Schlaganfall und Herzinfarkt

Zoster schlägt auf die Gefäße

Herpes zoster schädigt nicht nur Haut und Nerven. Nach der Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus kommt es auch vermehrt zu vaskulären Komplikationen. Ärzte sollten vor allem ihre jüngeren Patienten im Blick haben.

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Initialer Zoster: Junge Patienten haben offenbar ein erhöhtes vaskuläres Risiko.

Initialer Zoster: Junge Patienten haben offenbar ein erhöhtes vaskuläres Risiko.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

LONDON. Herpes zoster schädigt nicht nur Haut und Nerven. Nach der Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) kommt es auch vermehrt zu vaskulären Komplikationen. Das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt steigt vor allem bei jungen Patienten.

Bei Patienten mit einem Zoster könnte es sich lohnen, nach klassischen vaskulären Risikofaktoren zu fahnden. Darauf weisen Ärzte um Dr. Judith Breuer vom University College of London hin.

Sie haben anhand einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie festgestellt, dass der Zoster selbst einen unabhängigen Risikofaktor für Schlaganfall, TIA und Herzinfarkt darstellen kann (Neurology 2014; 82: 1-7).

Die Studie beruht auf Daten eines britischen Hausarztpraxen-Registers. 106.601 "Fälle" wurden mit doppelt so vielen Kontrollpatienten der jeweils selben Praxis mit gleichem Alter und Geschlecht verglichen. Bei Ausbruch des Zosters waren die Patienten im Mittel 59 Jahre alt. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Median sechs und längstens 24 Jahre.

Schlaganfälle ereigneten sich bei den Zosterpatienten häufiger als bei den Vergleichspatienten. Trotzdem war ihr Risiko insgesamt nicht erhöht, da sie auch mehr klassische Insult-Risikofaktoren aufwiesen.

Ein um 74 Prozent erhöhtes Risiko fand sich jedoch bei denjenigen Patienten, deren Zoster schon im Alter zwischen 18 und 40 Jahren aufgetreten war.

Bei Patienten unter 40 war das Risiko besonders deutlich gesteigert

Bei allen Patienten führte der Zoster zu einem Anstieg des Risikos für transitorische ischämische Attacken (TIA) und Herzinfarkte, nach Berücksichtigung von Störfaktoren um 15 bzw. 10 Prozent.

Wie schon beim Schlaganfall fiel die Risikosteigerung bei den bis zu 40-Jährigen noch deutlicher aus: Die TIA-Rate war 2,4-fach, die Herzinfarktrate 1,5-fach erhöht.

"Die Studie überführt Herpes zoster als unabhängigen Risikofaktor für TIA und Myokardinfarkt bei allen Erwachsenen und für Schlaganfall bei Erwachsenen bis 40 Jahre", konstatieren Breuer und Kollegen.

Ihre Daten werden gestützt durch zwei Kohortenstudien aus Taiwan und Dänemark, die ebenfalls einen Anstieg von TIA und Schlaganfällen nach einem Zoster festgestellt hatten.

Die Ursachen für die Erhöhung des vaskulären Risikos sind weitgehend unklar. Lediglich beim Zoster ophthalmicus weiß man, dass sich die reaktivierten VZ-Viren über Afferenzen des Trigeminusnervs in zerebrale Arterien ausbreiten können.

Das erklärt aber nicht, warum auch bei anderem Befallsmustern mehr Schlaganfälle auftreten und warum Herzinfarkte zunehmen. Bei vaskulären Komplikationen in zeitlicher Nähe zum Zosterausbruch vermuten Breuer und Kollegen entzündliche Prozesse als Trigger.

In der Studie war das Gefäßrisiko aber auch noch Monate und Jahre später erhöht. Dabei könnte eine schon früher beschriebene asymptomatische Reaktivierung von VZV aus Hirnnerven mit nachfolgender Zirkulation im Blut eine Rolle spielen, so die Spekulation der Studienautoren.

Aufgrund ihrer Erkenntnisse empfehlen Breuer et al., Erwachsene mit ungünstigem vaskulären Profil gegen Herpes zoster zu impfen. Außerdem sollten insbesondere jüngere Patienten mit einem Zoster auf Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen untersucht werden. (bs)

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