Flieger isoliert

Ebola-Verdachtsfall am Madrider Flughafen

In Madrid landet ein Flieger aus Paris, in dem ein Afrikaner mit Fieber sitzt. Die Maschine wird sofort isoliert. Bundesgesundheitsminister Gröhe will mehr Ebola-Infizierte in Deutschland behandeln lassen - doch hierzulande wächst die Angst vor dem tödlichen Virus. Aufregung gibt es in den USA um eine Flugreise einer erkrankten Pflegerin.

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Mit Schutzanzügen betreten Menschen die isolierte Maschine auf dem Flughafen von Madrid.

Mit Schutzanzügen betreten Menschen die isolierte Maschine auf dem Flughafen von Madrid.

© Paco Campos / epa / dpa

DALLAS. Wegen Ebola-Verdachts ist eine Passagiermaschine auf dem Madrider Flughafen isoliert worden.

Ein aus Nigeria stammender Passagier an Bord der Maschine habe stark gezittert und Fieber gehabt, teilten die spanischen Behörden am Donnerstag mit. Die Besatzung des aus Paris kommenden Air-France-Flugzeugs habe die spanischen Gesundheitsbehörden informiert.

Auf dem Madrider Flughafen wurde daraufhin das für Fälle von Ebola-Verdacht vorgesehene Verfahren ausgelöst. Die Maschine vom Typ Airbus A321 mit 156 Passagieren an Bord wurde an eine abgelegene Stelle des Flughafengeländes dirigiert. Der Passagier sei an Bord des Flugzeugs untersucht worden, berichtete die Nachrichtenagentur Efe.

Die übrigen Fluggäste durften die Maschine verlassen. Allerdings konnten sie nach diesen Informationen ihr Gepäck zunächst nicht in Empfang nehmen, weil das Flugzeug vorher desinfiziert werden sollte.

Wie eine Air-France-Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa mitteilte, war der Nigerianer am Donnerstag aus Lagos kommend in Paris eingetroffen und dort in die Maschine nach Madrid umgestiegen. Er wurde nach Angaben der Behörden in die Carlos III-Klinik gebracht.

Doch wahrscheinlich hat der Mann kein Ebola. Wie am Freitag aus Regierungskreisen verlautete, ergab der erste Test einen negativen Befund. Eine zweite Analyse innerhalb von drei Tagen müsse dies noch bestätigen.

USA: Zweite Infizierte unternahm Inlandsflug

Unterdessen wächst in den USA die Kritik an den Vorbereitungen des Gesundheitssystems des Landes auf mögliche Ebola-Patienten. Hunderte Krankenschwestern und Pfleger hätten sich beschwert, dass ihre Krankenhäuser nicht ausreichend auf Ebola vorbereitet seien, teilte der Krankenpfleger-Verband National Nurses United (NNU) mit.

In den USA haben sich inzwischen zwei Krankenschwestern mit dem Ebola-Virus angesteckt. Beide hätten sich in einer Klinik in Dallas bei der Versorgung des mittlerweile verstorbenen Ebola-Patienten Thomas Eric Duncan infiziert, wie die Gesundheitsbehörde von Texas mitteilte. Die kranke Pflegerin sei inzwischen von Dallas in eine Spezialklinik nach Atlanta verlegt worden.

Der Fall sei sehr besorgniserregend, sagte der Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, Dr. Thomas Frieden. Die Behörde arbeite rund um die Uhr mit dem Krankenhaus in Dallas zusammen und informiere und schule erneut das Personal. Frieden hatte bereits zuvor gewarnt, dass der Infektion der ersten Krankenschwester weitere Fälle folgen könnten.

Nach CDC-Angaben hatte die zweite Patientin wenige Stunden vor den ersten Symptomen einen Inlandsflug von Ohio (Cleveland) nach Dallas unternommen. Mehrere US-Medien berichten hingegen, dass die Frau schon mit leichtem Fieber an Bord der Maschine gegangen sei.

Den Informationen zufolge hat sie vor Abflug die CDC über ihre erhöhte Temperatur von 37,5 Grad Celsius informiert. Da der Wert allerdings unter der Marke von 38 Grad gelegen und sie sonst keine Symptome gezeigt habe, habe die CDC ihr nicht von der Flugreise abgeraten, heißt es in übereinstimmenden Berichten.

Alle 132 Passagiere sollen nun vorsichtshalber ausfindig gemacht werden. Das Flugzeug selbst wurde den Berichten zufolge aus dem Verkehr gezogen und desinfiziert. Die CDC schätzt den Medienberichten zufolge die Gefahr gering ein, dass sich Mitreisende mit dem Ebola-Virus infiziert haben, da die Krankenschwester während des Fluges nicht geblutet oder sich übergeben habe.

Obama kündigt viel aggressiveres Vorgehen an

US-Präsident Barack Obama verschob eine am Mittwoch geplante Reise nach New Jersey und Connecticut wegen Beratungen über die Ebola-Krise. Er kündigte ein "viel aggressiveres" Vorgehen seiner Regierung bei neuen Ebola-Erkrankungen an. Ab sofort soll eine schnelle Eingreiftruppe der CDC dafür sorgen, dass auch schlecht vorbereitete Krankenhäuser bei neuen Ebola-Fällen richtig handeln.

In einer Video-Konferenz berieten Obama, der französische Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Premierminister David Cameron und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi über die Lage.

Sie sprachen sich gemeinsam dafür aus, die internationale Gemeinschaft bei der Unterstützung der betroffenen Länder zu mobilisieren. Dies solle in enger Abstimmung zwischen Vereinten Nationen, Europäischer Union (EU), Weltgesundheitsorganisation (WHO) und betroffenen Ländern erfolgen, teilte der Élyséepalast in Paris nach dem Schaltgespräch mit.

Gröhe: Deutschland bereit, mehr Ebola-Erkrankte zu behandeln

Deutschland ist bereit, mehr an Ebola infizierte Einsatzkräfte und medizinisches Personal aus den betroffenen westafrikanischen Staaten für eine Intensivbehandlung in bundesdeutschen Einrichtungen aufzunehmen. Dies sicherte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nach einem Treffen von 21 EU-Gesundheitsministern und einer hochrangigen Ebola-Expertengruppe am Donnerstag in Brüssel seinen Kollegen zu.

"Dies ist eine Frage europäischer Solidarität", sagte Gröhe vor der Presse. Er kündigte an, dass Deutschland zügig seine Sonderisolierungskapazitäten und Intensivbehandlungszentren aktivieren werde.

Die deutschen Kapazitäten lägen deutlich über denen der Partnerländer. Noch im November werde die Bundeswehr ein Flugzeug mit Isolierzellen für den Transport von Infizierten Hilfskräften aus den Krisenstaaten einsatzbereit machen.

Die EU-Gesundheitsminister haben sich darauf verständigt, die Ausbildung von medizinischem Hilfspersonal in den betroffenen afrikanischen Nachbarländern zu intensivieren. Die EU-Kommission werde überdies Workshops organisieren für die Ausbildung von Medizinern und Pflegepersonal für den Freiwilligen-Einsatz in den von Ebola betroffenen Ländern Westafrikas.

Es sei noch in Westafrika noch mit einem Anstieg der Infektionen in "horriblen Zahlen" zu rechnen, sagte der Bundesgesundheitsminister. "Das Risiko einer Ebola-Epedimie in Europa ist nahezu ausgeschlossen, aber eine angemessene Vorbereitung ist geboten", sagte Gröhe.

Ebola-Angst in Deutschland wächst

Viele Deutsche sind offenbar derzeit gegen eine Behandlung von Ebola-Patienten aus Westafrika in der Bundesrepublik. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gaben dies 51 Prozent der Befragten an, wie das Unternehmen mitteilte. 29 Prozent seien dafür und 20 Prozent unentschieden, so YouGov.

Die Deutschen sorgten sich zunehmend vor Ebola, obwohl Experten die Gefahr hier als äußerst gering einstufen, so der Angstforscher Professor Alfons Hamm vom Instituts für Psychologie der Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald: "Die mediale Präsenz von Ebola führt dazu, dass die Wahrnehmung dieser Risiken viel größer ist als die reale Gefahr."

Die Sorge vor Ebola werde zurückgehen, wenn die Zahl der Toten nicht mehr ansteige und der Eindruck entstehe, dass die Krankheit beherrschbar sei.

Die Bundeswehr hat indes 20 Transportisolatoren gekauft. Sie sollen medizinisches Personal schützen. Da Schutzkleidung das Wichtigste im Umgang mit Ebola-Patienten ist und vor allem das Ausziehen Übung erfordert, findet in Köln eine Unterweisung für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen statt.

Die wichtigste Schutzmaßnahme Europas gegen Ebola ist nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Hilfe für Westafrika.

Frankreich und Tschechien verstärken ihre Kontrollen an Flughäfen

Frankreich will ein Kontrollsystem für Flüge aus Ebola-Gebieten einrichten, kündigte Präsident Hollande an. Zudem werde es in Guinea ein zusätzliches Ebola-Zentrum errichten.

Tschechien führt Ebola-Kontrollen an seinen Flughäfen ein. Das teilte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats am Mittwoch in Prag mit. Alle Ankömmlinge müssen ab Montag einen Fragebogen ausfüllen.

Reisenden aus Westafrika soll die Temperatur gemessen werden., um Ebola-Verdachtsfälle schneller identifizieren zu können. Die Gefahr einer Verschleppung des Virus dürfe nicht unterschätzt werden, mahnte der Sozialdemokrat Sobotka. Direkte Flüge von Tschechien in die von dem tödlichen Virus betroffenen afrikanischen Länder gibt es derzeit nicht.

Die Maßnahme betrifft Passagiere, die zuvor an internationalen Drehkreuzen umgestiegen sind. In einem Prager Krankenhaus stehen zwei Betten auf einer Isolierstation bereit. In Tschechien gab es bisher drei Verdachtsfälle, die sich als falsch erwiesen haben.

Die Regierung beschloss zudem, ein Spezialkrankenhaus der tschechischen Armee im ostböhmischen Techonin in Betrieb zu nehmen. Es ist auf die Abwehr von biologischen Gefahren spezialisiert.

WHO: 9000 Infizierte und knapp 4500 Tote

Auch Tausende Menschen in Westafrika, die Ebola überlebt und jetzt gegen das Virus immun sind, sollen im Kampf gegen die Seuche helfen.

Entsprechende Pläne werden bei der ersten Konferenz von Ebola-Überlebenden erörtert, die an diesem Donnerstag und Freitag mit Unterstützung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) in Sierra Leone stattfindet.

Unicef geht davon aus, dass in den nächsten sechs Monaten bis zu 2500 Überlebende für Aufgaben zur Bekämpfung der Seuche ausgebildet werden könnten.

Nach WHO-Angaben sind fast 9000 Menschen an Ebola erkrankt. Die Zahl der Todesfälle ist auf 4493 gestiegen, die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen. Aufgetreten sei die Krankheit mit Stand vom 12. Oktober inzwischen in sieben Ländern - neben den am stärksten betroffenen Guinea, Liberia und Sierra Leone auch in Nigeria, Senegal, den USA und Spanien.

Besonders in Liberia sei die Situation akut. Dort gebe es ein Missverhältnis zwischen den relativ niedrigen Zahlen, die vom offiziellen Kliniküberwachungssystem gemeldet würden, und Berichten von Laboren und medizinischen Ersthelfern, die von einer großen Zahl von neuen Fällen sprächen.

Liberias Gesundheitshelfer im Ebola-Einsatz haben einen Streik für höhere Gefahrenzulagen beendet und seien wieder im Einsatz, teilte die Gewerkschaft der Gesundheitshelfer mit. (ths/ars/taf/dpa)

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