Ebola

Staaten rüsten im Kampf gegen Epidemie auf

Der EU-Kommissionspräsident warnt vor einer "humanitären Katastrophe" durch die Ebola-Epidemie. Deutschland will mehr helfen - doch bei der Aufnahme von Patienten aus Westafrika tun sich Grenzen auf.

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PARIS/MADRID. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Ebola-Ausbruch im Senegal offiziell für beendet erklärt. Allerdings sei weiterhin Wachsamkeit angebracht, hieß es in einer am Freitag in Genf veröffentlichten Mitteilung.

Das Land sei wegen seiner geografischen Lage verwundbar für weitere eingeschleppte Ebola-Fälle. Die einzige bislang bekannte Ebola-Erkrankung im Senegal war am 29. August diagnostiziert worden. Es handelte sich um einen jungen Mann, der aus dem Nachbarland Guinea in die Hauptstadt Dakar gereist war.

Er habe sich von der Krankheit erholt, sei bereits am 5. September negativ auf das Virus getestet worden und am 18. September nach Guinea zurückgekehrt. Ein Ebola-Ausbruch gilt nach den Richtlinien der WHO als beendet, wenn 42 Tage lang kein Fall aufgetreten ist.

42 Tage entsprechen der doppelten maximalen Inkubationszeit, also dem Zeitraum zwischen der Ansteckung und dem Auftreten von Symptomen. In Nigeria, wo es 20 Fälle und acht Tote gegeben hat, läuft diese 42-Tages-Frist am Montag aus.

Gipfeltreffen: Aufruf zu internationaler Kooperation

Die Teilnehmer des Europa-Asien-Gipfels in Mailand haben zu mehr internationaler Kooperation im Kampf gegen die Ebola-Epidemie aufgerufen. In der Abschlusserklärung zum Spitzentreffen wird die Ausbreitung des Virus als "ernsthafte Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit auf der ganzen Welt" bezeichnet.

Es müsse eine umfassende und koordinierte Strategie gegen die Krankheit geben, heißt es in dem Dokument. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte bei dem Spitzentreffen, die Epidemie könne zu einer "schwerwiegenden humanitären Katastrophe" werden.

Das Virus sei «nicht nur ein Problem einiger westafrikanischer Staaten». An dem Gipfel nahmen bis Freitag rund 50 hochrangige Politiker aus Europa und Asien teil.

Karibikstaaten verhängen Einreiseverbote

Mehrere Karibikstaaten wollen sich mit einem Einreiseverbot gegen Reisende aus Westafrika vor möglichen Ebola-Infektionen schützen. Jamaika verhängte die Sperre ab sofort für Menschen, die sich in den letzten 28 Tagen in Sierra Leone, Guinea und Liberia aufgehalten haben, wie aus einer Mitteilung des Ministeriums für Nationale Sicherheit am Freitag hervorging.

Die drei Länder sind die am schlimmsten von der Epidemie betroffenen Staaten. Nach Medienangaben haben sechs Länder des karibischen Staatenbundes Caricom ähnliche Maßnahmen ergriffen.

Laut der Zeitung "Guardian" aus Port-of-Spain wollen Trinidad und Tobago zudem Reisenden aus Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo die Einreise verwehren.

Die anderen vier Staaten, die ein Verbot verhängt haben, sind Guyana, St. Kitts und Nevis, St. Lucia und St. Vincent und die Grenadinen.

Bundestag will Ebola-Hilfe ausweiten

Der Bundestag dringt auf weitere Hilfen für die von der Ebola-Epidemie betroffenen Staaten Westafrikas. Das Parlament forderte die Bundesregierung am Freitag auf, Aufklärungs- und Hygienekampagnen in Afrika zu fördern.

Außerdem soll geprüft werden, ob Deutschland die klinische Prüfung eines Impfstoffes gegen Ebola fördern und weitere Flugkapazitäten für den Transport von Geräten, Medikamenten und medizinischem Personal zur Verfügung stellen kann.

Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktion angenommen. Die Opposition stimmte dagegen. Die Linke erklärte, der finanzielle Beitrag Deutschlands zur Bewältigung der Krise sei zu gering.

Die Grünen kritisierten, die Lage in Liberia und Sierra Leone sei zu dramatisch, um jetzt noch "Prüfanträge" zu stellen. Der Grünen-Abgeordnete Uwe Kekeritz sagte: "Die Bundesregierung ist nicht willens und vielleicht auch nicht fähig, entschlossen zu handeln."

Der SPD-Abgeordnete und Mediziner Karl Lauterbach erklärte, bis auf die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hätten alle diese Ebola-Epidemie unterschätzt. Er räumte ein: "Wir haben zu spät reagiert."

Dies sei aber nicht aus Gleichgültigkeit geschehen, sondern weil man sich getäuscht habe.

Nur begrenzt Betten für Ebola-Patienten einsetzbar

Nur zehn der insgesamt etwa 50 Betten für Ebola-Patienten in speziellen deutschen Behandlungszentren sind einem Würzburger Experten zufolge gleichzeitig einsetzbar.

Es könne derzeit maximal ein Fünftel der Patienten zur selben Zeit behandelt werden, sagte Tropenmediziner August Stich am Freitag.

 "Und das ist schon mit maximaler Anstrengung." Es sei aus personellen Gründen nicht möglich, dass "alle sieben Behandlungszentren auf Volldampf laufen und voll belegt sind", sagte der Sprecher des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren.

Stich ist Chefarzt an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg. Auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am Freitag über seine Einschätzung zur Aufnahme von Ebola-Patienten.

Das MDR-Magazin "exakt" hatte zuvor eine Umfrage bei den sieben Behandlungszentren vorgenommen. Demnach könnte nur etwa die Hälfte der Spezial-Betten mit Ebola-Patienten belegt werden.

Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums betonte, die Bundesländer hätten dem Ministerium 47 Spezial-Betten gemeldet. "Das ist die Zahl der insgesamt verfügbaren Betten, die im Bedarfsfall sehr schnell einsatzfähig sind", fügte sie hinzu.

Die Sprecherin betonte: "Wir sind im internationalen Vergleich sehr, sehr gut aufgestellt." Diese Woche war in Leipzig ein Ebola-Patient gestorben, der zuletzt in Liberia gearbeitet hatte.

Für die Behandlung von Ebola-Infizierten gibt es außer der Krankenhaus-Isolierstation in Leipzig auch noch Spezial-Betten in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt am Main, München, Hamburg und Stuttgart.

Verdachtsfall in Madrid

Ebola-Alarm in Madrid: Ein spanischer Geistlicher, der in Liberia gearbeitet und mit Ebola-Patienten zu tun hatte, sei mit Symptomen, die auf eine Ebola-Infektion hindeuten, in ein Krankenhaus gebracht worden.

Das berichtet "Spiegel online" unter Berufung auf die Zeitung "El Mundo".

Der Geistliche soll in denselben religiösen Orden gearbeitet haben, wie der mittlerweile verstorbene spanische Priester, der nach seiner Infektion nach Spanien zurückgeholt worden war.

Eine kleine Entwarnung gibt es hingegen im Falle des nigerianischen Flugpassagiers, der mit Fieber am Donnerstag an Bord eines Air-France-Fliegers saß und einen Ebola-Alarm am Madrider Flughafen ausgelöst hatte.

Ein erster Test soll negativ ausgefallen sein, berichtet dpa und verweist auf Informationen aus Regierungskreisen.

Auch ein Verdachtsfall in Frankreich erhärtete sich nach Informationen von "Stern.de" offenbar nicht. Der Spiegel hatte am Donnerstagabend unter Berufung auf die französische Zeitung "Le Parisien" berichtet, dass eine Krankenschwester mit Fieber in ein Krankenhaus in Saint-Maindé bei Paris gebracht worden sei.

Sie soll Kontakt mit einer an Ebola-erkrankten Mitarbeiterin der "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) gehabt haben.

Großbritannien kontrolliert an Flughäfen stärker

Großbritannien will die Ebola-Kontrollen an seinen Flughäfen ausweiten. Neben Heathrow und Gatwick sollen auch in Manchester und Birmingham Reisende auf Symptome gecheckt und befragt werden.

Gleichzeitig forderte Premierminister David Cameron andere europäische Länder auf, ebenfalls Ebola-Screenings an ihren Flughäfen einzuführen. Die Ausbreitung des tödlichen Virus sei "das größte Gesundheitsproblem der Welt in einer Generation", sagte Cameron.

Auch Belgien zieht die Kontrollen an. Am Brüsseler Flughafen plant, künftig Gepäckkontrollen durchzuführen. Grund sei eine wachsende Furcht des Personals vor Ebola, teilte der Flughafen am Freitag mit.

Eine Spezialfirma soll künftig Gepäck aus Sierra Leone, Guinea und Libera auf austretende Flüssigkeiten untersuchen. Koffer und Taschen, aus denen Flüssigkeit austritt, sollen zerstört werden. Eine Flughafensprecherin erklärte auf Anfrage, Hintergrund seien Befürchtungen des Personals, Passagiere könnten möglicherweise infiziertes Fleisch aus den betroffenen Ländern einführen.

Frankreich hatte am Donnerstag angekündigt, vom Wochenende an alle Passagiere von Flügen aus den von dem tödlichen Virus betroffenen Gebieten in Westafrika zu kontrollieren.

Der Sinn solcher Screenings ist umstritten, unter anderem weil der Zeitraum zwischen einer Infektion und dem Auftreten von Ebola-Symptomen bis zu drei Wochen betragen kann.

Mehr als 500 US-Soldaten in Westafrika

Im Kampf gegen Ebola haben die USA bisher 540 Soldaten nach Westafrika entsandt. 2Jede Woche kommen mehr dazu", sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Donnerstag (Ortszeit) in Washington.

 Insgesamt sollen mindestens 4000 US-Militärs in der Region zum Einsatz kommen. Die US-Seuchenbehörde CDC hat bisher mehr als 100 zivile Ärzte und Sanitäter nach Westafrika entsandt.

Der Militäreinsatz, den US-Präsident Barack Obama am 16. September angeordnet hatte, konzentriert sich auf logistische Unterstützung, Schulung von einheimischem medizinischen Personal, den schnellen Bau von medizinischen Einrichtungen und die Hilfe bei der Koordinierung des Kampfes gegen Ebola.

"Kein einziger Militärangehöriger wird dort direkt Patienten behandeln", sagte Kirby. Angehörige des Medizinischen Forschungszentrums der Marine betreiben drei mobile Labors, die binnen 24 Stunden Ebola-Test-Ergebnisse liefern können.

Sie haben schon mehr als 1200 Proben untersucht. "Wir haben eine Luftbrücke im Senegal zur logistischen Unterstützung eingerichtet", sagte Kirby weiter.

In Liberia hat das US-Militär ein 25-Betten-Krankenhaus aufgebaut, das nächste Woche voll funktionsfähig sein soll. Weitere Einheiten sind in Bau.

Obama ernennt Ebola-Beauftragten

US-Präsident Barack Obama hat sich gegen Einreiseverbote wegen der Ebola-Epidemie ausgesprochen. Zwar habe er keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen eine solcher Maßnahme, die bisherigen Tests an US-Flughäfen bei Reisenden aus den Ebola-Regionen in Westafrika seien aber effektiver.

Einreiseverbote würden dagegen eher von Reisenden durch falsche Angaben unterlaufen, sagte Obama am Donnerstagabend (Ortszeit) nach einem Treffen mit Gesundheitsexperten im Weißen Haus.

Nach Angaben der "New York Times" einen Ebola-Beauftragten für den Kampf gegen die Seuche ernannt. Es handele sich um Ron Klain, den ehemaligen Stabschef von Vize-Präsident Joe Biden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen im Weißen Haus. Klain solle die Arbeit der Regierung und Gesundheitsbehörden koordinieren.

Nachdem sich zwei Krankenschwestern bei der Behandlung eines inzwischen gestorbenen Ebola-Patienten in Dallas (Texas) infiziert hatten, war scharfe Kritik am Krisenmanagement laut geworden. Eine der Krankenschwestern wurde am Abend in ein Spezialkrankenhaus in der Nähe Washingtons geflogen.

Ostafrikanische Staaten schicken 600 Helfer

Auch in Afrika wächst die Unterstützung für den Kampf gegen die verheerende Ebola-Epidemie im Westen des Kontinents. Mehr als 600 Pflegekräfte, Ärzte und andere Helfer aus den Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) werden zum Einsatz in die Krisenregion entsandt.

Das teilten die fünf EAC-Mitglieder Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda und Burundi am Freitag nach Beratungen ihrer Gesundheitsminister in Arusha mit. Die sich immer noch rasch ausbreitende Seuche in den am schwersten betroffenen Ländern Liberia, Sierra Leone und Guinea werde mit großer Sorge verfolgt, heißt es in einer Resolution der Minister.

Die Epidemie könne auch negative Folgen für die sozialökonomische Entwicklung und die Sicherheit der Bevölkerung im Tausende Kilometer entfernten Ostafrika haben.

Zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat an alle Staaten appelliert, den Kampf zur Eindämmung von Ebola erheblich stärker als bisher zu unterstützen. Kenia wird laut EAC insgesamt 15 Ärzte nach Westafrika schicken, Uganda 14, Ruanda 7 und Tansania 5.

Hinzu kommen 578 andere Helfer verschiedener Berufsgruppen, darunter allein 250 aus Burundi und 300 aus Kenia.

Britisches Krankenhaus-Schiff auf dem Weg in Krisenregion

Ein Schiff mit hundert Krankenhausbetten und medizinischer Ausstattung ist von Großbritannien aus zu den Ebola-Regionen in Westafrika aufgebrochen. An Bord des Schiffes der britischen Marine, das am Freitag von Cornwall ablegte, waren 750 Helfer.

Sie sollen bis November in Sierra Leone ankommen und die Menschen dort im Kampf gegen das tödliche Virus unterstützen. Die schwimmende Klinik selbst soll allerdings nicht zur Behandlung von Ebola-Patienten genutzt werden, sondern für den Fall bereitstehen, dass britische Helfer in den von dem tödlichen Virus betroffenen Gebieten krank oder verletzt werden.

Strenge Regeln sollen dafür sorgen, dass das Schiff Ebola-frei bleibt. Wenn britische Mitarbeiter für Hilfseinsätze an Land gehen, müssen sie sich nach ihrer Rückkehr an Bord gründlich durchchecken lassen.

Zeigen die Mitarbeiter Symptome von Ebola, werden sie in eine britische Klinik nach Kerry Town geflogen. (ths/mmi/dpa)

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