Unterschätztes Risiko

Multiresistente Keime aus Patientenhand

Handhygiene ist nicht nur bei Ärzten und Pflegepersonal wichtig, um die Verbreitung von Bakterien mit Mehrfachresistenzen einzudämmen. Auch viele Patienten sind Keimträger.

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ANN ARBOR. Eine umfassende Handhygiene sollte auch für Patienten gelten. Das wird in stationären Einrichtungen möglicherweise noch zu wenig beachtet!

Auf diesen Missstand weist eine Untersuchung an US-amerikanischen Reha-Einrichtungen hin. Ärzte der University of Michigan Medical School in Ann Arbor haben festgestellt, dass jeder vierte Patient bei der Aufnahme multiresistente Erreger (MRE) auf den Händen trug. Während des Aufenthalts war sogar jeder Dritte mit den Problemkeimen kolonisiert (JAMA Intern Med 2016; online 14. März 2016).

Abstrich an Tag 1 und Tag 14

Die Ärzte um Jie Cao hatten in sechs Reha-Kliniken bei 357 konsekutiven Patienten im mittleren Alter von 75 Jahren jeweils die dominante Hand mikrobiologisch untersucht.

Zu diesem Zweck hatten sie an Tag 1 und Tag 14 der stationären Reha-Maßnahme und danach jeden Monat einen Abstrich von Handfläche, Fingern und Nagelumgebung genommen und auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und (gegen Ceftazidim, Ciprofloxacin oder Imipenem) resistente gramnegative Bakterien (RGNB) getestet.

Bei der Aufnahme in die RehaKlinik waren die Hände von 86 Patienten (24,1 Prozent) mit resistenten Erregern besiedelt. VRE, MRSA und RGNB wurden bei 13,7 Prozent, 10,9 Prozent und 2,8 Prozent nachgewiesen. Bei den nachfolgenden Untersuchungen (maximal 8, im Mittel 2,3) erhöhte sich der Anteil der mit resistenten Keimen kolonisierten Patienten sogar auf 34,2 Prozent.

Eine Neubesiedelung mit VRE, MRSA und RGNB wurde bei 7,1 Prozent, 6,3 Prozent und 3,1 Prozent festgestellt. 67,2 Prozent der Patienten, bei denen während des Reha-Aufenthalts MRE entdeckt worden waren, waren auch bei der Entlassung noch MRE-Träger.

Größere Mobilität erhöht Risiko

Die Studienautoren aus Ann Arbor schließen aus ihren Beobachtungen, dass handhygienische Maßnahmen von Patienten eine wichtige und bislang zu wenig genutzte Strategie seien, um die Belastung durch MRE in Kliniken zu reduzieren.

Das gelte vermutlich besonders für Post-Akut-Einrichtungen wie Reha-Kliniken oder Pflegeheime, wo durch die größere Mobilität der Patienten ein erhöhtes Risiko bestehe, dass ihre Hände mit Türen und anderen Oberflächen sowie den Händen von Medizinpersonal und auch von anderen Patienten in Kontakt kommen. (bs)

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