus Grübel für den Bundestag zitiert, wonach die Truppe nicht über eigene Transportmittel verfügt. Stattdessen werde man Infizierte "im Schwerpunkt direkt vor Ort" behandeln lassen, hieß es.

Gröhe betonte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, wer krank und transportfähig sei, werde auch zurückgeholt: "Diese Zusage gilt. Punkt."

Allerdings könne das Militär die Aufgabe derzeit nicht übernehmen. Keine Armee der Erde verfüge über die nötigen Kapazitäten für solche Fälle. Daher werde "ein privater amerikanischer Dienstleister" genutzt, der dies im Ernstfall übernehme.

Der Bundesgesundheitsminister berichtete, dass angesichts der vielen potenziellen Helfer entschieden wurde, eine eigene Rettungskette in deutscher Verantwortung aufzubauen. So werde eine Isolierzelle, die in einem Flugzeug transportiert werden könne, in gut einer Woche zur Verfügung stehen, noch bevor ein größerer Helfereinsatz anstehe.

Eine weitere Möglichkeit zur Intensivbehandlung während des Fluges werde in den nächsten acht bis zehn Wochen geschaffen. Manche Patienten seien allerdings gar nicht transportfähig.

Die Zusage zur Rückholung stehe daher nicht im Widerspruch dazu, Patienten gegebenenfalls auch vor Ort zu behandeln, so Gröhe.

Vorbereitungen für die Ausbildungskurse

Unterdessen laufen bei der Bundeswehr die Vorbereitungen für Ausbildungskurse, die freiwillige Helfer vor ihrem Einsatz im Ebola-Gebiet Westafrikas absolvieren sollen. Voraussichtlich in Hamburg sollen am 20. Oktober die Schulungen beginnen, berichtete Pressestabsoffizier Matthias Frank in Hamburg.

Etwa 3000 Soldaten und Zivilisten haben sich freiwillig für solche Hilfseinsätze gemeldet. Gesundheitsminister Gröhe zeigte sich "beeindruckt" von der Anzahl der Freiwilligen.

Die Auswahl der Kandidaten sei aber noch nicht abgeschlossen, hieß es von der Bundeswehr. Es sei auch noch offen, wann und wo genau die Einsätze erfolgen werden - genauso wie viele Freiwillige geschult werden.

Die Anzahl der Bundeswehr-Betten für die Patienten dort werde ausschlaggebend für die Zahl der Einsatzkräfte sein, so die Bundeswehr-Ärztin Dorothea Wiemer. Zunächst werde mit zwei Kursen pro Woche je 20 Teilnehmer gerechnet.

Die Fachärztin für Tropenmedizin und Infektiologie am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg überwacht zurzeit eine reguläre Weiterbildung von OP-Schwestern, Krankenpflegern und Sanitätskräften. Das Training wird für Menschen angeboten, die auch außerhalb der aktuellen Ebola-Epidemie in ihrer Arbeit mit hochinfektiösen Erregern in Berührung kommen können - in Deutschland sowie im Ausland.

Solch eine Schulung werden auch die freiwilligen Helfer erhalten, die sich zu einem Einsatz im Ebola-Gebiet Westafrikas gemeldet haben. Der "Barrier Nursing Course" gehört zum Ausbildungsspektrum des Fachbereichs. (eb/dpa)

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