Hintergrund

WHO-Versammlung: Hohe Erwartungen an den Reformkurs

Die WHO hat in der jüngsten Ebola-Krise in Westafrika Schlagseite bekommen. Die seit Montag tagende Weltgesundheitsversammlung – das höchste Entscheidungsgremium der WHO – soll der Zukunftsfähigkeit der Organisation weiter den Weg ebnen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
In Genf sollen die Weichen gestellt werden, damit die WHO bei künftigen regionalen Gesundheitskrisen nicht zum Papiertiger verkümmert, sondern Schlagkraft beweist.

In Genf sollen die Weichen gestellt werden, damit die WHO bei künftigen regionalen Gesundheitskrisen nicht zum Papiertiger verkümmert, sondern Schlagkraft beweist.

© babimu / Fotolia

Mit ihrem schleppenden Krisenmanagement im Zuge des Ebola-Ausbruchs von 2013 in Westafrika hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der breiten Öffentlichkeit einen schweren Kratzer am Image zugezogen. Auf der am Montag in Genf gestarteten 70. Weltgesundheitsversammlung (WHA) sollen nun die Weichen dafür gestellt werden, dass die WHO bei künftigen regionalen Gesundheitskrisen nicht zum Papiertiger verkümmert, sondern Schlagkraft beweist. Die scheidende WHO-Generaldirektorin Margaret Chan hatte im vergangenen Jahr auf der 69. WHA bereits erste Reformschritte angestoßen.

"Die Weltgesundheitsorganisation hat eine Schlüsselrolle im Kampf gegen globale Gesundheitsgefahren. Deshalb brauchen wir eine starke und schlagkräftige WHO, die bei internationalen Gesundheitskrisen schnell Fachleute zum Ausbruchsgeschehen schicken und Hilfe international abstimmen kann. Dafür sind ausreichend Personal und finanzielle Mittel aus dem neu eingerichteten Notfallfonds notwendig", konstatierte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, der am Montag an der WHA teilnahm.

Gröhe kündigt Unterstützung für Chans Nachfolger an

"Wir werden die WHO unter der neuen Führung weiter als Wächter über die globale Gesundheit unterstützen", kündigte Gröhe mit Blick auf die am Dienstag anstehende Wahl des neuen Generaldirektors an, der zum 1. Juli sein Amt aufnehmen und die Führung der insgesamt 7000 WHO-Mitarbeitern in rund 150 Ländern übernehmen soll. Zur Wahl stehen der äthiopische Ex-Gesundheitsminister Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus (52), der britische Arzt und UN-Berater Dr. David Nabarro (67) sowie die pakistanische Kardiologin Dr. Sania Nishtar (54).

Ein weiteres großes Thema der WHA ist die Verabschiedung des Haushalts für die Jahre 2018 und 2019. Insgesamt sind laut Entwurf Ausgaben in Höhe von weniger als 4,5 Milliarden US-Dollar projektiert – im Vergleich zu den für 2015 allein in Deutschland angefallenen Gesundheitsausgaben in Höhe von 344,2 Milliarden Euro eine verschwindend geringe Summe. Vor allem im Hinblick darauf, dass sich die 1948 gegründete WHO qua Verfassung das Ziel gesetzt hat, allen Menschen Zugang zur bestmöglichen Gesundheitsversorgung zu verschaffen – verankert in der 1998 auf der WHA verabschiedeten Strategie "Gesundheit für alle im 21. Jahrhundert", die auf der "Alma-Ata-Deklaration" von 1978 fußt.

Hoffnung auf Programm für gesundheitliche Notlagen

Auf der letztjährigen WHA billigten die Delegierten das neue Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen, das eine Reaktion auf das Versagen während der Ebola-Krise darstellt. Als Ziel verfolgt die WHO, im Rahmen der Notfallbewältigung neue Verfahren für die Risikoabschätzung, die Einstufung von Notlagen und das Ereignismanagement zum Einsatz kommen zu lassen. Der Haushaltsentwurf für 2018 und 2019 sieht dafür Ausgaben in Höhe von 554,2 Milliarden US-Dollar vor.

Wie Chan in ihrer Eröffnungsrede zur 69. WHA im vergangenen Jahr explizit mit Blick auf die Versorgungsversäumnisse im Zuge der Ebola-Krise hervorhob, bremsten das Fehlen jedweder Basisinfrastruktur und von Kapazitäten für die Überwachung, die Diagnostik, die Infektionskontrolle und die klinische Versorgung die WHO-Experten in ihrem Pandemiemanagement aus. Die Delegierten stimmten dann für WHO-Maßnahmen zum forcierten Datenaustausch zur Diagnostik sowie Prävention und Therapie.

Die WHO arbeitet auch noch an anderen Großbaustellen. So hinkt zum Beispiel die Weltgemeinschaft fünf Jahre nach der Verabschiedung des Global Vaccine Action Plan (GVAP) durch 194 Gesundheitsminister auf der 65. WHA bei dem Ziel der Eliminierung von Masern, Röteln sowie maternalem und neonatalem Tetanus bis 2020 hinterher. Weltweit waren 2015 nach WHO-Schätzungen rund 19,4 Millionen Kinder nicht oder nicht ausreichend geimpft – zum Beispiel gegen Diphtherie, Tetanus oder Pertussis. Zu den Schwerpunkten in Richtung Impfen soll auch die Unterstützung von Forschung und Entwicklung von Vakzinen gehören, die vor allem in günstige Vakzine für Entwicklungsländer münden soll.

Auch die Prävention hat sich die WHO auf die Fahne geschrieben und zum Beispiel zum 31. Mai 1987 erstmalig den Weltnichtrauchertag ausgerufen.

Ebenfalls ein Betätigungsfeld der WHO sind klinische Studien. Hier fordert sie von Unternehmen weltweit mehr Transparenz und öffentliche Dokumentation.

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