Leitlinien zur Therapie bei Virushepatitiden überarbeitet

Die seit 1997 gültigen Leitlinien zur Therapie bei Virushepatitiden wurden in diesem Jahr aktualisiert und in der Zeitschrift für Gastroenterologie (42, 2004, 677-733) veröffentlicht. Sie geben Empfehlungen unter anderem zur Diagnostik und Therapie bei Hepatitis B - einschließlich Immunprophylaxe - und bei Hepatitis C, unterteilt in Standardtherapie und dem Vorgehen in Problemsituationen.

Veröffentlicht:

Beate Grübler

Bei Erwachsenen heilt eine akute Hepatitis B meist spontan, und es muß außer bei schwersten Verläufen nicht antiviral behandelt werden. Anders verhält es sich mit einer chronischen, HbeAg-positiven Hepatitis mit hoher entzündlicher und replikativer Aktivität.

Diese Patienten sollten laut Empfehlung bei starker Transaminasenerhöhung mit Interferon-alfa behandelt werden. "Pegylierte Interferone dürften vermutlich ähnlich wie bei der Hepatitis C auch bei Hepatitis B gut wirksam sein, sollten aber nur im Rahmen von Studien eingesetzt werden", kommentierte Professor Fritz von Weizsäcker aus Freiburg.

Bei Non-Respondern auf Interferon-alfa wird auf Nukleosid-Analoga gewechselt, wobei zunächst Lamivudin gewählt wird. "Die primäre Kombination mit Interferon-alfa wird nicht empfohlen", so von Weizsäcker. Bei Lamivudin-Resistenz steht Adefovir zur Verfügung. Bei mäßig erhöhten Transaminasen kann für die Erstbehandlung zwischen Interferon und Nukleosid-Analogon gewählt werden.

Bei chronischer Hepatitis B und normalen oder nur gering erhöhten Transaminasen ist aufgrund der insgesamt guten Prognose nur dann eine Therapie nötig, wenn die Leberbiopsie auf eine beginnende Fibrose schließen läßt. Dann aber sollte, wie bei den anderen Patienten auch, mindestens bis sechs Monate nach Serokonversion behandelt werden.

Problematisch ist die Behandlung unter anderem bei Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Diese Patienten sollten vor Therapiebeginn entweder abstinent oder stabil auf Methadon eingestellt sein, so von Weizsäcker. Dann wird mit Lamivudin begonnen, weil Interferon psychiatrische Nebenwirkungen haben kann.

Therapie bei Hepatitis C wird kombiniert

Patienten mit akuter Hepatitis C (HCV)-Infektion sollten unbedingt in Studien therapiert werden. Es wird üblicherweise mit konventionellem Interferon-alfa für 24 Wochen behandelt.

Und bei chronischer Hepatitis C? Durch eine chronische Infektion über Jahrzehnte entwickelt sich bei bis zu einem Drittel der Patienten eine Leberzirrhose mit hohem Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC). Daher sollten alle HCV-RNA-positiven Patienten mit relevanter biochemischer und histologischer Entzündungsaktivität und beginnender Fibrosierung behandelt werden.

"Im Gegensatz zur Hepatitis B müssen vor Therapiebeginn die Transaminasen nicht unbedingt erhöht sein", erläuterte Privatdozent Dr. Thomas Berg vom Campus Virchow Klinikum in Berlin. Bei dauerhaft normalen Transaminasen, wie sie etwa jeder vierte chronisch mit HCV infizierte Patient aufweise, verlaufe die Krankheit aber meist mild und eine Therapie sei dann nicht nötig.

Zur HCV-Standardtherapie bei nicht vorbehandelten Patienten wird pegyliertes Interferon-alfa in Kombination mit Ribavirin empfohlen. In Studien haben pegylierte Interferone im Vergleich zu Standard-Interferonen besonders bei den schwer zu behandelnden Patienten mit Genotyp-HCV-1-Infektion besser abgeschnitten. Diese Patienten sollten doppelt solange wie die übrigen, nämlich 48 Wochen lang, behandelt werden.

Weil es bei der Hepatitis C nicht ohne Interferon geht, ist bei Alkoholismus und Konsum harter Drogen keine antivirale Therapie möglich. Nach einer Karenz von sechs Monaten könne aber in Abhängigkeit von der Compliance eine Kombinationstherapie eingeleitet werden, so der Hepatologe.

Berg wies auch auf ein weiteres Problem hin: "Dialysepflichtige Patienten sind zu vier Prozent mit HCV infiziert und müssen behandelt werden". Ribavirin darf bei nierenkranken Patienten mit Serumkreatininwerten über 2 mg / dl jedoch nicht eingesetzt werden. Es bleibt deshalb nur die Interferon-Monotherapie, die auch recht gut wirkt, so Berg. Sie muß allerdings vor einer Nierentransplantation abgesetzt werden und sollte deswegen schon bei präterminaler Niereninsuffizienz beginnen.

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